24. Januar 2017
Wie ihr vielleicht schon gemerkt habt, fühle ich mich im Großen und Ganzen sehr wohl in den Niederlanden. Jedoch muss ich das in Bezug auf das kulinarische Können der Nachbarn ein wenig einschränken. Was die niederländische Küche angeht, hat sich manch ein Vorurteil bestätigt. Eine kleine ironische Kritik an der niederländischen Küche.
Reis mit Ketchup und Hühnchen
Auch in deutschen Mensen gibt es sicherlich gute Beispiele von speziellen Mahlzeiten. Als ich jedoch hier in Wageningen in der Mensa das Gericht „Reis mit Ketchup und Hühnchen“ entdeckte, fühlte ich mich gezwungen einen Artikel über die Esskultur der Niederländer zu schreiben.
Drei Vorurteile, die stimmen
Die Fritteuse: der Freund der haute cuisine der Niederländer
Getreu dem Mantra „wenn es frittiert ist, ist es gut“ fallen mir spontan nur Spezialitäten und Nationalgerichte ein, die frittiert sind.
No. 1 ist natürlich die berühmte Frikandel, dicht gefolgt von Bitterballen. Für diejenigen, die noch nicht das Vergnügen hatten eine Frikandel zu probieren: Man kann sie sich wie eine zu dünn geratene Bratwurst ohne Haut vorstellen, die es – wie auch bei einer deutschen Bratwurst üblich – in allen erdenklichen Qualitätsstufen gibt. Bitterballen sind frittierte, zwei bis drei Zentimeter große Bällchen aus Ragout. Durch das frittieren sind sie außen knackig und innen weich. Aber Achtung! Man kann sich bei dessen Verzehr ziemlich den Mund verbrennen. Bitterballen werden gerne zum Bierchen auf so genannten Borrelplankjes zusammen mit anderen frittierten Fleisch- und Fischhäppchen, wie zum Beispiel Kip– und Garnelenkroketten, in Senf gedippt, verzehrt.
Allerdings wird nicht nur Fleisch frittiert. In einer Frituur gibt es neben den berühmten Frietjes auch Kaassoufflé. In der frittierten Hülle des Kaassoufflé befindet sich geschmolzener Käse und diese ausgefeilte Spezialität findet man außerdem auch in der Mensa und dem Tiefkühlregal. Eher selten sieht man dagegen die Risottoballen, die sich äußerlich nur kaum von Bitterballen unterscheiden, aber nicht mit Ragout, sondern mit Reis gefüllt sind. Beeindruckend, was man alles mit einer Fritteuse zaubern kann, nicht wahr? Was ein wenig überraschend scheinen mag ist, dass auch Loempias zu dem frittierten Sortiment gehören. Das hat mit der kolonialen Geschichte der Niederlande zu tun, aber dazu später mehr.
Poffertjes gibt es nicht nur auf dem Weihnachtsmarkt
Die meisten von euch kennen die Mini-Pfannkuchen bestreut mit Puderzucker wahrscheinlich vom Weihnachtsmarkt. Oft werden sie von netten Verkäufern mit niederländischem Akzent in einer kleinen Bude mit rot-weiß-blauer Deko verkauft. Hier gibt es diese Poffertjes allerdings nicht nur auf Weihnachtsmärkten, sondern sie werden auch im Supermarkt verteilt, es gibt entsprechende Stände auf Wochenmärkten und Volksfesten. Außerdem – und das ist meine Rettung – gibt es auch fertige, abgepackte Poffertjes im Supermarkt zu kaufen, die nur in der Pfanne aufgewärmt werden müssen. Echt lekker!
Gutes Brot können nur die Deutschen
Dies ist wahrscheinlich eher ein Vorurteil über die Deutschen als über die Niederländer, aber dennoch ist es wert, hier erwähnt zu werden. Selbst bei einem Bäcker sucht man vergeblich nach einem knackigen Brötchen (oder Schrippe oder Semmel), das außen knusprig und innen weich ist. Die weichen, wie aufgepusteten „Brötchen“ hier, können auf ein Minimum schrumpfen, wenn sie zwischen die Bücher im Rucksack gelangen. Außerdem kann man sowohl von den Brötchen, als auch von Brot unendlich viel essen ohne satt zu werden. Diese Esskultur ist wohl etwas woran ich mich nie gewöhnen werde.
