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Luleå University of Technology Top oder Flop?


In der Regel verbindet man mit Skandinavien ein erstklassiges Bildungssystem. Doch was für Eindrücke habe ich bis jetzt erhalten? In Schweden ist das Semester in zwei Quartale unterteilt. Nachdem ich das erste Quartal erfolgreich absolviert habe, kann ich eine erste Zwischenbilanz ziehen. So viel sei vorweggenommen: Meine Erwartungen wurden nicht erfüllt.

Meine sehr subjektiven Eindrücke habe ich in die Bereiche

  1. Ausstattung
  2. Organisation
  3. Lehrbetrieb
  4. Leistungsbewertung
  5. Fazit

unterteilt.

Um meine Bewertungen einordnen zu können ist es essentiell zu wissen, was ich studiere und welche Studiengewohnheiten ich habe. Deshalb möchte ich einleitend ein wenig über mich erzählen:

Ich studiere Physikalische Ingenieurwissenschaft. Was verbirgt sich dahinter? In meinem Studium setzte ich mich theoretisch mit einer Ingenieurdisziplin auseinander, um später zu forschen und zu entwickeln. Im Vergleich zu Maschinenbau ist der Anteil an Methodenkompetenzen größer als der Anteil an Fachkompetenzen. Sozialkompetenzen erlernen wir nicht ;-). 

Da meine Zuhörfähigkeiten begrenzt sind, neige ich in schlechtem Frontalunterricht dazu schnell abzuschalten. Das wichtigste in meinem Studiengang ist allerdings die Lehrinhalte selbst zu durchdenken. Darum ist es bei  manchen Lehrveranstaltungen für mich am effektivsten zu Hause mit einem guten Buch zu arbeiten. 

1. Ausstattung

Darüber habe ich euch schon einmal in einem Beitrag berichtet. Zusammenfassend kann man sagen, dass die LTU in Hinsicht auf die Ausstattung super ist. Mir fallen keine Verbesserungsvorschläge ein.

Ein Vorlesungsraum. Genial finde ich die Bürostühle, auf denen man sehr bequem sitzt. Da kann die TU Berlin nicht mithalten.

2. Organisation

In der Regel macht man in einer Semesterhälfte zwei Module gleichzeitig. Das normale Studienpensum pro Semester sind ja 30 ECTS. Es werden pro Quartal zwei Kurse a 7,5 ECTS belegt. Damit ist der Umfang eines Moduls unflexibel oder der tatsächliche Aufwand kann nach oben und unten stark abweichen. Da man sich immer nur mit zwei Fächern gleichzeitig beschäftig, ist der Arbeitsaufwand pro Fach pro Woche hoch. Außerdem gibt es keinen festen Stundenplan, aber mit Hilfe des Kalenders des Studierenden-Portals behält man den Überblick. Es lohnt sich auch manchmal den Blick in die weitere Zukunft zu richten. Ich habe erst kurz vorher festgestellt, dass ein Kurs, aus welchen Grund auch immer, drei Wochen lang nicht stattfindet.

Auf der einen Seite ist es gut sich gleichzeitig nur mit zwei Modulen auseinander zu setzten. Auf der anderen Seite ist bei diesem System der Umfang der Module aber meist recht groß. Deshalb kann man nicht so leicht aus Interesse und zum Ausgleich zu dem ingenieurwissenschaftlichen einen kleineren geistes-, sozial- oder wirtschaftswissenschaftlichen Kurs besuchen.

3. Lehrbetrieb

In meiner Uni in Berlin sind viele Kurse in Vorlesung, Übung und Tutorium unterteil. Selten muss man während des Semesters viel mitarbeiten, sondern es genügt am Ende mit einer einzigen Prüfung das Modul abzuschließen.

In Schweden gibt es nur Vorlesungen und Laboratorien. Laboratorien sind Computerübungen oder kleinere Versuche. Tutorien fallen weg. Deshalb muss man den Stoff selbst zusammenfassen. Darüber hinaus muss man meist für ein Fach drei bis fünf Assignments abgeben. Das sind zum Teil sehr zeitintensive und umfangreiche Aufgaben. Daher ist in Schweden die Phrase „Ich muss demnächst ein Assignment abgeben“ eine Analogie zu „Ich habe gerade keine Zeit“. Allerdings ist man dadurch gezwungen während des Semesters gut mitzuarbeiten und die Modulnote setzt sich nicht nur aus der Klausur zusammen.

Generell sind die Kurse, die ich bis jetzt besucht habe, deutlich praktischer orientiert. Dadurch ist der Kursinhalt nicht immer logisch zusammenhängend. Drüber hinaus finde ich das Niveau niedriger als an meiner Heimatuniversität in Berlin.

4. Leistungsbewertung

In die Modulnote fließen die Assignments, manchmal ein Projekt und gegebenenfalls eine Klausur mit ein. Mich hat überrascht, dass in Luleå keine Klausuren geschrieben werden, in denen die Studenten unter Zeitdruck geraten.

Noten spielen in Schweden aber auch nur eine untergeordnete Rolle. Entweder man hat einen Kurs bestanden oder nicht.

5. Fazit

Obwohl in den Vorlesungen nur maximal 30 Studierende sitzen, gibt es nicht mehr Interaktion zwischen der lehrenden Person und den Zuhörern. In Berlin ist zumindest in den Tutorien eine aktive Beteiligung gefordert, die es in Schweden ja aber nicht gibt. Das habe ich mir anders vorgestellt.

An der LTU habe ich manchmal das Gefühl, dass ich unnötig viel Zeit benötige, um Informationen zu beschaffen. Das liegt hauptsächlich daran, dass es zu den Modulen kein Skript gibt, was der/die Professor/in herausgibt.

Allerdings ist die Projektarbeit, die in vielen Fächern gefordert wird, eine sehr gute Vorbereitung auf die späteren Anforderungen im Beruf.

Wenn ich mein wissenschaftliches Vorankommen in Schweden mit der Heimat vergleiche, dann muss ich feststellen, dass ich in Berlin effektiver bin. Gründe dafür sind hauptsächlich der deutlich praktischerer Fokus der Kurse und das niedrigere Niveau.

Abschließend ist es mir allerdings wichtig zu sagen, dass für mich das universitäre Weiterkommen für ein gelungenes Auslandssemester nur eine untergeordnete Wichtigkeit hat. Die zentrale Motivation im Ausland zu sein ist die Chance auf Persönlichkeitsentwicklung. In einem neuen Umfeld warten neue Herausforderungen. Das Entwerfen eines neuen Alltags helfen dabei, seine eigenen Gewohnheiten und seine Lebensweise zu überdenken. Nicht zuletzt finde ich es spannend sich mit einer anderen Gesellschaft auseinander zu setzten und Vor- und Nachteile im Abgleich mit dem Gewohnten zu entdecken.

 

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