9. Januar 2025
Chile gehört zu einem der eher unbekannteren Reiseziele in Südamerika aber warum das meiner Meinung nach unberechtigt ist und es auf jeden Fall auch auf deiner Bucketliste stehen sollte, erzähle ich euch in diesem Beitrag.
Seit nun mehr als fünf Monaten lebe ich in Chile und dieses lange, unscheinbare und ein bisschen versteckte Land, konnte mich schon so einige Male überraschen und überzeugen. Es hat so viel mehr zu bieten als nur die lange Bergkette die es von Argentinien trennt und den Zugang zum Pazifik. Wenn ich mich zurück erinnere als ich zum ersten mal angefangen habe, mich über Chile für ein mögliches Auslandssemester zu informieren, wusste ich so gut wie gar nichts über dieses Land was mir jetzt so ans Herz gewachsen ist. Oftmals wenn ich an Südamerika gedacht habe, kamen mir zuerst Länder wie Brasilien, Argentinien und Kolumbien in den Kopf aber Chile war nie so wirklich präsent und so geht es nicht nur mir, was ich sehr schade finde und mit diesem Beitrag einmal aufzeigen möchte, weshalb ich denke, dass Chile eins der meist unterschätzten Länder in Südamerika, wenn nicht sogar global ist.
Ein Land der Vielfalt
Chile ist sowohl geografisch, klimatisch als auch kulturell sehr vielschichtig aufgestellt. Dieses schmale, jedoch lange Land mit nur insgesamt 19 Millionen Einwohnern beeindruckt mit einer Länge von über 4.300 Kilometer von der trockensten Wüste der Welt, der Atacama Wüste im Norden, bis hin zu eisigen Gletschern in Patagonien im Süden und erstreckt sich damit über vier Klimazonen. Die durchschnittliche Breite beträgt dafür jedoch nur etwa 180 Kilometer. Die westliche Seite des Landes grenzt an den Pazifik und bietet somit auch eine Menge Strände und Surfparadiese wie Pichilemu. Auch die bekannten Osterinseln (Rapa Nui) mit den berühmten Moai-Statuen gehören zu diesem vielfältigen Land. Die gesamte östliche Seite grenzt an die bekannteste und längste Gebirgskette der Welt, die Anden, diese bieten Möglichkeiten zum Hiken, Ski fahren oder in meinem Fall Snowboarden. Der höchste Berg ist der Ojos del Salado der mit 6893 Metern Höhe auch der höchste aktive Vulkan der Welt ist. Santiago de Chile, die Hauptstadt in der ich auch studiere, ist mit etwa sieben Millionen Einwohnern die größte Stadt Chiles und das politische, geografische, wirtschaftliche wie auch kulturelle Zentrum des Landes und beherbergt über ein Drittel der Gesamtbevölkerung. Die offizielle Amtssprache hier ist Spanisch und bezahlt wird hier mit dem chilenischen Peso (CLP). Die Wirtschaft gilt als stabil und Chile zählt zu den sichersten und wohlhabendsten Ländern in Südamerika. Der wirtschaftliche Hauptsektor ist der Kupferbergbau, Chile ist nämlich auch der größte Kupferproduzent der Welt. Also wie ihr seht, hat dieses in Deutschland relativ unbekannte Land wirklich eine Menge zu bieten!