Unterschiede
Einkaufen im Supermarkt
Man sollte glauben, dass sich ein Supermarkt in Holland nicht groß von einem Supermarkt in Deutschland unterscheidet. Das ist im Allgemeinen auch so. Es gibt jedoch drei kleine, aber feine Unterschiede.
Erstens: Während es in Deutschland gefühlt in jedem Wald-und-Wiesen-Supermarkt eine Frischetheke für Fleisch, Wurst und Käse gibt, habe ich hier bisher in keinem Supermarkt – egal ob von einer Kette oder ein privater – eine Frischetheke gesehen. Fleisch, Wurst und Käse kann also nur abgepackt gekauft werden. Für frische Produkte muss man dann einen Metzger oder einen Käse-Handel aufsuchen, die dementsprechend auch höherpreisig sind.
Zweitens: Lebensmittel sind in den Niederlanden vergleichsweise teurer. Zwar nur minimal, aber man merkt dennoch den Unterschied. Dafür gibt es hier jedoch viele „Zwei zum Preis von Einem“-Aktionen, sowie regelmäßige Angebote. Mir ist bisher in Deutschland noch nicht aufgefallen, dass es Angebote und Aktionen in diesem Ausmaß gibt. Bei einem der größten Supermärkte – Albert Heijn – gibt es die so genannte Bonus-Aktie. Ausgewiesene Artikel sind im Preis teils stark reduziert, wenn man an der Kasse seine Bonus-Kaart (vergleichbar mit der Payback-Karte nur ohne Punktesammeln) vorlegt.
Drittens: In Holland ist der zelfscan weit verbreitet. Mehr als bei uns. Wie das funktioniert? Am Eingang des Supermarktes nimmt sich der Kunde einen kleinen Handscanner, mit dem er jeden Artikel scannt bevor er diesen in den Einkaufswagen legt. An der Kasse muss nicht alles auf das Band gelegt werden. Der Scanner wird ausgelesen und der Betrag wird, je nach Supermarkt an einem Automaten mit Karte oder an einer speziellen Kasse, bezahlt. Das beugt lange Schlangen in den Kernzeiten vor. Die Supermarktkette Jumbo macht daraus sogar eine Werbeaktion: Sie versprechen dem vierten und allen darauffolgenden Kunden in der Reihe den Einkauf zu bezahlen. Das gilt leider nicht, wenn alle Kassen geöffnet sind, dann geben die Mitarbeiter bereits ihr bestes – ansonsten hätte ich schon mehrfach meinen Einkauf umsonst bekommen.
Sandwich, Sandwich, Sandwich
Zum Mittagessen gibt es präferiert Sandwiches, Sandwiches oder Sandwiches. Diese können entweder die Form von in etwa zehn labberigen Toastbroten annehmen, die vor Ort mit Scheibenkäse oder Pasten wie z.B. Kipcurry belegt werden, oder auch lecker belegte Baguettes aus der Kantine oder vom Supermarkt sein. Als Alternative kann man sich zum Mittagessen in der Kantine ein Gericht aus dem frittierten Sortiment aussuchen. Fairerweise muss aber auch erwähnt werden, dass es in den meisten Kantinen der Uni auch nicht-frittierte Gerichte, wie zum Beispiel „Reis mit Ketchup und Hühnchen“, aber auch eine Salatbar und eine Tagessuppe gibt.
Kolonialer Einfluss
Wie schon erwähnt, profitiert die niederländische Küche von der kolonialen Vorgeschichte ihres Landes: Es gibt einige indonesische Gerichte und Lokalitäten, die indonesisch-niederländische Gerichte anbieten. Einer meiner Favoriten ist Kip Tandoori, ein Hühnchen Gericht mit Reis und einer Tandoori-Sauce.
Mein Gesamturteil: Die niederländische Küche hat an herzhaften Speisen nach meinem Geschmack einiges zu bieten für den perfekten „Katertag“ und um „exotisch“ zu essen. Um das süße Angebot, sprich Poffertjes, Stroopwafels und Bossche Bollen, überdimensionale Windbeutel umhüllt mit Schokolade, muss ich zur Liebe einer gesunden Ernährung einen großen Bogen.