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24. März: Ein Blick in die Vergangenheit oder Zukunft?

Ein neuer rechtspopulistischer Präsident, die Erinnerung an eine brutale Vergangenheit und überfüllte Straßen. Das Studentenleben in der pulsierenden Metropole Buenos Aires ist für mich auch ein Ort, an dem die Geschichte Argentiniens lebendig wird.

Seit Dezember ist in Argentinien Javier Milei im Amt und die Meinungen über die neue Richtung, die der „anarchokapitalistische“ Staatspräsident einschlägt, spaltet die Gesellschaft. Das Land steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise. Er verspricht, die bereits bei 250 Prozent angekommene Inflation zu stoppen und den entwerteten Peso durch den Dollar zu ersetzen. Laut einiger meiner argentinischen Freunde ist auch genau das der Grund, warum vor allem die Jugendlichen den ultrakonservativen Präsidenten gewählt haben. Seine Werte und Einstellungen, vor allem gegenüber dem Staat und der Zentralbank, vertreten jedoch viele nicht. Doch das ist eigentlich gar nicht der Grund, wieso am 24. März die Straßen um den Plaza de Mayo überfüllt waren.

Vor 48 Jahren

Am 24. März 1976 begann nach dem Putsch des Militärs eine 7-jährige Diktatur in Argentinien, die laut Menschenrechtsorganisationen 30.000 Entführte, Gefolterte und Ermordete zur Folge hatte. Durch meinen kulturellen Schwerpunkt auf Lateinamerika in meinem Studium, habe ich bereits einige theoretische Einblicke in die Geschichte Argentiniens erhalten und kenne somit auch die Menschenrechtsbewegung ‚Las Madres de Plaza de Mayo‘, die sich damals während der Diktatur bildete und noch heute für die Aufklärung der Verbrechen und eine Erinnerungskultur in dem Land einsetzt. Was ich jedoch nicht wusste, war, wie viele Menschen am Jahrestag des Militärputsches auf die Straßen von Buenos Aires gehen würden. Meine Freunde und ich hatten gehofft, die Frauen der Menschenrechtsorganisation auf dem Plaza de Mayo bei ihren Reden und ihrem Ritual, den Obelisken mit den Bildern der Verschwundenen zu umrunden, beobachten zu können. Das ist jedoch nicht ganz, was wir an diesem Tag im Zentrum der Stadt erlebt haben.

Gefangen auf dem Plaza de Mayo

Im Internet war der Tag mit einem Programm beschrieben, das um 12 Uhr auf dem Plaza de Mayo beginnt. Da wir es nicht so früh geschafft haben, wollten wir um 14 Uhr pünktlich zur Verlesung von offiziellen Dokumenten über die Zeit des Staatsterrors während der Militärdiktatur da sein, die von den Madres de la Plaza de Mayo verlesen wurden. Da die Metro total voll war, sind wir nicht bis zur Endstation gefahren, sondern an der U-Bahnstation am Obelisken ausgestiegen. Dass dort und alle Straßen bis hin zum Plaza de Mayo für Autos gesperrt sind, habe ich nicht erwartet. Überall waren Menschen mit argentinischen Flaggen und Plakaten. „Nunca Más“ (nie wieder) stand auf vielen T-Shirts, auf den Boden gesprüht und auf Schildern, die die Argentinier*innen mit sich trugen. Es symbolisiert die Forderung, die Verbrechen der Diktatur aufzuklären und daran zu erinnern, dass so etwas nie wieder geschieht.

Wir sind dann erst mal Richtung Obelisk gelaufen, weil wir von dort Lärm hörten und auf dem Platz noch gar nicht so viel los war. Überall wurde Fleisch an offenen Grills verkauft, und aus einer Straße hinter dem Obelisken kam eine Menschenmenge auf uns zu, die Schilder, Plakate und Parolen rief und sich in Richtung Plaza de Mayo bewegte. Das Feuerwerk, das plötzlich losging, hat uns richtig erschreckt. Auf dem Platz des Obelisken war eine Gruppe mit großen Plakaten mit Texten gegen Milei. Wir konnten die Situation überhaupt nicht einschätzen und sind deshalb dann gemeinsam mit einer immer größer werdenden Menschenmasse weg davon und Richtung Plaza de Mayo gelaufen.

Menschenmenge mit großem roten Plakat und Mensch drauf
Protest gegen Milei (Präsident von Argentinien) am Obelisken während dem Día de la Memoria (Volkstrauertag).

Um uns nicht in das Geschehen einzumischen, haben wir versucht, uns immer am Rand auf dem Gehweg aufzuhalten, um nicht zwischen die Demonstrierenden zu geraten. Es war ein beeindruckendes und überwältigendes Szenario – mit Gruppen die aus allen Straßenseiten auf den Plaza de Mayo und mit verschiedenen Forderungen und Sprüchen auf ihren Plakaten drängten. Eine Parole, die ganz oft um uns herum gesungen wurde, war „La patria no se vende“. Es wurde auch aufgerufen zu springen, wer gegen Milei ist und über den Platz hat der Spruch „Milei, Tortura, Afuera Dictadura“ (Milei, Folter, Diktatur raus) gehallt. Nach kurzer Zeit waren dann so viele Menschen um uns herum, dass wir erst mal gar nicht die Möglichkeit hatten rauszukommen. Immer mehr Menschen haben auf den Platz gedrängt, während die Madres de la Plaza de Mayo offizielle Dokumente verlesen haben und Reden hielten. Wir haben weder etwas gesehen, noch richtig verstanden.

Tipp für Proteste und Demonstrationen

Versucht euch aus Demonstrationen so weit wie möglich rauszuhalten, da es oft sehr schwer ist einzuschätzen, wie gefährlich die Situation ist oder werden kann. Obwohl wir uns vorher informiert haben, wurden wir an dem Tag von der Menschenmasse und dem Protest überrascht und sind dadurch mitten in das Getümmel geraten. Wir dachten tatsächlich, es würde ein ruhigerer Tag der Erinnerung ausgehend von den Madres de la Plaza de Mayo.

¿Keine Metro in der Metropole?

Schlussendlich kamen wir im Sog der Masse gegen 16:30 auf die einzige Straße hinaus, die nicht von Menschen überflutet war, während der Día de la Memoria noch bis in den Abend hinein dauerte. Wir waren dann aber von der Situation überfordert und wollten zurück in die Wohnung fahren. Das hat sich als nicht ganz so einfach herausgestellt, da im Umkreis von drei Kilometern alle Metro-Stationen abgesperrt waren, weshalb wir dann zu Fuß zurück sind. Auf dem Weg haben wir dann auch zum ersten mal Polizeiwagen gesehen. Die geringe Präsenz während des Ereignisses hat uns sehr gewundert.

Geschichte und Aktualität

Obwohl es an dem Tag also ursprünglich um die Erinnerung an die Opfer und Verbrechen ging, war die aktuelle politische Situation deutlich zu spüren. Staatspräsident Milei war ein sichtbares Thema während des gesamten Geschehens, das wir miterlebt haben. Videos und weitere Bilder sind auch auf meinem Instagramkanal verfügbar und illustrieren unser Erlebnis über die Vergangenheit und Zukunft am 24. März 2024.

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