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Was wirklich in Italien passiert ist


Genau vor einem Jahr bin ich mit zwei Freundinnen im Gepäck nach Trento aufgebrochen, um hier den zweiten Teil meines Doppelmasters zu absolvieren. Vor ein paar Wochen bin ich nochmals  gestartet, um in Italien meine Masterarbeit zu verteidigen und somit meinen Master in Soziologie abzuschließen. Jetzt blicke ich zurück – auf die guten, aber auch auf die nicht so guten Momente.

Bevor ich nach Italien gezogen bin, habe ich mir Einiges vorgenommen. Da es bereits mein zweiter Auslandsaufenthalt im Studium ist, hatte ich konkrete Vorstellungen davon, wie es dieses Mal ablaufen soll. Folgende Dinge standen auf meiner Liste:

  1. Den Master abschließen (natürlich)
  2. „Basics“ auf Italienisch
  3. Viel in der Region Trentino herumreisen
  4. Anschluss finden
  5. Viel Zeit vor Ort verbringen

Letztendlich kam es aber doch immer anders als man denkt. Was stattdessen alles passiert ist – ein Auszug:

  1. Italienische Bürokratie er- und überlebt,
  2. Organisationswahnsinn beider Universitäten überstanden (und zwischenzeitliche Zweifel über den Haufen geworfen),
  3. und auf einer Demo gegen Rechtspopulisten gewesen.
  4. Italienisch gelernt und dabei:
  5. Yoga Kurse auf italienisch besucht,
  6. einen italienischen Film im Kino gesehen,
  7. Interviews auf Italienisch geführt,
  8. zum Italienisch sprechenden Arzt gegangen,
  9. Nachbarinnen und Nachbarn kennengelernt,
  10. mich mit einer italienischen Großmutter angefreundet,
  11. und italienische Gerichte von Italiener*innen gelernt.
  12. Ich habe alle Berge um Trento herum bestiegen,
  13. eine Saison lang Snowboarding auf dem Hausberg,
  14. bin doch mehr in Italien herumgereist als erwartet,
  15. habe mehr als acht Seen in der Region besucht,
  16. ein Start-up gegründet,
  17. einen Garten angelegt,
  18. Kanu und Kajak gefahren,
  19. 150 Seiten Masterarbeit auf Englisch in vier Monaten geschrieben.
  20. Ich habe viele neue Freunde in der neuen Heimat gefunden,
  21. noch viel mehr neue Kontakte in alle Welt geknüpft,
  22. alte Freundschaften erhalten,
  23. die italienische Kultur und ihre Eigenheiten kennengelernt,
  24. den Doppelmaster geschafft und bin
  25. in Italien angekommen.

Die Schattenseite des Doppelmasters: Zwei Universitäten und doppelter Organisationswahnsinn

Insgesamt würde ich sagen, habe ich es einiges geschafft was ich mir vorgenommen habe, trotzdem ist alles irgendwie doch anders gekommen als ich es erwartet hätte. Während meine größten Ängste waren, dass ich keine akademischen Arbeiten auf Englisch verfassen könnte und meine Kommilitonen sich untereinander bereits kennen und ich mich deshalb vielleicht schwierig integrieren könnte, war am Ende das geringste Problem. Ich wurde überaus herzlich aufgenommen und keiner hier erwartet ein einwandfreies Englisch – außerdem gab es so viele Seminararbeiten zu schreiben, dass sich das als hervorragende Vorbereitung für die Masterarbeit herausgestellt hat.

Tatsächlich waren die eigentlichen Hürden eher bürokratische: als erste Masterstudierende in diesem Doppelmasterprogramm der Uni Trento und Uni Bamberg waren leider noch viele organisatorische Dinge unklar, falsch kommuniziert oder schlichtweg noch nicht etabliert. Es war nicht sicher, ob mir Kurse angerechnet werden oder nicht, obwohl eigentlich schon alle Seminare feststanden, bevor ich ins Ausland gegangen bin. Wegen der nicht existierenden Absprache zwischen den Unis kam es zuletzt sogar so weit, dass die Zeugnis-Ausstellung einer Uni fast nicht geklappt hätte (momentan habe ich zumindest eine vage Zusage, dass ich es ausgestellt bekomme, in Händen gehalten habe ich es noch nicht). Gefühlt habe ich die Hälfte meines Aufenthaltes deshalb damit verbracht, Organisatorisches abzuklären oder jemanden direkt zu erreichen, was vor allem deshalb schwierig war, weil es nicht wirklich Zuständige gab, bzw. diese ständig gewechselt haben.

Natürlich wächst man einerseits zwar an solchen Aufgaben, gleichzeitig wünsche ich allen zukünftigen Studierenden, dass sich das Programm besser einpendelt und sie sich voll und ganz auf ihr Studium und die schönen Erlebnisse konzentrieren können. Ein Doppelmaster ist grundsätzlich eine tolle Idee, die Verantwortlichen sollten sich ihrer Arbeit jedoch vor Einführung eines solchen Programmes bewusst sein und ihre Aufgaben gewissenhaft erledigen. Hier haben nach unseren Erfahrungen leider beide Seiten auf voller Linie versagt. Ich kann zwar die Uni Trento an sich empfehlen, für den Doppelmaster Bamberg-Trento kann ich mich jedoch leider vorerst nicht aussprechen.

Traut euch trotzdem!

Insgesamt ist ein Auslandsaufenthalt trotz aller Hürden natürlich ein wahnsinnig tolles Erlebnis, ganz besonders Soziolog*innen sollten einmal über den Tellerrand hinausblicken und in neue Gesellschaften eintauchen. Gerade Englisch wird in der Forschung immer wichtiger und als Studierender sind Fehler noch erlaubt, während fehlerfreies Englisch in vielen Jobs dann einfach vorausgesetzt wird. So einfach wie jetzt ist es vermutlich nie wieder, spontan für ein Jahr ein neues Land zu erforschen. Traut euch!

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