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Der Berg ruft: 4.985 Höhenmeter in 5 Tagen


Was zuvor schon Klasse 9 und 10 geschafft hat, sollte nun die Klasse 8 der Deutschen Schule Nairobi wiederholen. Ausgerüstet mit Schlafsack, Isomatte, Thermo-Unterwäsche und viel zu viel Süßigkeiten ging es von Montag bis Freitag auf den Mount Kenya.

Der zweithöchste Berg Afrikas weist drei Erhebungen auf, die allesamt nach Massai-Häuptlingen benannt sind. Während Batian (5.199 m) und Nelion (5.188 m) nur von versierten Kletterern erklommen werden können, ist der dritthöchste Punkt, namens Lenana, mit 4.985 m für das gemeine Wandervolk eher geeignet.

Tag 1

Montag, 7:30 Uhr. Der Vintage-Bus vom Savage Camp (unsere Reiseagentur) holt uns von der Deutschen Schule in Nairobi ab. Die Stimmung ist gut. Alle freuen sich auf fünf schulfreie Tage. Dabei ist es jetzt schon kalt. 14° C und bewölkter Himmel in Nairobi verheißen temperaturtechnisch für den 3.400 Meter höherliegenden „Heiligen Berg“ nichts Gutes.

Während der Fahrt Richtung Nordosten galt es zuerst das Verkehrschaos der Hauptstadt zu bewältigen. Endlich angekommen am Sirimon Gate – eindem von zwei Eingängen, die der National Park hat – gab es für jeden einen Hamburger und die letzte Chance auf ein „normales“ Klo. Während wir also aßen und uns nochmal frisch für die erste Etappe machten, knobelten die Träger aus, wer welchen Rucksack tragen darf/muss. Pro Person benötigt es 1,5 Träger. Es sind Einheimische vom Stamm Kikuyu, ohne die es nicht möglich wäre, den Berg in fünf Tagen zu bezwingen. Gegen 13:00 Uhr starteten wir unsere erste Etappe. Nach fünf Stunden gemütlichen Aufstiegs auf einer Forststraße erreichten wir mit Einbruch der Dunkelheit das erste Camp. Zelte waren bereits aufgebaut und das Essen vorbereitet. Gegen 20:30 Uhr zwang uns die Kälte bereits in den Schlafsack.

Tag 2

Dienstag, 6:30 Uhr ist die erste Nacht vorbei. Eigentlich schon viel früher. Unser Guide hatte uns schon vorgewarnt, dass bei der Kälte die Niere nicht richtig arbeitet und man mindestens einmal pro Nacht raus auf Toilette muss. Mich hat es sogar zweimal erwischt. Früh geht dann alles ganz schnell. Aufstehen, Zähne putzen, frühstücken und auf zur zweiten Etappe. Zum Glück scheint die Sonne und taut die eingefrorenen Schuhe wieder auf.

Heute stehen sechs Kilometer bergauf an. Das Wetter hält bis zur ersten Pause. Dann ziehen binnen zehn Minuten mit Regen bepackte Wolken auf und zwingen uns in unseren wetterfesten Klamotten. Das Wetter wird, parallel zur Stimmung in der Klasse, immer schlechter. Die Hotdogs bzw. Colddogs schaffen bei der Mittagspause leider auch keine Abhilfe. Es gibt erste Tränen. Doch der Guide peitscht alle weiter, damit wir rechtzeitig im nächsten Camp ankommen. Gegen 16:00 Uhr erreichen wir unsere auf 4.000 Metern aufgebauten Zelte. Die zweieinhalb Stunden bis zum Sonnenuntergang werden zum Erkunden des Geländes genutzt. Der Aufstieg zu einer Höhle wird mit Sonnenschein belohnt. Ein Segen für alle durchnässten und angefrorenen Sachen. Einige Schüler kann das aber nicht mehr aufhellen. Sie wollen abbrechen. Die Nacht muss allerdings noch durchgestanden werden. 20:00 Uhr liegt jeder bibbernd und erschöpft im Zelt.

Tag 3

Mittwoch, 6:30 Uhr wurden wir wieder geweckt. Die Sonne lockte diesmal alle etwas schneller aus den Zelten. Bis auf zwei Schülerinnen finden sich alle beim Frühstück ein. Die Höhenkrankheit hat beiden über Nacht zugesetzt. Während es für eine nicht weiter geht, möchte sich die andere bis zum letzten Camp vor dem Gipfel durchbeißen. Nachdem also die Gruppe um zwei dezimiert wurde (1 Lehrer + 1 Schülerin), ging es auf Etappe 3, den Gipfel fest vor Augen.

Wie jeden Tag starteten die Porter etwa eine Stunde später, nachdem sie alles zusammengeräumt und abgebaut haben. Allerdings hatten sie uns bereits nach der ersten Pause wieder eingeholt und bereiteten das Mittag für die nächste Pause vor. Es ist irgendwie deprimierend, wenn man bedenkt, dass diese Träger deinen 15 Kilogramm schweren Rucksack tragen, nebenbei Rauchen, sich fortlaufend unterhalten und doch zehnmal so schnell an dir vorbeiziehen. Wenigstens blieb das Wetter gut und nachdem wir den ersten Berg des Tages überquert hatten, lösten sich auch die Wolken am Gipfel auf und der Lenana zeigte sich endlich in seiner ganzen Schönheit. Schritt für Schritt schienen wir ihm näher zu kommen und doch waren es noch über 6 Kilometer bis zum dritthöchsten Punkt des Mount Kenya, als wir das letzte Camp, namens Shipton, erreichten.

