24. Oktober 2023
Einen Monat bin ich nun schon in Gambia, und meine Tage sind gefüllt mit Arbeitsalltag, Marktbesuchen und Sonne tanken am Strand. Die Zeit vergeht viel zu schnell, gerade bin ich erst angekommen und nun doch schon vier Wochen hier. Ich möchte mit euch auf meine erste Zeit zurückblicken.
Sehr viele Dinge in Gambia sind neu für mich, aufregend, mitunter fremd und unverständlich, geben mir ein mulmiges Gefühl oder aber sind wunderschön. Die erste Woche habe ich mich oft noch überfordert und unsicher gefühlt und habe die Zeit gebraucht, um zu verstehen, wie das Leben hier abläuft. Wo kann ich welches Essen einkaufen (schau dir dazu die Story über meinen Marktbesuch auf meiner Profilseite an)? Welche Kleidung ziehe ich wo an und wie bedeckt sollte ich in einem muslimischen Land sein? Kann ich mit dem Leitungswasser Zähne putzen? Ist es sicher, nach Dunkelheit als Frau allein draußen zu sein? Gibt es öffentliche Verkehrsmittel und was mache ich bei Stromausfall? Wie komme ich nach einem heftigen Regenfall und überfluteten Straßen zur Arbeit, und wie wasche ich meine Haare am besten mit Wasser aus einem Eimer?
All diese Fragen gingen mir in der ersten Woche durch den Kopf, und diese essenziellen Informationen musste ich erst einmal herausfinden, um den Alltag zu meistern. So viele Dinge, über die ich mir in meinem Leben in Europa keine Gedanken machen muss und Gewohnheiten, die ich seit Jahren verinnerlicht habe, werden auf einmal auf den Kopf gestellt. Kleine Aktivitäten wie Einkaufen, die mir in meiner vertrauten europäischen Umgebung nicht der Rede wert sind, werden plötzlich zum Abenteuer. Die erste Woche lässt sich am bestens mit ‚Learning by doing‘ zusammenfassen.
Ankommen in einem neuen Leben
Aber schon in der zweiten Woche habe ich mich viel besser zurechtgefunden, und seitdem wird es immer einfacher. Was mir auch sehr geholfen hat, war Luisa’s Ankunft in meiner zweiten Woche. Sie ist meine Tandempartnerin des ASA-Programms, und wir arbeiten und wohnen zusammen. Viele Dinge lassen sich zu zweit viel einfacher meistern, und es tut gut, jemanden zu haben, mit dem ich mich absprechen kann. Seit dem ersten Tag verstehen Luisa und ich uns bestens, und es ist schön, durch sie ein kleines bisschen Deutschland mit mir zu haben. Zusammen können wir über alle Dinge sprechen, die uns hier beschäftigen und uns manchmal fremd erscheinen. Auch wenn wir uns bei kulturellen Unterschieden nicht sicher sind, wie wir uns richtig verhalten oder reagieren sollen, ist ein*e Tandempartner*in unglaublich hilfreich (danke ASA!).
Von den großen und kleinen Unterschieden
Gambia, meine neue Heimat für die nächsten drei Monate. Das Land erstreckt sich entlang des Gambia-Flusses über eine Strecke von 450 Kilometern und misst an seinem schmalsten Punkt nur 30km. Im Norden, Osten und Süden grenzt es an den Senegal, während im Westen der Atlantische Ozean die Küste begrenzt. Gambia zählt zu den am dichtesten besiedelten Ländern Afrikas, wobei über die Hälfte der Bevölkerung in und um die größeren Städte lebt.
