14. Februar 2017
Seminardiskussionen, Literaturrecherche und Mensapausen – der Ernst des Auslandsstudiums hat begonnen. Nur Ernst? Nein, natürlich nicht! Denn die Uni Oslo sorgt auch für Abwechslung, zum Beispiel engagiert sie zur Einstimmung auf das Wochenende jeden Freitag Musikgruppen für eine halbstündige Mittagspause. Ein fast normaler Tag auf meinem Campus in der norwegischen Hauptstadt.
Nur ein Katzensprung bis zum Campus
Ich wohne im Studentendorf Sogn, das bei internationalen Studenten sehr beliebt ist. Ein Grund besteht in der Nähe zum Campus Blindern, dem Hauptcampus der Uni Oslo. Er liegt fußläufig oberhalb des Stadtkerns im Nordwesten Oslos. Von meiner Wohnung bis zum Institutt for medier og kommunikasjon, das im sogenannten Forskningsparken (Forschungspark) beheimatet ist, brauche ich nur wenige Minuten. Meistens fahre ich eine Station mit der T-bane, der örtlichen U-Bahn. Wenn ich nach langen Unitagen Bedarf nach Frischluft habe, geht es aber auch zu Fuß sehr fix.
Architektonische Mischung
Architektonisch spiegelt der Campus die Geschichte der ältesten Universität Norwegens wider. Neben einigen Holzhäusern aus dem frühen 19. Jahrhundert stehen dort vor allem Hochhäuser aus den 60er- und 70er-Jahren, als sich die Studentenzahlen rasant vergrößerten. Aufgelockert wird der Anblick aber durch Skulpturen und Bäume, die im Sommer bestimmt auch mehr farbliche Abwechslung versprechen.
Skandinavische Lernatmosphäre
In den Gebäuden selbst sieht es allerdings meist deutlich weniger funktional aus als in Deutschland. Die Einrichtung ist in der Regel viel liebevoller. Die Hauptbibliothek im „Georg Sverdrups hus“ wurde 1999 eröffnet, der offene Eingangsbereich bis vor wenigen Wochen renoviert. Jetzt laden hier Sofas und Gruppenarbeitsräume zum Lesen, Ausruhen und Austauschen ein.
Die Lesesäle sind meistens sehr gefragt, denn die Norweger mögen die Trennung von Arbeit und Freizeit. Verbotsschilder wie in Deutschland sucht man zum Glück vergeblich. Das heißt ganz praktisch: Jacken und Taschen müssen nicht draußen bleiben, Getränkeflaschen müssen nicht durchsichtig sein, leises Reden wird nicht mit tötenden Blicken bestraft. Zwischendurch stärken sich die einheimischen Studenten mit einer neuen Ladung Snus, das ist der hier sehr beliebte Kautabak.
Mit Tangoschwung ins Wochenende
Nicht weniger ungewohnt ist das kostenlose Kulturangebot der Uni. Jeden Freitag lädt diese Mitarbeiter und Studenten während der Mittagspause zum Lunsj med kultur ein. In diesem Fall gab es eine halbe Stunde argentinischen Tango im Foyer der Bibliothek, der anscheinend besonders ältere Semester angelockt hatte. Im Video spielt die norwegische Gruppe Cantango das Stück „Canaro en Paris“ – perfekt für einen beschwingten Start ins Wochenende!
Sonnenuntergang auf dem Campus
Am Nachmittag steht für mich meistens Selbststudium in der Bibliothek auf dem Programm. Vorher sorgt ein Spaziergang durch das angrenzende Wohngebiet mit den klassischen skandinavischen Holzhäusern für Entspannung. Alternativ laden in jedem Gebäude die Cafés bzw. ab dem frühen Abend als Kneipen genutzten Räume der studentischen Fakultätsvereinigungen ein. Dort gibt es den mit Abstand günstigsten Kaffee in ganz Oslo.
Auf dem Weg zu den ebenfalls auf dem Campus befindlichen Fitnessstudios oder nach Hause geht es an einem weiteren Detail vorbei, das Farbe in das aktuelle Winterweiß bringt. Beamer projizieren das Uni-Wappen und (typisch Norwegen!) Symbole zur Mülltrennung auf den Boden. Spätestens jetzt weiß ich: Auf dem Campus der 1811 gegründeten „Universitas Osloensis“ fühle ich mich bestens aufgehoben.