28. August 2017
Am 15.08.17 feierte ganz Indien seinen 47. Unabhängigkeitstag. Lange Zeit war es unter britischer Regierung, bis es sich 1947 von dieser befreite. Im Land der unzähligen Festlichkeiten wird dieses wichtige Ereignis groß gefeiert. Aus pragmatischen Gründen wurde die Feierlichkeit mit einem Hindu-Fest verbunden. Hier ist man flexibel. Ich war als „Chief Guest of Honour“, als Ehrengast, gleich an zwei Schulen eingeladen. Natürlich vergingen meine Besuche nicht, ohne auch eine Rede zu halten. Wie schon so oft, durfte (bzw. musste, je nachdem, wie man es sieht) ich vor der gesamten Schule sprechen.
Die Rektorin der VDJS spricht über die Geschichte des Landes.
Da die GD Goenka Global School am Unabhängigkeitstag offiziell geschlossen hatte, wurde die Festlichkeit kurzer Hand einen Tag nach vorn verlegt. Das passt super, denn am 14.08. feiert man in Indien das Fest Krishna Janmashtami, die Geburt des Hindu Gottes Lord Krishna. Beide Feste wurden einfach mal im Rahmen einer Feier geehrt. Das Mädcheninternat , in dem ich zu der Zeit arbeitete, machte es genau anders herum. Am 15.08. wurden dort die Feierlichkeiten des Unabhängigkeitstags und Krishna Janmashtami zusammen gefeiert. Ideal für mich. Ich konnte Ehrengasthopping machen und allen Einladungen nachkommen. Ein Hoch auf die flexiblen Feiertagszeremoniehandhabungen in Indien.
Zu feierlichen Anlässen kommt die gesamte Schule zusammen. Es werden Gedichte vorgetragen, Lieder gesungen, Tänze getanzt und an die jeweiligen Ereignisse erinnert. Alles ist bunt, prächtig geschmückt, leuchtet und glitzert. Als Ehrengast saß ich neben der Schulleitung auf einem Sofa direkt vor der Bühne und konnte das Spektakel ganz aus der Nähe betrachten. Leider hatte ich zu dieser Zeit weder Handy noch Kamera und konnte die Events nicht für euch festhalten, aber glaubt mir, es war wundervoll. Die Feier hier war militärischer ausgerichtet. Es gab Paraden und Sportwettkämpfe.
Dann hieß es plötzlich, dass „Mrs. Clara“ doch nun bitte ihre „words of wisdom“ teilen solle. Ehhm, was? Wörter der Weisheit? Puh. Ob ich mit 28 Jahren dazu schon in der Lage bin? Aber gut, kneifen ging nicht. Es gab kein zurück. Hunderte Augen waren auf mich gerichtet. Ich stand auf, ging zum Mikrofon, räusperte mich und sprach über meine Erfahrungen in Indien und über die Wichtigkeit von Unabhängigkeit und Offenheit gegenüber anderen Kulturen.
Und so stand ich dann am Pult und sprach über alles, was mir auf dem Herzen lag.
Eine Rede vor hunderten von Menschen zu halten ist schon ein wenig angsteinflößend. Aber es fühlt sich gut an, seine Gedanken zu teilen, seinen Dank für die Gastfreundschaft des Landes zu äußern und daran zu erinnern, wie wichtig es ist, kritisch, unabhängig und frei zu denken, dabei aber niemals das Gute aus den Augen zu verlieren. All meine Worte kamen von Herzen, denn all das habe ich während meinen Auslandsaufenthalten gelernt.
Ich war dankbar, all diese Herzensangelegenheiten mit so vielen Menschen zu teilen. Und während ich am Pult stand und sprach, dachte ich mir “ja, meine Reisen haben mich tatsächlich schon ein wenig weise gemacht”.