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Studieren in Deutschland und in den Vereinigten Arabischen Emiraten: Ein Erfahrungsbericht

Über die Hälfte meines Auslandssemesters ist inzwischen vorbei, und ich habe mich schon gut an den neuen Alltag in den Vereinigten Arabischen Emiraten gewöhnt. Mit bereits geschriebenen Tests und vielen Eindrücken kann ich jetzt ein spannendes Bild der Unterschiede zwischen Studieren in Deutschland und hier wiedergeben.

Struktur und Organisation des Studiums

Ein erster Unterschied fällt direkt beim Stundenplan auf: In Deutschland ist es üblich, dass zwischen den einzelnen Kursen eine zehn- bis fünfzehnminütige Pause liegt. Das war für mich immer selbstverständlich und praktisch – nicht nur zum Raumwechsel, sondern auch, um kurz durchzuatmen. Hier jedoch geht eine Vorlesung unmittelbar in die nächste über, ohne Pause. Vor allem bei größeren Distanzen zwischen den Räumen ist das ein echter Nachteil, und die Pünktlichkeit leidet zwangsläufig.

Das bringt uns zum zweiten großen Unterschied: die Zeitwahrnehmung und Pünktlichkeit. Wo ich in Deutschland meist pünktlich oder nur wenige Minuten verspätet zum Unterricht komme, sind Verzögerungen hier Alltag. Ob bei den Dozenten, den Kommilitonen oder bei Treffen mit Freunden – pünktlich bedeutet hier oft „innerhalb der ersten 30 Minuten“. Es war anfangs ungewohnt, und es brauchte eine Weile, bis ich mich daran anpassen konnte.

Anwesenheitspflicht und technische Hilfsmittel

Eine große Umstellung war die Anwesenheitspflicht. Während sie in Deutschland meistens nur für Praktika gilt, ist hier Anwesenheit in jeder Vorlesung Pflicht. Fehlen darf man höchstens sechs Mal pro Kurs, sonst verliert man die Prüfungszulassung. Die Anwesenheit wird sogar über eine speziell entwickelte App überprüft, die Standort, WLAN und Bluetooth nutzt, um sicherzustellen, dass man wirklich im Raum ist. Die App ist zwar nützlich und hilft einem mit Stundenplan und Navigation auf dem Campus, aber die Anwesenheitspflicht fühlt sich trotzdem ungewohnt an.

Lernkultur und Motivation

Ein erheblicher Unterschied besteht auch in der Motivation der Studierenden. Aus Deutschland bin ich es gewohnt, dass jeder aktiv Notizen macht, sei es mit iPad, Laptop oder Notizbuch. Hier jedoch sitzen viele einfach nur die Vorlesung ab und machen sich keine Notizen. Anfangs brachte ich mein iPad etc. mit, aber da wir die Skripte oft erst am Ende des Themas erhalten, ist das Mitschreiben weniger sinnvoll. Ich versuche, aktiv am Unterricht teilzunehmen und das meiste schon während der Vorlesung zu verinnerlichen.

Es handelt sich eigentlich um das Strömungsmechanik-Labor, jedoch habe wir hier zu dritt Vorlesung. Wir sitzen meist einfach nur im Halbkreis um den Bildschirm. In dem Raum gibt es also garnicht die Möglichkeit Notizen zu machen.
Es handelt sich eigentlich um das Strömungsmechanik-Labor, jedoch habe wir hier zu dritt Vorlesung. Wir sitzen meist einfach im Halbkreis um den Bildschirm. In dem Raum gibt es also gar keine Möglichkeit Notizen zu machen.

Ein weiterer Unterschied besteht in der Art und Weise des Lernens. Während in Deutschland das Verstehen von Zusammenhängen und das Anwenden von Formeln wichtig ist, liegt hier der Fokus auf Auswendiglernen von Details. Für jemanden, der eher praktisch orientiert ist, wie mich, ist das eine Herausforderung. Doch ab und an gibt es auch hier Ausnahmen – in einem Kurs über erneuerbare Energiesysteme haben wir beispielsweise realitätsnahe Berechnungen durchgeführt, was mir deutlich mehr zusagte. Allerdings war ich einer der einzigen, dem diese Art Klausur gefallen hat.

