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FAQlumbien Zeit für Antworten

Vor Antritt meines Praktikums hatte ich eine Vielzahl an Fragen zu allen Themen rund um meinen Auslandsaufenthalt. Während meiner Zeit in Barranquilla kommt es jedoch häufig vor, dass nicht mehr ich derjenige bin, der Fragen hat, sondern dass mir andere Personen Fragen über Kolumbien stellen. Über die vergangenen Monate hinweg habe ich diese gesammelt. Die häufigsten Fragen, die ich bislang in noch keinem Artikel ausreichend thematisiert hatte, werde ich nun in diesem Beitrag beantworten.

Warum überhaupt Kolumbien?

Hinsichtlich dieser Frage gibt es nicht die eine, spezifische Antwort. Als ich mich entschieden hatte, ein Schulpraktikum im Ausland zu machen, war es mir in erster Linie wichtig, dass es in einem spanischsprachigen Land sein würde. Ich wollte Spanisch lernen und da ich Spanien bereits etwas kenne, war Mittel- und Südamerika das vorrangige Ziel. Die Wahl fiel schließlich auf Kolumbien, da mich dieses Land mehr als alle anderen gereizt hat. Dies lag unter anderem daran, dass ich durch einige kolumbianische Freund:innen, meine kolumbianischen Sprachschüler:innen im Rahmen meiner Tätigkeit als Sprachlehrer sowie Sprachtandem-Partner:innen bereits eine kleine Verbindung zu diesem Land aufbauen konnte. Nachdem mir Kolumbien darüber hinaus immer wieder empfohlen wurde und ich zudem die Deutschen Schulen dort attraktiv fand, war für mich schnell klar: Auf geht’s nach Kolumbien!

Was vermisst du an Deutschland?

Zunächst einmal bin ich froh, dass ich (noch) nicht mit Heimweh zu kämpfen habe. Viel zu sehr überwiegt das Spannende, täglich Neue vor Ort. Und dennoch gibt es natürliche Dinge, die ich an Deutschland vermisse. In erster Linie sind das meine Familie und meine Freund:innen. Tatsächlich vermisse ich auch Heidelberg ein wenig – die in meinen Augen schönste Stadt Deutschlands. Darüber hinaus sind es Kleinigkeiten, wie Körnerbrötchen oder deutschen Käse, die ich in Kolumbien nicht finde und gerne mal wieder essen würde. Was mir zudem fehlt, ist ein Klima ohne hohe Luftfeuchtigkeit und damit verbunden auch das Joggen zu jeder Tageszeit. Hier in Barranquilla kann ich meinem Hobby Laufen kaum nachgehen, da es vor der Schule zu früh und nach der Schule oft noch zu heiß ist. Und bei Dunkelheit fühle ich mich hier leider nicht so sicher, sodass ich insgesamt deutlich weniger Sport treibe als in Deutschland.

Kartoffelsalat in Schüssel, im Hintergrund ein Hund.
Und wenn ich Deutschland doch mal etwas mehr vermisse, hole ich mir eben ein bisschen davon nach Kolumbien und bereite eine schwäbischen Kartoffelsalat zu.

Sind Drogen oder der Drogenkonflikt ein Thema im Rahmen des Aufenthaltes?

Tatsächlich gehört diese Frage zu den am meisten gestellten. Auch unter meinen studierenweltweit-Tiktoks dreht es sich nahezu ausschließlich um drogenbezogene Kommentare rund um Pablo Escobar. Und ich kann deutlich sagen: Nein! Mit Drogen und drogenbezogenen Themen bin ich bislang noch überhaupt nicht in Kontakt gekommen. Was ich damit sagen will: Du wirst bei einem Auslandsaufenthalt in Kolumbien nicht automatisch damit in Berührung kommen, wenn du daran nicht interessiert bist. Und während mir in deutschen Großstädten zum Beispiel schon des Öfteren betäubende Substanzen auf der Straße angeboten worden sind, ist mir das in Kolumbien bislang noch nicht passiert.

Aus welchen Familienverhältnissen stammen die Kinder an deiner Schule?

Das Colegio Aleman in Barranquilla ist eine Privatschule, für die die Eltern der Schüler:innen einen monatlichen Beitrag zahlen müssen. Wie auch in Deutschland kann es sich nicht jede Familie leisten, dass ihr Kind eine Privatschule besucht. Da in Kolumbien die Schere zwischen Arm und Reich in jedoch viel größer ist, unterscheiden sich der finanzielle Hintergrund der Familien der Deutschen Schule stark von dem des nationalen Durchschnitts. Nahezu alle Schüler:innen meiner Schule kommen aus Familien, die der Oberschicht angehören. Ich finde es wichtig, dass man sich als Praktikant:in darüber bewusst ist, dass nicht alle Kinder in Kolumbien auch nur ansatzweise ähnliche Lern- und Bildungsvoraussetzungen wie die Schüler:innen an meiner Schule haben. Und dennoch: Im Klassenzimmer ist es mir nicht mehr wichtig, aus welchen Familienverhältnissen das einzelne Kind kommt. Das was dort am Ende zählt, ist, dass man gemeinsam eine angenehme Lernatmosphäre für alle schafft.

