18. Juli 2020
Zehn Tage laufe ich mit meiner Freundin Vera die Rota Vicentina an der Atlantikküste Portugals. Den Fishermen’s Trail von Porto Covo bis Odeceixe und dann noch ein Stück die historische Route bis Arrifana und zurück nach Aljezur. Alles, was wir brauchen, tragen wir auf unserem Rücken und schlafen an einsamen Stränden, in Dünen und auf Hügeln.
Morgens der erste Blick aus dem Zelt auf das Meer. Der erste Gang zum Strand, die Luft noch frisch und niemand da außer ein paar Möwen. Dann Morgenroutine, Zähne putzen, Zelt einpacken, Füße verarzten, einen schönen Platz zum Frühstücken suchen. Und dann loslaufen, weiter Richtung Süden, an neuen Klippen entlang ins Unbekannte, laufen den ganzen Tag und Pausen je nach Belieben. Meistens kommen wir gegen Nachmittag an einer kleinen Stadt vorbei, in der wir unseren Wasser- und Essensvorrat auffüllen. Dann sind die Rücksäcke wieder schwer und es läuft sich langsamer, aber trotzdem ist nichts besser als ein schönes Abendessen beim Sonnenuntergang am Strand. Und nichts nervenaufreibender als ein zu knapper Wasservorrat und keine Stadt in Sicht.
Unsere Route
Insgesamt laufen wir von Porto Covo bis Arrifana und dann zurück nach Aljezur, weil wir von dort den Bus zurück nach Lissabon nehmen. Streckentechnisch hätten wir wohl weiter kommen können, aber auf dem Weg gibt es zu viele schöne einsame Strände, die zum Verweilen einladen und an denen wir nicht einfach vorbeirauschen können. Außerdem lernen wir am zweiten Tag drei nette Menschen aus Portugal kennen (Catarina, Daniel und Vítor), die auch den Fishermen’s Trail laufen. Die nächsten drei Tage gehen wir zusammen inklusive langer Pausen am Strand und schöner Spieleabende unter den Sternen. Wir sind froh, die drei kennengelernt zu haben und auch wenn wir uns manchmal trennen, weil jeder ab und zu seinen eigenen Routen und Rhythmus folgt, treffen wir uns immer wieder.
Samstagmorgens hatten wir uns eigentlich schon von allen verabschiedet und den Weg zu zweit fortgesetzt – die letzte Etappe des Fishermen‘s Trail nach Odeceixe. Um nach Odeceixe zu kommen, muss man einen Fluss überqueren und die Brücke über diesen Fluss liegt ein quälend langes Stück im Landesinneren. Gefühlte Stunden sehen wir die Brücke in der Ferne, die nicht näher kommen will, nach jeder Kurve folgt ein neuer Hügel und wir überlegen schon zu trampen. Irgendwann kommen wir doch an in Odeceixe, dem Beginn der Algarve, und gönnen wir uns erstmal eine Pizza. Vor uns liegt jedoch dasselbe Stück an der Straße entlang bis zur Küste zurück, jetzt auf der anderen Seite des Flusses. Diesmal wollen wir wirklich versuchen zu trampen, aber kaum machen wir uns auf Richtung Straße, fahren unsere neuen Freunde im Auto an uns vorbei. Es ist einer dieser Momente, in denen man den Zufall lieben lernt. Wir können gar nicht schnell genug ins Auto klettern und fahren zusammen an die Küste und lassen den Abend glücklich mit einem leckeren Stück Kuchen ausklingen. Dann folgt ein wirklich letzter Abschied und wir schlagen unser Zelt am nächsten Strand auf, neben dem Zelt von Diogo, der am nächsten Tag mit seinem Fahrrad weiterzieht.
Highlights der Route
- erster und wunderschönster Streckenabschnitt von Porto Covo bis Vila Nova de Milfontes – durch weite Strecken in den Dünen, viele spektakuläre Aussichten und einsame Strandbuchten
- Storche bauen Nester immer auf den spektakulärsten Klippen
- surreale Felsformationen die am Strand wie Grabsteine senkrecht aus dem Boden schießen
- schlafen im Steinkreis in einer wunderschönen Strandbucht, die wir uns nur mit drei Storchenfamilien teilen
- beste Pizza in Vila Nova de Milfontes
- mystischer Nebelabend am Strand nahe Odeceixe
- abenteuerliche Autofahrt durchs Gebüsch (als Daniel versuchte, sein Auto möglichst nahe am Strand zu parken)
- gemeinsames Malen mit Acrylfarben am Strand und anschließendem Lagerfeuer
- erfrischender Wasserfall am Praia da Amália
Wir können uns mal wieder nicht entscheiden. Weiterlaufen oder Zelt aufschlagen? Der Platz zwischen den Dünen ist einfach zu verlockend als nicht dort zu bleiben. Wir lassen uns in die Dünen fallen und essen erstmal. Dann bauen wir langsam das Zelt auf, alles wird entsandet und dann ist das Zelt doch wieder voller Sand – ich muss wohl lernen, mich mit dem Sand anzufreunden. Dann sitzen wir noch in den Dünen, es wird langsam dunkler, hören Musik und reden, bis wir müde sind.
Juliane
3. Dezember 2021
Hallo Sophie, eigentlich ist Wildzelten doch verboten, hat das bei euch niemand beanstandet?
LG, Juliane
Sophie
3. Dezember 2021
Hi Juliane, das stimmt! Bei uns wurde das tatsächlich nie beanstandet, wir waren aber auch vorsichtig. Also haben das Zelt meist erst im Dunkeln aufgebaut und frühmorgens dann wieder abgebaut und uns meist einsame, versteckte Plätze ausgesucht. Sodass wir eigentlich fast nie von jemandem gesehen wurden. Auf der Route ist das ganz gut möglich, vor allem an einsamen Strandbuchten. Und natürlich sollte man darauf achten, die Plätze so zu hinterlassen, wie man sie vorfindet. LG, Sophie:)