Prüfungen und Leistungsbewertung

Anders als in Deutschland, wo oft nur eine große Prüfung am Ende des Semesters ansteht, gibt es hier zahlreiche Leistungsüberprüfungen. In Woche vier und zwölf finden Quizze statt, das Midterm-Examen folgt in Woche acht, und in Woche sechzehn die Final-Exams. In der Theorie klingt das ganze eigentlich vernünftig und sollte einen motivieren dauerhaft am Ball zu bleiben. Allerdings wird die Terminplanung nicht immer zuverlässig umgesetzt, und oft stapeln sich Aufgaben und Prüfungen über mehrere Wochen. So habe ich seit über fünf Wochen jede Woche mindestens eine Klausur oder Abgabe.

Unterrichtsstil und Professoren

Der Unterrichtsstil variiert stark von Dozent zu Dozent. Manche Professoren ähneln denen in Deutschland und setzen auf ein interaktives Skript. Andere dagegen lesen nur ihre Präsentationen ab. Besonders hervorzuheben ist mein Professor für Innovation & Entrepreneurship: Er kennt alle unsere Namen und integriert uns aktiv in den Unterricht. In jeder Vorlesung gibt es zudem eine kurze Abgabe, die das aktuelle Thema veranschaulicht und am Ende abgegeben werden muss. Generell ist der Kontakt zu den Professoren enger als in Deutschland, was wohl auch an den kleineren Kursgrößen liegt. Von Kursen mit drei Leuten bis zu Kursen mit 30 Leuten ist bei mir alles vertreten.

Räumliche und kulturelle Unterschiede

Hier an der Ajman University teilen sich die meisten Fachbereiche ein großes Gebäude, das wirkt sehr beeindruckend und vermittelt ein komplett anderes Campus-Gefühl. Anders als in Deutschland sind die meisten Studierenden mit dem Auto unterwegs, und riesige, kostenlose Parkplätze sind vorhanden. Zudem gibt es hier keine Mensa, sondern verschiedene Essensstände – allerdings nur Fast Food, weshalb ich meistens lieber zu Hause esse.

Ein auffälliger kultureller Unterschied ist die strikte Trennung der Geschlechter. Die Uni ist spiegelbildlich angelegt, mit einer Männer- und einer Frauenhälfte. Es gibt Klassenzimmer nur für Männer, nur für Frauen oder gemischte Räume. In den gemischten Räumen sind die Geschlechter dann mit Trennwänden voneinander abgeschirmt. Dieser Aspekt war anfangs gewöhnungsbedürftig, aber als Gast passt man sich den Regeln an.

Freizeit und Uni-Leben

Die Uni legt großen Wert darauf, dass Studierende hier ihre Freizeit an der Uni gestalten können. Es gibt Clubs und Aktivitäten für zahlreiche Interessen sowie Sportanlagen, wie Fitnessstudio, Fußballplatz, Tennisplatz und ein Schwimmbad – alles auf dem Campus und mit Trainern für die verschiedenen Sportarten.

Kosten des Studiums

Das Studium in den Emiraten ist kostenpflichtig, und die Gebühren berechnen sich hier pro Credit Point. Für mein Semester würden die Kosten bei ungefähr 4500 Euro liegen – wobei ich als Austauschstudent glücklicherweise keine zahlen muss. Es gibt jedoch großzügige Stipendienmöglichkeiten, und auch die niedrigen Steuern muss man in dem Vergleich natürlich mit beachten.

Fazit: Eine unvergessliche Zeit

Zusammengefasst ist das Studieren im Ausland eine Herausforderung, die Zeit braucht, um sich an den Unterrichtsstil und die Kultur anzupassen. Aber im Gegenzug erhält man eine unvergessliche Erfahrung, sammelt wertvolle Eindrücke und lernt viel über sich und andere.

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    Jonny

    Jonny / Vereinigte Arabische Emirate

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    Jonny

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    Jonny / Vereinigte Arabische Emirate

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