5. Januar 2016
An einem grauen Dezembertag machte ich mich mit meinem Bibliotheksausweis auf zur „Unibib“ in Bukarest. Jede*r Studierende muss in diesen historischen Räumen mal gewesen sein. Was mich dort erwartete, glich allerdings eher einem Hochsicherheitstrakt als einer öffentlich zugänglichen Bibliothek.
Die Bibliothek liegt an der Prachtstraße Calea Victoriei und damit mitten im Zentrum, dorthin habe ich es von meinem Zimmer nicht weit. Das Gebäude macht von außen einiges her, es wurde als Palast der Universitätsstiftung von Rumäniens König Carol I. 1891 gebaut. Es gibt zwei Teile der Bibliothek, einen aus den 90er Jahren und einen alten Teil. Das musste ich mir natürlich persönlich angucken!
Als ich dann mit meinem Bibliotheksausweis vor dem Tresen im Eingangsbereich stand, wurde mir so langsam klar, dass es gar nicht so leicht ist, die Bibliothek tatsächlich zu betreten. Zunächst wurde ich in einen hinteren Raum gebeten, wo mein Personalausweis kontrolliert wurde und ich die Regeln der Bücherei als verstanden unterschreiben musste, bspw.:
„Das Schlafen in der Bibliothek ist strengstens untersagt.“ und
„Es dürfen keine Websites aufgerufen werden, die nicht dem akademischen Zweck dienen (z.B. Facebook)„.
Danach musste ich wieder zum ersten Tresen, wo ich auf die Person warten musste, die Englisch sprach. Bei ihr gab ich meinen Bibliotheksausweis ab, im Gegenzug bekam ich einen Schlüssel für ein Schließfach, eine laminierte Karte mit einer „27“ und eine dicke Plastikkarte. Meinen Rucksack eingeschlossen und meine Jacke bei den netten Damen an der Garderobe abgegeben (da bekam ich noch eine weitere Karte mit der Nr. 17 für meine Jacke), ging ich zu einer Glastür. Um diese zu öffnen musste ich die dicke Plastikkarte an einen Sensor halten (was übrigens gar nicht so leicht ist, wenn man einen Laptop, Block, Stifte, Wasserflasche und noch drei weitere Karten in der Hand hat). Nun stand ich im 90er Jahre Teil der Bibliothek. Na gut, der beeindruckte mich ehrlich gesagt nicht so, ich wollte schließlich die alten Lesesäle bestaunen!
Also machte ich mich auf Erkundungstour, lief durch irgendwelche Türen und Flure. Und tatsächlich, irgendwann durchquerte ich so etwas wie einen Konferenzsaal und gelangte zu einer alten, schicken Eingangshalle. Studierende hatte ich schon lange nicht mehr gesehen.
35 Fotoaufnahmen später, als ich gerade in einen Lesesaal eintreten wollte, kam eine Dame hinaus und guckte mich mit großen Augen an. Ich sagte, dass ich mich verlaufen hätte und in einen der Säle wolle. Sie antwortete, dass der ausschließlich für Professor*innen sei. So ein Mist! Damit war mein Plan geplatzt. Sie führte mich zurück in den 90er Jahre Teil. Dort musste ich die laminierte „27“ an einem Tresen abgeben und bekam dafür Arbeitsplatz Nr. 32 zugewiesen (in der rumänischen Bibliothek wird also nichts dem Zufall überlassen). Ich fing an, den Online-Katalog nach Literatur zu durchforsten. Und als ich zu meiner Sitznachbarin blickte, sah ich, wie sie auf Facebook unterwegs war. Manche Dinge sind doch überall gleich!