Kultur, Traditionen und Feste
Die chilenische Kultur ist stark von der Familie und Gemeinschaft geprägt, wobei gemeinsame Mahlzeiten und Feiern wie die Fiestas Patrias (Nationalfeiertage) in der Woche des 18. Septembers im Mittelpunkt stehen. In der Woche haben fast alle Menschen hier frei und überall gibt es dann große Festlichkeiten und Veranstaltungen. Der Cueca, der traditionelle Tanz des Landes, wird dabei genauso gefeiert wie bei den Asados, den geselligen Grillpartys mit Freunden und Familie. Wie ich am eigenen Leib schon erfahren durfte, ist die chilenische Gastfreundschaft legendär und man wird selbst als Gast wie Familie behandelt und mit Essen und Trinken versorgt. Besonders typisch ist hier auch die zusätzliche Mahlzeit Once ein abendlicher Snack der oft aus Brot, Kuchen und Tee besteht und als soziale Interaktion für Familien dient. Sehr interessant ist auch der chilenische Dialekt, der viele Modismen umfasst wie das übliche „Po“ oder „Weón“ am Ende eines Satzes, das sowohl als scherzhafter als auch liebevoller Ausdruck dient aber selbst nach über fünf Monaten hier weiß ich immer noch nicht wie genau es verwendet wird… Besonders bemerkenswert ist zudem die starke Präsenz indigener Kulturen, wie der Mapuche und der Rapa Nui auf der Osterinsel die durch Kunst, Handwerk und Sprache tief in die chilenische Identität eingebunden sind. Auch Fußball ist hier mehr als nur ein Sport, viel mehr ist es eine Leidenschaft vieler und eint das Land. In ländlicheren Regionen findet man jedoch auch eine große Beliebtheit von Pferderennen und Rodeos.
Reisen
Sowohl innerhalb Chile kann man wunderbar reisen als auch zu anderen Ländern und Städten. Ich hatte das Vergnügen so einige Kurztrips und Reisen machen zu können. Da die Jahreszeiten hier genau umgekehrt zu Deutschland sind, war in den ersten Monaten nach meiner Ankunft Ende Juli noch Winter hier. Dementsprechend ging meine erste Reise direkt fünf Tage in die Atacama-Wüste um die relativ kühlen Temperaturen in der Zeit noch mitzunehmen und dort durfte ich dann unglaubliche Landschaften und Naturphänomene miterleben. Natürlich konnte ich es mir auch nicht entgehen lassen mindestens einmal in den Anden Snowboarden gewesen zu sein, deshalb gab es einen Tagesausflug zum Skigebiet El Colorado was wirklich mit einer atemberaubenden Aussicht und freien Liften und Pisten diente. Nur knapp eine Stunde mit dem Auto entfernt von Santiago liegt das Tal Cajon del Maipo, mit dem im Zentrum liegenden Stausee Embalse el Yeso und natürlichen heißen Bergquellen. Ein weiteres sehr beliebtes und bekanntes Reiseziel innerhalb Chiles sind auch die Städte Viña del Mar und Valparaíso die drei Stunden von Santiago entfernt an der Küste liegen und tolle Strände und Kultur bieten. Welche Stadt mich sogar zwei mal empfangen durfte, weil ich es dort so schön fand, war Pichilemu. Die Stadt ist als Surf Capitol hier bekannt und hat einfach tolle Strände, gute Wellen auch für Beginner wie mich und einen mega coolen Vibe. Als letztes Reiseziel innerhalb Chiles war ich mit Freunden ganz weit im Norden in Patagonien und das war wirklich eines meiner Highlights! Ich wurde Zeuge von traumhaften Landschaften, tiefblauen Seen, grünen Oasen mit Guanacos und Kondoren, ewiglange Hügellandschaften, teilweise schneebedeckt und märchenhaften Sonnenuntergängen. Aber nicht nur innerhalb Chiles lässt es sich super reisen, man kommt von hier auch schnell und relativ günstig in andere Städte und Länder. Für fünf Tage bereiste ich zum Beispiel Buenos Aires in Argentinien eine traumhafte Stadt für alle die alte Architektur und Kultur lieben. Außerdem war ich in Rio de Janeiro und Sao Paulo in Brasilien beides unglaublich beeindruckende Städte mit tollen Stränden, Natur, Tieren und Nachtleben und bei den Iguazú Wasserfällen die zu den sieben Weltwundern der Natur gehören.
