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Fünf Dinge, die im Studienalltag in Finnland anders sind


Der finnische und deutsche Studienalltag unterscheiden sich mehr, als man vielleicht denkt. Nach der Lektüre dieses Artikels, seid ihr vielleicht etwas weniger verwirrt als ich am Anfang. Ich kann aber nichts versprechen. Ich glaube ich brauche selbst noch mindestens bis Ende des Semesters, um meine Grundverwirrung gänzlich abzulegen. Aber lasst uns einfach mal ganz strukturiert vorgehen:

1. Der Stundenplan

Ich kann mir Stundenpläne unglaublich schlecht merken. So schlecht, dass ich am Anfang des Semesters immer meinen Stundenplan als Sperrbildschirmfoto auf dem Handy hatte. Hier ist das alles kein Problem mehr, denn der Stundenplan weist ohnehin so wenig Regelmäßigkeiten auf, dass es sich absolut nicht lohnt, ihn sich zu merken. Ein Kurs kann zum Beispiel von 5.9. bis 15.10. dauern und in diesem Zeitraum immer mittwochs und freitags stattfinden. Könnte aber auch jede Woche zu einem anderen Zeitpunkt sein oder zwischendrin mal eine Woche pausieren. Manche Vorlesungen gehen auch bloß eine Woche lang, dafür aber dreimal fünf Stunden. Dieses System hat zwar den Vorteil, dass man immer wieder freie Perioden hat, die man nutzen kann, um Hausarbeiten zu schreiben oder auch mal zu verreisen. Andererseits hat bei mir dazu geführt, dass alle Pflichtkurse, bis auf einen, erst ab Ende Oktober anfangen. Vieles häuft sich also und es kommt zu Überschneidungen. An manchen Kursen kann ich zwar dank Onlinematerialen individuell und ohne Anwesenheit teilnehmen, andere Kurse erfordern jedoch meine Anwesenheit, sodass ich dann eben Prioritäten setzen muss, wenn zwei Kurse zur haargenau gleichen Zeit stattfinden. Das ist ärgerlich, weil ich im Allgemeinen Zeit und Energie für beide Kurse hätte. Aber es geht halt nicht.

2. Das Semester

Um das System etwas besser zu verstehen, hilft es zu wissen, dass das Studienjahr in fünf Perioden unterteilt ist. Jedes Semester besteht aus zwei Perioden und die fünfte Periode sind die Sommerferien. Die Idee ist, dass manche Kurse in der ersten Periode beginnen und andere in der zweiten. Dadurch hätte man theoretisch eine ausgeglichenere Studienorganisation und müsste nicht alle Prüfungen zur gleichen Zeit schreiben. Tja und dann fängt ein Kurs am Anfang der ersten Periode an, einer in der Mitte der ersten und fünf in der zweiten. Und dann ist gar nichts mehr ausgeglichen. Mal sehen wie ich dann mit meinen Prüfungen zurechtkomme. Stichwort Prüfungen …

3. Die Prüfungen

Auf diesem Gebiet ist vieles anders. Aus Deutschland war ich vor allem Multiple- oder Single-Choice-Klausuren gewohnt und im fortgeschrittenen Studium Hausarbeiten mit einem Umfang von etwa 10-20 Seiten. Später auch Projekte mit Dokumentation und Präsentation. Die Hausarbeit, also eine kleine wissenschaftliche Arbeit, die aufgebaut ist wie eine große, ist mir bisher in Finnland nicht untergekommen. Die häufigste Form der Prüfung scheint das Learning Diary zu sein, wobei man auf etwa 15 Seiten seinen Lernprozess über den Verlauf des Kurses hinweg festhält. Dabei soll man auch sein bisheriges Wissen und natürlich einige Quellen miteinbeziehen. Der Aufbau ist aber nicht mit einer klassischen Hausarbeit zu vergleichen. Das Lerntagebuch enthält nämlich auch subjektive Ausführungen. Es ist eher eine sehr ausführliche Mitschrift mit persönlicher Reflexion. Für mich fühlt es sich jedenfalls noch sehr falsch an, in einer Uniarbeit in der ersten Person zu schreiben. Mal sehen, was mir besser liegt.

4. C.t, s.t., ja, nein, was?

Ok, wir haben jetzt unseren Stundenplan so einigermaßen verstanden, oder auch nicht. Auf alle Fälle machen wir uns auf den Weg in die Uni. Eine Frage, die sich mir sofort aufdrängte: C.t.? S.t.? Gibt es das sogenannte „akademische Viertel“ auch in Finnland? Eine kurze Recherche im Freundeskreis ergab: Normalerweise beginnt die Vorlesung immer zu der Zeit, die im Stundenplan steht. Also wenn im Plan steht, dass es um 10 losgeht, geht es um 10 los. Manche Lehrer legen als Anfangszeit 10:15 Uhr fest, dann geht es auch dann los. Nun saß ich in meiner ersten Stunde, die um 10 beginnen sollte, doch die Dozentin begann ihren Vortrag um 15 nach. Manchmal wird auch einfach gewartet, bis alle da sind, dann kann es schonmal eine halbe Stunde später werden. Wann die Stunde endet, ist sowieso absolut willkürlich. Bisher haben die wenigsten Kurse zur angegebenen Zeit geendet. Zum Glück wird aber immer zu früh aufgehört und nicht überzogen.

5. Klopfen, Klatschen, Schweigen?

In den letzten drei Jahren Studium in Deutschland habe ich folgenden Automatismus entwickelt: Am Ende eines Seminars oder einer Vorlesung bewegt sich meine Hand, zur Faust geballt, Richtung Tischplatte – und klopft. Ich und andere deutsche Studentinnen ernteten mit dieser Taktik allerdings nur verwirrte Blicke. Ab und zu hat man es mal mit Klatschen versucht. Mittlerweile schauen wir nur den Lehrer nochmal verwirrt an, nach dem Motto: Jetzt ist es wirklich vorbei, oder wie? Schließlich enden die Stunden ja auch immer zu anderen Zeiten. Ja und dann geht man. Das fühlt sich immer so seltsam offen an. Also tut mir den Gefallen und klopft kurz auf den Tisch, ja? Danke, dann bis zum nächsten Beitrag!

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