Tag 4

Donnerstag, die Königsetappe. Es ist 1:30 Uhr, als einer der Guides durch die Zeltwand ruft: „Aufstehen. Wir steigen auf den Gipfel.“ Die Luft draußen ist minus 15 Grad kalt. Einige der Schüler haben sich nachts übergeben, wir haben kaum ein Auge zu machen können. Die Höhenkrankheit hat uns voll erwischt und das auf 4.200 Metern, am Fuß der Schneefelder des Mount Kenya. Trotzdem rappelten sich alle Schüler auf und es ging gemeinsam mit 12 Schülern, 2 Lehrern, 3 Guides und 3 Portern Richtung Gipfel. Wer noch die Kraft hatte unterwegs gen Himmel zu schauen, wurde mit einem scheinbar endlosen und unfassbaren Sternenhimmel belohnt. Bis zum Horizont glitzerte es tausendfach und die 6:30 Uhr aufgehende Sonne teilte den Berg in Tag und Nacht, Gut und Böse. Während auf der einen Seite noch tiefste Dunkelheit herrschte, hüllte sich die andere in orange-lila-rote Farben und lies die vorher vereisten Wege nach und nach in schlammige Bäche verwandeln. Leider konnten dieses Spektakel nur noch einige Schüler mit erleben. Der Anstieg und die Höhenkrankheit forderte ihren Tribut. Stark dezimiert erreichten wir gegen 7:30 Uhr den Gipfel Lenana.

Der Ausblick und das gute Wetter entschädigten für alle davor durchgemachten Strapazen. Leider hielt die Freude nur etwa 30 Minuten an. Danach war es Zeit ins Camp zurück zu kehren, da noch der generelle Abstieg in das Lager vom ersten Tag anstand. Der Weg zurück war geprägt von Stürzen und selbst ausgelösten Steinlawinen. Mit nur einem umgeknickten Knöchel haben es aber alle halbwegs gut überstanden und waren nach einem halbstündigen Frühstück im Shipton’s Camp für den 20 Kilometer langen Rückweg in das Lager „Old Moses“ bereit. Nach einer insgesamt 16-stündigen Wanderung erreichten wir total erschöpft, müde, ausgezehrt und hungrig das Tagesziel. Jetzt galt es Wunden lecken, stärken und die letzte Nacht überstehen. Diese begann schon 19:30 Uhr und blieb ohne Ermahnungen bezüglich der Nachtruhe und der Regel, dass Mädchen im Mädchenzelt schlafen und Jungs im Jungenzelt. So eine anstrengende Wanderung hat doch auch ihre Vorzüge.

Tag 5

Freitag, 6:30Uhr. Leider hatten weder die Porters, noch die Guides ein Thermometer mit, um die Temperaturen abzulesen. So war es vielleicht auch nur die mittlerweile gestiegene Kälteverträglichkeit, die einen fast durchschlafen ließ. Gut erholt und mit ausreichend Schlaf versehen ging es wie am Tag 1 auf die circa sieben Kilometer lange asphaltierte Forststraße zurück zum Gate Sirimon.

Diese wurde übrigens von der EU finanziert und nützt auch den Büffeln, Nashörnern, Elefanten, Affen und Leoparden beim Auf- bzw. Abstieg. So ist der Weg verziert mit etlichen unterschiedlichen Dunghaufen. Interessant sind vielleicht noch die Worte des Guides, der auf die Frage: „Was wir tun sollten, wenn plötzlich ein Elefant vor uns stünde?“, einfach „Weglaufen, im Zickzack“ antwortete. „Und wenn euch ein Büffel jagt, rennt immer weiter um einen großen Baum. Irgendwann werde der Büffel entnervt davontrotten.“ Beruhigend zu wissen.

 

INSGESAMT machte ich also die Erfahrung zum ersten Mal in einer solchen Höhe (4.985m) gewesen zu sein, gewann die Erkenntnis das Doc Martens auch für rund 50 Kilometer lange Wanderung gemütlich sind, solch eine Tour auch mit Schülern der Klasse 8 spaß macht und möglich ist, sowie das Schnee in Afrika kein Fremdwort ist. Schließlich war der ehemalige Vulkan mal 7.000 Meter hoch und seine Gletscher bis 3.000 Meter groß. In den 1930er Jahren wurden sogar nationale Skiabfahrtswettkämpfe durchgeführt. All das gibt es zwar nicht mehr, aber was geblieben ist, sind die einheimischen Kikuyus als Porter, die Tiere, die hoffentlich weiterhin so geschützt werden, wie es zurzeit im Nationalpark Mount Kenya der Fall ist und der noch relative Geheimtipp, dass ein Aufstieg am Lenana spektakulärer ist als am höchsten Berg Afrikas, dem Kilimandscharo.

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  • Passt schon

    Anastasia

    Anastasia / Tansania

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    Anastasia

    Anastasia / Tansania

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