18. April 2017
Die „schnellsten“ drei Monate meines Lebens liegen hinter mir. Schnell, weil es mit dem Neustart in einer neuen Stadt, an einer neuen Uni und in einem neuen Klima viele Impressionen innerhalb kürzester Zeit gab. Jetzt ist Zeit für ein Zwischenfazit: Wie war der Oslo-Winter und welche Erwartungen haben sich erfüllt?
Viele andere Austauschstudenten sind kurz nach Semesterbeginn gleich in den Reisemodus gewechselt, vor allem die Kommilitonen aus Übersee starteten (verständlicherweise) zu Erkundungstouren in ganz Europa. Ich habe das komplette Gegenteil versucht: Möglichst viel Zeit in und um Oslo verbringen, die Lieblingsaktivitäten der Einheimischen ausprobieren und möglichst tief in die norwegische Campuskultur eintauchen. Herausgekommen sind drei Monate, in denen ich sowohl die Outdoor-Möglichkeiten der norwegischen Hauptstadt als auch das Innenleben vieler Gebäude und der Gesellschaft kennengelernt habe.
Draußen hui: Freizeit in der grünsten Hauptstadt Europas
Dass Oslo als grünste Hauptstadt Europas gilt, liegt vor allem an den extrem kurzen Wegen in die Wälder und Fjorde rund um die Stadt. Besonders beliebt als Spazierziele sind die Hügel und Gipfel, von denen man einen freien Blick auf den Fjord hat. Eine der besten dieser Aussichten auf den Fjord im Sonnenuntergang bietet der „Vettakollen“, ein Hügel, den ich zu Fuß von meiner Wohnung in weniger als drei Kilometern erreiche. Der Aufstieg auf die 419 Meter über dem Meeresspiegel lohnt sich immer!
„Bretter, die die Welt bedeuten“: Im Osloer Winter sind das für mich keine Theaterbühnen, sondern Langlaufskier. An allen Wochentagen und zu allen Uhrzeiten trifft man auf den Straßen Oslos Norweger in voller Montur. Auch ich habe meine Begeisterung für den relativ schnell erlernbaren Volkssport entdeckt und die Loipen und Abfahrten unsicher gemacht. Aber auch in der Innenstadt gab es viel zu sehen, zum Beispiel Fähren als Eisbrecher im Fjord und königliche Leibgardistinnen beim Patrouillieren im Anti-Rutsch-Schritt.
Drinnen hui: Studieren, Monarchie hautnah und Hüttenromantik
Aber das Auslandsstudium hat natürlich auch einen Indoorteil. Mit welcher Begeisterung ich meinen Campus, die hiesige Studierkultur und meine Kurse vorgefunden habe, verdeutlicht mein Portrait vom Fotowettbewerb zum Tag der offenen Tür der Uni Oslo. Für die Mensa- und Fitness-Gutscheine hat es leider trotzdem nicht gereicht… Vielleicht, weil ich das Foto unwissentlich erst fünf Minuten nach Ende der Deadline hochgeladen hatte?
Wenn mit meinen Masterkursen die Pflicht erfüllt ist, hat die Uni noch ein riesiges Angebot an weiteren Veranstaltungen. Wie das folgende Video zeigt, war ich zum Beispiel bei einer Konferenz zu den Erfahrungen der nordischen Länder mit den aktuellen globalen Herausforderungen. Ein Tag, nachdem Norwegen im Weltglücksbericht als glücklichstes Land der Welt verkündet wurde, begründete der isländische Präsident Guðni Th. Jóhannesson als Gastredner das norwegische Erfolgsmodell so: Die Gesellschaft basiert auf Vertrauen, Kooperation und Gleichberechtigung, denkt progressiv und inklusiv. Besser hätte ich meinen Eindruck vom sozialen Miteinander der Norweger nicht beschreiben können.
Noch besser als Jóhannessons Vortrag war übrigens der Fakt, dass er vom norwegischen König Harald V. begleitet wurde. So durfte ich zum ersten Mal Monarchie selbst miterleben, wobei sich das „Erheben Sie sich für seine Majestät den König“ (Anfang des folgenden Videos) etwas mittelalterlich anfühlte. Ansonsten zeigt mein Video noch andere Indoor-Highlights: ein spontanes Konzert in der Holmenkollen-Kapelle, dampfende Socken am Hüttenkamin und Probesitzen in der zweiten Kammer des norwegischen Parlamentes „Storting“, die 2009 abgeschafft wurde.
Das heißt kurz gesagt: Die ersten drei Monate waren super, ich hoffe die zweite Hälfte vergeht weniger schnell!