30. Oktober 2017
Auch wenn Karlsruhe und Straßburg nur eine Stunde voneinander entfernt sind, unterscheiden sich die beiden Unis doch sehr.
Die Unterschiede beginnen schon an der Eingangstür. In Straßburg muss man immer den Studentenausweis vorzeigen. Außerdem stehen den ganzen Tag ein oder zwei Sicherheitsbeamte vor dem Gebäude. Auch wenn sie die Studenten vom Sehen her kennen, fordern sie einen trotzdem jeden Tag auf, den Studentenausweis vorzuzeigen. Sonst kommt man nicht in das Universitätsgebäude.
1. Die Schule steht im Namen
Das kann man schon am Namen ablesen. École = Schule.
2. Feste Arbeitsplätze — Fehlanzeige
In Straßburg schließt die Uni schon gegen 22.00 Uhr und man hat keinen eigenen, festen Arbeitsplatz. Dies fördert noch mehr Eigenorganisation. In Karlsruhe kann man rund um die Uhr in den Arbeitsräumen arbeiten und man hat seinen eigenen Arbeitsplatz, in dem man seine Geräte stehen lassen kann.
3. Vorsicht bei der Bestellung eines „Café“
Die Kafet (das Unicafé) in Straßburg ist recht gut ausgestattet. Es gibt sehr leckeren Kaffee für 0,30 Euro. Das ist schon sehr günstig, sowohl für französische wie auch für die deutschen Verhältnisse. Doch Vorsicht beim Bestellen! Bestellt man einen „café“ heißt das, man bestellt einen Espresso. Man muss dazu also „café allongé“ sagen, dies ist der „normale Kaffee“ – verlängerter Espresso.
Außerdem gibt es auch im Sortiment viele verschiedenen Biersorten. Und dann sitzt man des öfteren noch in der Kafet und trinkt noch ein Feierabendbier mit den Kommilitonen.
4. Aufenthaltsraum — Arbeitsraum und Treffpunkt zugleich
Die Kafet in der ENSAS ist gleichzeitig der Aufenthaltsraum, in dem man arbeitet und sich einfach nur trifft. Es gibt verschiedene Veranstaltungen, zum Beispiel von der studentischen Organisation, der CERF. Die CERF ist aber nicht mit der Fachschaft zu vergleichen.
5. Entwurf in Deutschland nicht gleich projet in Frankreich
Hier gibt es grundlegende Unterschiede. In den französischen Unis redet man zu Beginn sehr viel und analysiert lange und intensiv. Auch die konzeptionelle Phase des Projektes ist um einiges länger als bei den meisten Architekturfakultäten in Deutschland. Anders als hierzulande werden in den Anfangswochen oft die Umgebungsmodelle gebaut. Es ist super, dass man beide Systeme testen kann. In meinen Augen sind die Herangehensweisen extrem unterschiedlich. Von beiden Seiten kann man etwas lernen.
6. Finanzierung der Exkursionen / voyages?
Dieses Semester haben 44 Kommilitonen und ich das Glück nach Tokio zu gehen. Organisiert wird dies von meiner französischen Uni, die den Flug bezuschusst. Ich musste lediglich 150 Euro dazu zahlen. Das Gleiche hatte ich auch schon damals in Paris an meiner Erasmus-Uni, der ENSAPM Paris-Malaquais erlebt. Damals wurde sogar der gesamte Flug nach China übernommen. Jedoch gab es Schwierigkeiten mit dem Visum, da die Universität uns zu spät über die Reise informiert hatte. Das bedeutete, dass wir uns um ein Express-Visum kümmern mussten.
In Frankreich funktioniert dieses System sehr gut. Jeder, der gerne einen Entwurf im Ausland mit Exkursion (voyage) belegen möchte, kann dies auf Grund der guten Zuschüsse auch tun. Dafür muss ich als Studentin gar nichts machen, das „Stipendium – bourse“ läuft entweder direkt über die Uni oder den Professor!
Es werden auch öfters Tagesexkursionen angeboten. Die Universität übernimmt die Fahrtkosten vom Bus und den Eintritt. Einmal gab es sogar belegte Baguettes mit Éclaires und Getränken. Also sind wir wieder beim „Schulthema“ angelangt – man ist rundum versorgt. Vor allem wenn es ums Essen geht!
In Deutschland bekommt man sehr wenig bis keine Bezuschussung für Architektur-Exkursionen. Und wenn doch, muss man sich selber darum kümmern oder es ist eine ganz spezielle Exkursion. Ein Professor, der sich dafür einsetzt, dass 45 Studenten einen Zuschuss erhalten, wie das bei der Tokyo-Exkursion der Fall war, habe ich in Deutschland noch nie erlebt.
Dort ist es eher so, hast du kein Geld, kannst du nicht mit.
7. „In Frankreich war ich bisher in allen Kursen immer die Älteste.“
In meinen ganzen Semestern, die ich in Frankreich bisher verbracht habe, war ich eigentlich immer eine der Ältesten. Woran das liegt? Die Studenten in Frankreich sind sehr an das Unisystem gebunden, und müssen auch viel mehr bürokratische Hindernisse bewältigen (weiter unten gebe ich ein Beispiel dafür) und können sich deshalb nicht so einfach ein oder zwei Jahre Praktika und Erasmus leisten. Zudem beenden sie ihr Abitur im Schnitt früher. In Deutschland machen viele auch noch ein Jahr Work-and-Travel. Das ist in Frankreich auch nicht so üblich.
8. Französische Bürokratie am Beispiel des Praktikumsberichtes
Die Bürokratie in Frankreich ist manchmal etwas verwirrend. Als Beispiel sei der Praktikumsbericht in Paris zu nennen, für den ich sehr viele Dokumente einreichen musste. Da gibt es zum einen die „convention du stage“. Diese muss vor dem Praktikum an der zuständigen Stelle abgegeben werden. Dann musste ich einen ca. 15- seitigen Praktikumsbericht auf Französisch schreiben. Zum Ende des Praktikums gibt es dann noch eine „fiche evalution – Evalution“ und „stage attestation – Praktikumbestätigung„. In Straßburg bekommt man aber für den Praktikumsbericht 8 ECTS und dieser wird auch benotet, was nicht gerade wenig ist. In Deutschland musste man lediglich eine Bescheinigung und ein Zeugnis anfordern lassen und dieses im zuständigen Büro abgeben. Dafür bekommt man 5 ECTS, wenn man diese als Schlüsselqualifikation anrechnen lässt. Noten gibt es dafür nicht.
9. Minimalistische Werkstätte
Die Werkstattauswahl in Straßburg ist leider sehr minimalistisch ausgestattet. Eine tolle Holzwerkstatt, Metall- oder Modellbauwerkstatt mit allen möglichen Sägen und Geräten gibt es leider in Straßburg nicht.
10. Plotten
Große Pläne für die Präsentationen sind in Straßburg um einiges billiger zu drucken, als in Karlsruhe.