Zurzeit ist es Ende der Regenzeit, es hat tagsüber um die 34 Grad und eine hohe Luftfeuchtigkeit, nachts um die 26 Grad. Die Tage und Nächte sind damit aber schon etwas kühler als noch am Anfang und der gambische Winter lässt sich immer mehr blicken. Vor allem am Anfang musste sich mein Körper aber noch akklimatisieren, und wenn ich eine Wassermelone vom Markt heimtrage oder nachts wegen Stromausfall der Ventilator nicht geht, läuft mir der Schweiß in Strömen herunter. Auch generell lässt die Hitze viele Tätigkeiten deutlich anstrengender werden, und wenn ich während der Mittagshitze Wäsche aufhänge, kann ich danach gleich erstmal duschen gehen. Nach der Arbeit kurz unter Palmen zum Strand zum Schwimmen gehen ist bei dem Wetter aber umso schöner, und da vor kurzem die Wassermelonen-Saison begonnen hat, kann die tägliche Portion gekühlter Wassermelone der Hitze Abhilfe schaffen. Vor allem wenn ich an den einbrechenden verregneten Herbst in Deutschland denke, finde ich das Wetter auf einmal sehr angenehm.
Gleichzeitig zählt Gambia zu den ärmsten Nationen der Welt, und 53,4% der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die Haupterwerbsquelle der Menschen liegen vorwiegend im Tourismus und in der Landwirtschaft. Diese wird stark durch den Klimawandel beeinflusst, was zu einer äußerst instabilen wirtschaftlichen Situation des Landes führt. Neben all den negativen Auswirkungen für die Bevölkerung vor Ort führt dies auch zu krassen und fast surrealen Kontrasten in unserem Alltag. Meistens arbeiten wir vormittags bei unserer NGO in einem finanziell weniger privilegierten Viertel, nachmittags fahren wir in eine Strandbar um dort zum Sonnenuntergang einen Cocktail am Strand zu schlürfen. Dabei haben wir im Hinterkopf, dass wir gerade so viel dafür zahlen, wie manche gambische Freunde von uns an einem Tag harter Arbeit verdienen. Die Schere zwischen arm und reich wird für mich hier viel sichtbarer als in Deutschland, und ich werde mir meiner Privilegien jeden Tag aufs Neue deutlich bewusst. Die wirtschaftlich instabile Situation führt auch zu einem erhöhten Sicherheitsrisiko, und nach Einbruch der Dunkelheit ist es oft sicherer, ein Taxi zu nehmen, anstatt zu laufen. Dennoch fühle ich mich generell sehr sicher, und vor allem in unserem Viertel kennen uns die Menschen inzwischen beim Namen und wir werden von allen Seiten freundlich gegrüßt.
In Bezug auf die Unterschiede in meinem Alltag bezüglich Kultur, Essen, Sprache und Religion ist Gambia so divers, dass ich darauf nochmal in einem separaten Artikel eingehen werde. Stay tuned!
Ein kleines bisschen Alltag
Gerade in den letzten zwei Wochen habe ich eine Art Alltag entwickelt. Luisa und ich arbeiten von Montag bis Donnerstagvormittag, den Rest der Zeit haben wir frei. Nachmittags gehen wir oft an den Strand zum schwimmen, surfen und lesen, auf den Markt zum Einkaufen oder erholen uns in unserem Garten.
Abends treffen wir uns mit Freunden, gehen Essen, schauen am Strand den Sonnenuntergang an oder machen Sport im lokalen Fitnessstudio. Am Wochenende geht es auf Erkundungstour in die Natur (hier zum Beispiel in den Affenpark) oder es ist immer etwas los, wie diesen Sonntag zum Beispiel bei einer Einladung zum Grillen oder beim Fußballspiel von unserem Viertel gegen das Nachbarviertel. Ansonsten könnt ihr auch gut abends weggehen und in Bars etwas trinken oder am Strand zu live Konzerten tanzen. In manchen Hinsichten also ähnelt mein gambischer Alltag meinem Alltag in Europa, in anderen Hinsichten ist er komplett anders.
Heute Früh habe ich mein Visum für einen Monat, welches ich bei der Ankunft erhalten hatte, zum ersten Mal erneuert. Verrückt, wie die Zeit langsam und gleichzeitig auch so schnell vergeht. Ich bin glücklich hier, habe mich gut eingelebt, baue mir immer mehr einen Alltag und Freundeskreis auf, habe schon so viele Abenteuer erlebt und genieße das Leben sehr. Die nächsten zwei Monate werden sicherlich genauso abwechslungsreich und abenteuerlich werden, und ich bin schon sehr gespannt, was die Zeit bringen wird!