Wie ist es, auf einmal Ausländer zu sein?

Es ist eine interessante Erfahrung, sein gewohntes Umfeld von heute auf morgen zu verlassen. Auch wenn ich im Urlaub bereits hin und wieder „anders aussah“, ist es doch etwas anderes, an einem zuvor fremden Ort wirklich zu wohnen. Ich finde die Frage in der Hinsicht spannend, als dass ich in der eher ländlichen Region Barranquilla häufig zu spüren bekomme, dass ich der „Extranjero“ (Ausländer) „Blanquito“ (Weißer) oder „Gringo“ (eigentlich Amerikaner) bin. Diese Ausdrücke sind im Sprachusus aber grundsätzlich nicht negativ konnotiert, erinnern mich aber immer wieder daran, dass ich als „anders“ bezeichnet werde.

Person trägt Poncho und steht vor einem weißen Tor.
Ich lerne eine neue Kultur kennen. Wie viel Kolumbien steckt nun zum Beispiel schon in mir, wenn ich einen landestypischen Poncho trage?

Während ich mich dadurch anfangs noch ein wenig komisch gefühlt hatte, habe ich mich daran jedoch mittlerweile gewöhnt. Ich finde es sogar schön und besonders, wenn mir die Menschen gefühlt noch offener begegnen, wenn sie entgegen ihrer Erwartung merken, dass ich zum Beispiel Spanisch spreche, vieles über das Land weiß und sogar hier lebe. Hinzu kommt, dass ich das Gefühl habe, dass Bekannte hier generell schnell zu Freunden werden. Auch aus diesem Grund fühle ich mich in meiner Rolle in Kolumbien sehr wohl. Meine Wunschvorstellung ist, dass jede:r Ausländer:in, egal wo auf der Welt, so aufgenommen wird, wie es bei mir in Kolumbien der Fall ist.

Vier Personen stehen vor einem See und lachen in Richtung der Kamera.
Unter all den herzlichen Menschen habe ich fast nie das Gefühl, fremd zu sein.

Was isst man in Kolumbien vor allem?

Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, da sich die typischen Essgewohnheiten je nach Region unterscheiden. Was jedoch überall im Land gegessen wird, sind die kleinen runden Maisfladen (Arepas), frittierte Teigtaschen (Empanadas), Suppen (Sancocho/Ajiaco) sowie Reis mit frittierten Kochbananen (Platanos) und einer fleischhaltigen Beilage. In meinem Blogartikel „Erwartung vs. Realität – Einmal Klarstellung, bitte“ habe ich bereits einen kleinen Einblick in die kolumbianische Küche gegeben und meine Meinung dazu geteilt. Was zudem existenzieller Bestandteil des Essens der Kolumbianer:innen ist, sind Früchte. Auch hierbei hängt es wieder von der Region ab, welche Frucht auf den Tisch kommt. Bei mir an der Nordküste sind das vor allem Mangos, Bananen, Granadillas und Mandarinen.

Wie teuer ist Kolumbien?

Sehr günstig! Vor allem auch im Vergleich zu anderen Ländern Südamerikas, wie etwa Chile oder Argentinien. Inklusive der Miete gebe ich hier pro Tag circa 17 Euro aus, womit ich monatlich auf circa 500 Euro Ausgaben komme. Nicht eingerechnet sind darin zusätzliche Freizeitaktivitäten, die ich mir aber durch das Stipendium Lehramt.International des DAAD glücklicherweise mitfinanzieren kann. Ich gebe dir mal ein paar Beispiele dafür, wie teuer beziehungsweise günstig Kolumbien in unterschiedlichen Kontexten ist: Mittagessen inklusive Suppe und Getränk circa 3 EUR, 20-minütige Taxifahrt circa 2,80 EUR, 8 Bananen circa 1 EUR, Inlandsflug circa 45 EUR, dreistündige Busfahrt circa 7,50 EUR, Sonnencreme 3 EUR. Hinzu kommt, dass der kolumbianische Peso mit jedem Tag während meiner Zeit vor Ort im Verhältnis zum Euro an Wert verliert, wodurch für mich als „Euro-Verdiener“ täglich alles nochmal etwas günstiger wird.

Wie ist die Infrastruktur in Kolumbien?

