19. November 2016
Klischees, Stereotype, Vorurteile – jeder kennt sie, viele hassen sie, in der Uni bekommt man beigebracht, sie zu dekonstruieren. Über China gibt es unglaublich viele solcher Klischees: Die essen doch nur Reis, außerdem essen sie Hunde und Katzen und es herrscht immer noch die 1-Kind-Politik! Wenn man dann im fernen Land angekommen ist, fällt einem auf, dass die meisten dieser Klischees überhaupt nicht zutreffen, manche aber schon ein Fünkchen Wahrheit in sich tragen. Deswegen in diesem Beitrag meine Erfahrungen mit den „ein bisschen wahren Klischees“.
1. Chinesen können immer und überall schlafen
Es gibt nichts, worum ich die Chinesen mehr beneide, als ihre Fähigkeit an Ort und Stelle innerhalb von Sekunden einzuschlafen. Diese Fähigkeit ist aber auch darauf zurückzuführen, dass sie sehr fleißig sind und lange arbeiten, sodass die sogenannten „Power-Naps“ dringend nötig sind. Ganz egal, ob die vorgeschriebene Pause im Lehrerzimmer, wo gerne Liegen aufgebaut werden, oder im Schuhgeschäft auf Schuhkartons: Schlafen ist überall möglich!
2. Die chinesische Hockstellung
So ungemütlich wie manche Schlafplätze auch aussehen, fast noch faszinierender finde ich die chinesische Hockstellung. Ob jung oder alt, statt des normalen Sitzens wird gerne mal die Hockstellung vorgezogen, die wahrscheinlich alle durch die traditionellen chinesischen Toiletten perfekt beherrschen. Gibt es dann doch mal westliche Toiletten, habe ich auf dem Toilettensitz schon Fußspuren entdeckt. So sehr lieben die Chinesen diese für mich ziemlich unbequeme Stellung also…
3. Die Umweltverschmutzung in China steigt ins Unermessliche
Das größte Problem ist erst einmal der Smog, China ist eines der Länder mit der höchsten Luftschadstoffkonzentrationen der Erde. Hauptverursacher des Smogs in China ist die hohe Industrieproduktion, aber auch die fortschreitende Urbanisierung. Dieser Tatsachen war ich mir vorher bewusst, weshalb ich mich für eine kleinere Stadt im Landesinneren entschieden habe. Aber ich hätte nie erwartet, dass die Luftqualitätswerte in Zuzhou in den letzten Wochen immer schlechter sein würden als in Großstädten wie Shanghai. Der Smog ist längst kein lokales Problem mehr, sondern kann durch schlechte Wetter- und Windbedingungen auch abgelegene Regionen Chinas und sogar andere Länder wie Japan, Südkorea oder Amerika betreffen. Hinzu kommt die schiere Masse an Menschen selbst, die Autos fahren, heizen und insgesamt wenig umweltbewusst agieren. Die Umweltverschmutzung in China ist somit nicht nur ein Problem der Regierung, sondern fängt bei jedem einzelnen Chinesen an. An Straßenkreuzungen wird Müll einfach aus dem Auto geworfen, Autos auf der Straße gewaschen und in die Natur geworfen oder einfach verbrannt. Unglaubliche 1,6 Millionen Menschen sollen laut Wissenschaftlern aus Berkeley jedes Jahr in China aufgrund von Luftverschmutzung sterben.
4. Frage nie nur einen Chinesen nach dem Weg
Goldene Regel in China: Zur Sicherheit immer mehrere Chinesen nach dem Weg fragen. Aus Angst vor einem Gesichtsverlust wird dir ein Chinese nämlich lieber eine falsche Antwort geben, anstatt zuzugeben, dass er dir nicht helfen kann. So ist es mir schon ein paar Mal passiert, dass ich in die komplett falsche Richtung geschickt wurde.
5. Ausländer werden in China wie Könige behandelt
Als Ausländer bekommt man in der Tat in China eine Sonderbehandlung. Die meisten Chinesen freuen sich über Ausländer, möchten Fotos mit dir machen, oder geben dir beim täglichen Obsteinkauf einen Rabatt. Auch als ausländische (wohlgemerkt oft nicht ausgebildete) Lehrkraft verdient man um einiges mehr als die lokalen (ausgebildeten) Lehrkräfte. Meiner Betreuerin Hui gegenüber habe ich versucht, darüber meinen Unmut zu äußern, aber sie findet es tatsächlich gerechtfertigt, angesichts der Tatsache, dass die Schüler im Unterricht einer ausländischen Lehrkraft viel motivierter sind und durch den direkten Kontakt zu Muttersprachlern mehr lernen. Wirklich fair und gut finde ich es trotzdem nicht, dass man nur weil man ein „English Native Speaker“ ist, die Ausbildung von Kindern ohne Pädagogik- und Lehrkenntnisse überlassen bekommt.
Nichtsdestotrotz freue ich mich über jeden Chinesen, der sich traut, mich anzusprechen und habe die ganzen Fotosessions mittlerweile in eine kleine Fotoreihe umgewandelt. Jedes Mal, wenn ich nach einem Foto gefragt werde, müssen die Fragenden nun auch für ein Foto für mich herhalten :-).
Ulrike
12. Dezember 2018
Die sog. 1-Kind-Politik ist schon lange nicht mehr aktuell.
Hocktoiletten sind auf der Welt weiter verbreitet als unsere Sitzklos. Man sieht sie im Orient und Asien fast überall, nicht nur in China. Ich persönlich finde sie sehr viel hygienischer.
LG
Ulrike
Helene
21. August 2018
Diese 1 Kind Politik machen sie doch nur, damit nicht passiert , dass die Eltern richtig arm sind und trotzdem 10 Kinder bekommen. Die Kinder müssten dann doch sowiso nur leiden. Ausserdem finde ich es generell nicht so schlimm.
Brian
3. Februar 2018
In den Bilden anstatt der Chinesen halten Sie eigentlich die Selfie Stange und machen Sie Fotos, wenn ich richtig gesehen habe.
Fang Zhou
3. Januar 2018
Als eine Chinesin muss ich sagen,einige Tatsache im deinen Beitrag wurden einbisschen übertrieben.In meiner Heimat gibt es auch blauen Himmel,frische Luft,nur selten Smog,es hängt tätsächlich von Region ab,und der Einfluss dieses Smogs verbreitet nicht in Japan,Südkorea sogar Amerika.Dazu tragen die Regierung in diesen Jahren viel dabei,um das bewusst Handeln der Menschen zu treiben.Sonderbetreuung für ausländliche Personen betrachte ich mich als die Freundlichkeit und Resepkt für ihre Heimatland.Wenn du mehr Zeit in China bleibst,kennst du dieses Land vielleicht auch tiefer:)