Hiking und Ausritte
Für Liebhaber des Wanderns, Kletterns und Reitens ist Chile und auch Santiago ein Paradies, nur in und um Santiago allein gibt es 194 Wanderrouten zu entdecken. Meine Wenigkeit hat davon ganze zwei Stück bestiegenen, die Hikingroute zu den Ramon de Aguas und hoch zum Manquehuito. Ich persönlich mag lieber kurze, entspannte Strecken aber hier gibt es wirklich für jeden Anspruch etwas. Das schöne ist man läuft durch tolle Natur mit ungewöhnlichen Fauna und Flora in den Anden und vorbei an wilden Tieren und bunten Vögeln. Da blieb selbst mir immer wieder mal der Atem stehen beim Anblick dieser Natur und Aussichten die man sich nur erträumen mag. Auch Ausritte kann man machen und auf einem Pferd durch die Anden zu reiten ist auch nochmal eine ganz neue Erfahrung für mich gewesen.
Essen und Trinken
Wenn ihr mal nach Chile reist, werdet ihr an einem Getränk definitiv nicht vorbei kommen, Pisco. Das ist ein chilenischer Traubenschnaps der hier meist entweder als Pisco Sour serviert wird oder einfach mit Cola (Piscola). Pisco ist den Chilenen heilig und es gibt keine Party, kein Event, keine Veranstaltung ohne ihn. Außerdem ist er Bestandteil eines schon jahrzehntelangen kulinarischen Konflikt zwischen Chile und Peru, beide Länder beanspruchen nämlich den Schnaps erfunden zu haben. Neben Pisco ist ein klassisches Getränk der Terremoto, in deutsch Erdbeben, der besonders an den nationalen Feiertagen um die Fiestas Patrias viel getrunken wird, er besteht aus süßem Weißwein, Ananas-Eis und Grenadine und die Leute hier lieben ihren süßen Cocktail. Außerdem ist Chile für seinen guten Wein bekannt und ist einer der größten Weinproduzenten der Welt. Besonders bekannt sind der Carmenère, eine wiederentdeckte Traube, und hochwertige Cabernet Sauvignons. Natürlich gibt es neben traditionellen Getränken auch viele Gerichte, wie zum Beispiel Ceviche ein Gericht das es viel an den Küstenstädten gibt Hauptbestandteil ist roher, in Limettensaft eingelegter Fisch oder für Vegetarier wie mich in Limettensaft eingelegte Mango. Ein Klassiker der natürlich auch nicht fehlen darf sind die Empanadas die im Vergleich zum Nachbarland Argentinien hier meist nicht frittiert sondern gebacken werden, der traditionelle Empanada de Pino ist hier gefüllt mit Hackfleisch, Zwiebeln, Ei und einer Olive, alternativ gibt es ihn auch mit Sojahack wie ich in meinem chilenischen Kochkurs gelernt habe. Auch in chile wird tatsächlich eine Menge Brot verzehrt zu den Klassikern gehören Brötchen wie die Marraquetas oder Hallullas die man hier in wirklich jedem noch so kleinen Laden finden kann. Für die Naschkatzen hier gibt es Süßigkeiten wie die Alfajores, mit Dulce de Leche gefüllte Kekse oft noch umhüllt mit Schokolade oder Calzones Rotos frittierte Teigstreifen mit Puderzucker.
Am Ende des Tages ist Chile mehr als nur ein Ziel – es ist ein Erlebnis. Ein Land, das so viele unentdeckte Facetten bietet, von atemberaubenden Landschaften über reiche Kultur bis hin zu einer einzigartigen Gastfreundschaft. Ob du die Berge erklimmst, an den Stränden entspannst oder dich durch die kulinarischen Köstlichkeiten probierst – Chile hat für jeden etwas zu bieten. Also, warum nicht den nächsten Flug buchen und das Land selbst entdecken? Es wartet nur darauf, von dir erkundet zu werden!