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Ein kleines ABC der schwedischen Studentenkultur


Studierende, die in Zauberer-Kostümen mit ernster Miene durch die Stadt laufen oder die mal im Frack, mal in griechischer Toga zu edlen Dinnern gehen, wo sie mit ihren Servietten wedeln während sie das Eisbären-Lied singen… Das alles gehört zum Studentenleben in Lund!

In Schweden sind noch heute zahlreiche alte Traditionen fester Teil des studentischen Alltags. Um allen Interessierten einen kleinen Vorgeschmack zu geben und bei allen anderen das Interesse zu wecken gibt es hier ein kleines ABC von Lunds Studentenkultur.

N wie Nationen

Die Nationen sind die vielleicht wichtigsten Organisationen der Studentenschaft. Sie werden komplett von Studierenden geführt und organisieren alles, was man so benötigt: von eigenen günstigen Wohnheimen, Mensen, Pubs, Clubs (wenn gerade keine Pandemie ist) bis hin zu Sportmannschaften, Events und Veranstaltungen. Egal, ob man nur von den Vorteilen profitieren oder sich aktiv engagieren möchte. Die Mitgliedschaft in einer Nation lohnt sich allemal (und ist bei der Mitgliedschaft im Studierendenwerk „Studentlund“ inklusive)!

N wie Nollning

Das Wort Einführungswochen reicht kaum aus um die sogenannte Nollning zu beschreiben. Denn die ist viel mehr als das: ein durchgeplantes, vierwöchiges Programm mit verschiedenen Aktivitäten. Zu Beginn wird man einer Mentorengruppe zugeteilt mit der man diese Zeit verbringt. Und dann ist fast jeden Tag etwas anderes los: von Sittnings (siehe unten), über Stadtwanderungen, einem Rennen mit einer selbstgebauten Seifenkiste, einer Crayfish-Party (was das ist lest ihr hier), Campustouren, Toga-Parties, Strandausflügen, Schnipseljagden bis hin zu Turnieren aller Art. Also haltet euch die ersten Wochen an der LTH besser frei!

Man sieht eine Gruppe Studenten in den traditionellen schwedischen Studentenoveralls die eine Seifenkiste schieben. Das Rennen findet in einem Park statt. Im Seifenkisten rennen traten die verschiedenen Studiengänge gegeneinander an. Im Hintergrund sieht man zahlreiche Zuschauer jubeln.
In der Nollning bauten wir unter anderem eine Seifenkiste, um in einem Rennen gegen die Studierenden der anderen Studiengänge anzutreten.

O wie Ouvve

Der Ouvve ist ein bunter Studentenoverall, den alle Studierende der technischen Fakultät LTH zu Beginn der Nollning erhalten und auf zahlreichen Feiern und Veranstaltungen tragen. Aber natürlich gibt’s den nicht einfach so, sondern in einer feierlichen Zeremonie von den Phos, den Organisatoren der Einführungswochen. Jeder Studiengang trägt seine eigene Farbe: ich als Student der Wirtschaftsingenieurwissenscahften habe einen weinroten, dann gibt es weiß für Elektrotechnik, pink für Informatik, rot für Maschinenbau und so weiter. Die Farben sind von Uni zu Uni unterschiedlich. Der Overall darf jedoch niemals gewaschen werden! Die einzige Ausnahme ist, wenn er beim Baden im Teich auf dem Campus getragen wird.

P wie Patches

Um den Overall individuell zu gestalten, kann man verschiedene Patches sammeln. Diese erhält man zum Beispiel für die Teilnahme an verschiedenen Events, um sie dann auf die Hosenbeine des Overalls zu kleben.

Man sieht zwei schwedische Studentenouveralls.
So sieht ein mit Patches beklebter Studentenouverall aus. Die Farbe zeigt den Studiengang, die Patches die Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungen an. Außerdem können Stücke des Beins mit anderen Studierenden getauscht werden.

S wie Sektionen

Die Sektionen sind die studentischen Vertretungen des Studiengangs und sind am ehesten vergleichbar mit den Fachschaften an deutschen Unis. Sie organisieren nicht nur die Einführungswochen, sondern auch verschiedene Veranstaltungen unter dem Semester wie Sittnings oder Sport-events. Außerdem betreiben viele von ihnen eigene Pubs und Cafés und haben Komitees die beispielsweise Kontakt zu Firmen herstellen oder Veranstaltungen organisieren und durchführen.

S wie Sittning

Ein Sittning ist ein traditionelles, studentisches Dinner. Dabei gibt es eine feste Kleiderordnung die von „Bad-Taste“ oder Toga, über Business Casual bis hin zu Frack und Abendkleid reichen kann. Entsprechend gibt es meist drei Gänge und dazu Wein. Zwischen den einzelnen Gängen werden Lieder gesungen und Spex (siehe unten) aufgeführt. Häufig ist es auch Tradition seinem Sitznachbarn ein kleines Geschenk mitzubringen. Wenn ihr zum Studium nach Lund geht, solltet ihr unbedingt schicke Sachen mitbringen und mindestens einmal an einem Sittning teilnehmen!

Einführungssittning mit unseren Mentoren aus. Dabei wurden wir in die verschiedenen Traditionen bei einem Sittning eingeweiht. Die Studierenden sitzen zusammen in Rahmen eines Sittnings an einer festlich gedeckten Tafel im Freien.
So sah unser Einführungssittning mit unseren Mentoren aus. Dabei wurden wir in die verschiedenen Traditionen bei einem Sittning eingeweiht.

S wie Spex

Die Spex sind kurze Theaterstücke, die von den Studierenden eingeübt und dann anderen Studierenden vorgetragen werden. Diese Tradition reicht bis ins Jahr 1550 zurück, als an der ältesten schwedischen Universität in Uppsala das erste Mal Spex aufgeführt wurden. Auch wir haben in Lund mit unseren Mentoren einige kurze Szenen eingeübt und beispielsweise den Phos oder anderen Gruppen vorgetragen. Der Spex besteht dabei immer aus einem umgedichteten Lied, einer komischen Szene oder einem Dialog, im Prinzip gibt es da keine Grenzen. Wer davon noch mehr haben will, kann auch in einen der vielen Spex-Vereine in den Nationen oder Sektionen eintreten.

Es gibt noch unzählige weitere verrückte Traditionen. Außerdem unterscheiden diese sich von Uni zu Uni. Ich kann nur empfehlen, neugierig zu sein, sich darauf einzulassen und das ein oder andere auszuprobieren. So kann man wirklich in diese ganz andere Studentenkultur eintauchen und gleichzeitig der „international Bubble“, in die man als Austauschstudent oft gerät, einmal entkommen.

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