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Georgien Liebe auf den zweiten Blick?


„Darf ich mal fragen, wieso du dich für Georgien entschieden hast?“ – diese Frage musste ich mittlerweile ungefähr 20 Mal beantworten. Nicht nur Freunde und Familie, sondern auch die Einheimischen in Georgien stellen mir häufig diese Frage. Ehrliche Antwort: Eigentlich hat sich das erst durch Corona ergeben.

Bei einer Sache war ich mir von Anfang an sicher: Ich will nicht in Europa bleiben und mein Auslandssemester am liebsten in Asien verbringen. Deshalb hatte ich mir zuerst Thailand und Taiwan als mögliche Ziele ausgesucht und schließlich eine Zusage an der Bangkok University erhalten. Aufgrund der strengen Einreisebestimmungen in Thailand wurde mir im Herbst schließlich abgesagt. Da die Fristen der anderen Partneruniversitäten fast abgelaufen waren, musste ich mir ziemlich schnell ein neues Land aussuchen. Wegen der Einreisebeschränkungen blieb zu diesem Zeitpunkt sowieso nicht viel Auswahl. Inspiriert von dem Film „Weit“ , habe ich mich dann im Internet über das Studium in Georgien informiert und mir einige Bilder angesehen. Ziemlich schnell habe ich meine Bewerbung abgeschickt und bereits eine Woche darauf meine Zusage erhalten.

Im Folgenden erfahrt ihr, warum ich Georgien so interessant finde.

Berge und Meer, Altstadt und Moderne

Georgien ist ein sehr kleines, aber dennoch vielseitiges Land. Durch die kurzen Fahrtwege kann man das Wochenende ohne Probleme in den Bergen verbringen oder eines der zahlreichen Klöster besuchen. Von Tbilisi braucht man außerdem nur 4,5 bis 5,5 Stunden mit dem Auto oder Zug zur Schwarzmeerküste.

Im ganzen Land gibt es fünf unterschiedliche Klimazonen. Ob Skigebiet, Weinregion oder tropische Küste – man findet hier alles. Diese Woche waren die Temperaturen übrigens so unterschiedlich, dass man an einem Tag Ski fahren und sich am anderen mit T-Shirt am Meer sonnen konnte.

Aber auch Tbilisi selbst mit seinen bunten Balkonen und schönen Cafés hat mich überzeugt. In der Stadt ist immer was los, Touristenmassen sucht man hier allerdings vergebens. Sofern das Reisen wieder möglich ist, wird sich das wahrscheinlich ändern, da Georgien mittlerweile als Trendreiseziel gilt. Genau deshalb ist jetzt wahrscheinlich der richtige Zeitpunkt für mein Auslandssemester hier.

33 Buchstaben, die ich vorher nie gesehen habe

Zugegeben ist es für mich auch eine Herausforderung, für ein halbes Jahr hier zu leben. Ich spreche kein einziges Wort russisch und georgisch sowieso nicht. Da kann allein Lebensmittel einkaufen, manchmal echt anstrengend werden, denn Georgien hat ein eigenes Alphabet mit 33 Buchstaben und die Aussprache ist für mich ziemlich schwer.

In Batumi, einer Hafenstadt am Schwarzen Meer, wurde sogar ein 130 Meter hoher Turm gebaut, der die Einzigartigkeit des georgischen Alphabets ausdrücken soll.

Die ältere Generation spricht vor allem georgisch und russisch, jüngere Leute haben aber meistens gute bis sehr gute Englischkenntnisse. Deshalb ist es ratsam, Fragen auf Englisch eher an jüngere Leute zu stellen, da man sonst meistens ein Schulterzucken als Antwort bekommt.

Mein oberstes Ziel ist es, mein Englisch zu verbessern. Trotzdem hoffe ich nach dem halben Jahr ein paar Worte in Georgisch sprechen zu können, auch wenn die Sprache als einer der schwierigsten der Welt gilt.

Alphabet Turm in Batumi
Alphabetic Tower in Batumi

Etwas Neues sehen

Die Partnerschaft zwischen meiner Heimat- und Gastuniversität ist noch ganz frisch. Ich bin die erste Studierende meiner Universität, die dieses Angebot nutzt. Ich konnte zwischen drei Universitäten wählen und habe ich mich für die Caucasus University entschieden, da mich dort vor allem das Kursangebot überzeugt hat. Für das Sommersemester gab es ein Angebot von 80 Kursen aus sieben unterschiedlichen Fakultäten.

Außerdem zählt sie zu einer der besten Universitäten in der Kaukasus-Region und schneidet auch bei internationalen Rankings gut ab.

Aufgrund der Corona-Situation ist es aktuell leider nur möglich, die Universität virtuell anzuschauen.  Ich hoffe aber, im Laufe des Semesters Bilder aus dem Innern zeigen zu können. Trotz des Online Semesters werde ich bis zu den Prüfungen im Sommer hierbleiben. In Georgien ist es aufgrund rechtlicher Bestimmungen nicht möglich, das Online Semester aus der Heimat durchzuführen. Mir blieb deshalb nur die Wahl anzureisen oder das Semester abzusagen und in Aschaffenburg weiterzumachen.

Um abschließend die Frage aus meinem Titel zu beantworten: Nachdem ich anfangs etwas geschockt vom schlechten Wetter und den vielen Hochhäusern war, bin ich mittlerweile ziemlich froh, hier gelandet zu sein. Ich bin bereits nach der kurzen Zeit von der Vielseitigkeit des Landes und vor allem von der Gastfreundlichkeit der Georgier beeindruckt.

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