Teilweise sehr gut, teilweise katastrophal. Das beschreibt es vielleicht am ehesten. Einerseits kommt man durch die Vielzahl an Bussen und Taxis grundsätzlich zu jeder Tages- und Nachtzeit an sein Ziel. Andererseits sind aufgrund schlechter Straßenverhältnisse, des fehlenden Bahnnetzes und der hohen Zahl an Autos oft lange Staus die Folge. Vor allem in den Innenstädten kommt es zu Stoßzeiten regelmäßig zu Verkehrszusammenbrüchen. Während man in Deutschland 600 Kilometer mit dem Auto problemlos in fünf Stunden (oder dem Zug manchmal sogar schneller) zurücklegen kann, benötigt man für dieselbe Distanz in Kolumbien eher das Doppelte bis Dreifache an Zeit. Hinzu kommt, dass es im Straßenverkehr einfach wilder als gewohnt zugeht. Das habe ich leider auch zuletzt zu spüren bekommen, als ein kolumbianischer Freund und ich auf dem Motorrad von einem Auto gerammt wurden und gestürzt sind. Am Ende war es eher zweitrangig, dass es die Schuld des Autofahrers gewesen ist und er leider Fahrerflucht begangen hatte, denn wir haben uns trotz des Sturzes und dem darauffolgenden Rutschen zum Glück nicht schwerer verletzt. Das Fazit zur Infrastruktur: Wenn man in Kolumbien von A nach B will kann es sehr schnell gehen. Man sollte aber in jedem Falle sehr aufmerksam sein und muss unter Umständen viel Geduld mitbringen.

Verletzte Hand wird mit Tape umwickelt. Im Hintergrund Erstversorgungs-Material.
Ein Freund und ich wurden auf einem Motorrad von einem Auto gerammt und sind gestürzt. Glück im Unglück, denn bis auf durchlöcherte Klamotten, ein paar Wunden und kaputte Bremsen ist uns nichts passiert.

Was hat dich am meisten überrascht?

Täglich überraschen mich neue Dinge. Egal ob es das ewige Warten an den Supermarktkassen, die lebensmüden Motorradfahrer:innen im Großstadtverkehr oder auch die bedingungslose Herzlichkeit der Menschen in Barranquilla sind.

Eine Kuh steht quer vor einem Auto und verhindert das Weiterfahren.
Was macht man, wenn einem abseits der Stadt eine Kuh den Weg versperrt? Warten!

Müsste ich jedoch eine Sache hervorheben, die mich während meiner Zeit in Kolumbien bislang am meisten überrascht hat, ist es das häufige beten in den verschiedensten Alltagssituationen. Auch wenn ich mir im Vorhinein darüber bewusst gewesen bin, dass Kolumbien ein sehr religiöses Land ist, kannte ich beten im Alltag aus Deutschland überhaupt nicht mehr. Umso mehr bin ich immer wieder überrascht, wenn hier vor dem Essen, beim Losfahren im Auto oder Bus oder auch nach der Landung im Flugzeug laut gebetet oder das Kreuzzeichen gemacht wird. Während ich diese Rituale in Deutschland wenn überhaupt bei älteren Menschen gesehen habe, kann ich sie hier bei allen Altersgruppen beobachten. Und ehrlich gesagt finde ich es etwas Schönes, da dadurch den vermeintlich kleinen Dingen des Alltags ständig Wertschätzung und Dankbarkeit entgegengebracht wird.

Hattest du viele Packfehler?

Hätte ich die Möglichkeit, meinem Vergangenheits-Ich beim Packen für den Auslandsaufenthalt einen Tipp zu geben, würde dieser wie folgt aussehen: „Nimm ein Regencape für den Rucksack und mehr dunkle als weiße Klamotten mit. Zwei Packungen Sonnencreme reichen, aber ansonsten: Sehr gut, Tim!“ Prinzipiell hatte ich beim Packen versucht, so wenig, wie möglich mitzunehmen und das hat sich bislang sehr gut bewährt. Ich habe kaum etwas dabei, was ich noch nicht benutzt habe und das Wenige, was ich nicht eingepackt hatte, konnte ich problemlos vor Ort besorgen. Dazu gehört zum Beispiel besagte Hülle für meinen Rucksack zum Schutz vor Regen bei Ausflügen und eine gute Regenjacke. Da durch das häufige Verwenden von Sonnencreme und Probleme beim Waschen, weiße Klamotten nicht lange weiß bleiben, hätte ich im Nachhinein zudem eher dunklere Klamotten eingepackt. Mein Tipp für dich: Nimm nur das Nötigste mit und habe keine Sorge, etwas zu vergessen. Alles was du vor Ort dann doch darüber hinaus benötigst, kannst du dir problemlos kaufen. An meiner Schule ist es zudem bereits Tradition, dass man unter den Praktikant:innen seine nicht mehr benötigten Dinge vor der Rückreise weitergibt. So können wir vermeiden, dass zum Beispiel Besteck, Töpfe oder Pfannen immer neu gekauft werden müssen.

Ordentlich sortierte Gegenstände, wie z.B. Klamotten auf dem Boden
Das ist alles, was ich für meinen Auslandsaufenthalt eingepackt habe. Weniger ist mehr.

Viele Fragen, viele Antworten. Und trotzdem kann es sein, dass du noch eine Frage zu meinem oder deinem bevorstehenden Auslandsaufenthalt hast. Falls dem so ist, stelle mir diese gern in den Kommentaren unter dem Beitrag oder direkt auf Instagram.

Tim

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