30. Oktober 2017
Britische Universitäten nehmen jährlich 30.000 Studierende aus dem Programm Erasmus+ auf. Aber was passiert nach dem Brexit? Ein Interview mit Dr. Georg Krawietz, dem Leiter der DAAD-Außenstelle in London.
Wie hat die Hochschullandschaft im Vereinigten Königreich auf das Brexit-Votum reagiert?
Zunächst herrschte geradezu Schockstarre. Die Universitäten hatten sich sehr dafür eingesetzt, dass es nicht so weit käme. Nach dem Votum mussten sich alle zunächst einmal sammeln.
Was kann der Brexit an den Universitäten verändern?
Natürlich spielt die finanzielle Seite eine Rolle. Es gibt aber Hoffnung, dass „Horizon 2020“ – das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation – wie geplant umgesetzt wird. Mehr noch beschäftigt die britischen Hochschulen die Zukunft der wissenschaftlichen Kooperationen mit europäischen Unis. Rissen diese ab, wäre das ein erheblicher inhaltlicher Verlust.
Wie geht es mit Erasmus+ nach dem Austritt weiter?
Schon heute ist Erasmus+ kein Programm nur für EU-Mitgliedsstaaten. Auch die Türkei oder Norwegen sind beispielsweise dabei. Sofern die britische Seite nicht mehr teilnehmen könnte, wäre das für die Hochschulen ein Problem: Allein 40 Prozent der Studierenden im UK gehen dank Erasmus+ ins Ausland. Auch die europäische Seite will Großbritannien mit seinen vielen beliebten Hochschulen als Gastland nicht verlieren. Ich könnte mir deshalb vorstellen, dass für den Erhalt des Programms gekämpft werden wird. Ob das politisch möglich und gewollt ist, ist derzeit aber eine offene Frage.
Die Republik Irland bleibt in der EU. Wird sie jetzt zum Ausweichstandort für die, die ins englischsprachige Ausland wollen?
Die Republik Irland würde wohl an Bedeutung gewinnen, wenn nach einem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs nur noch sie und Malta als englischsprachige Länder im Erasmus+ Raum verblieben. Die Aufnahmekapazität ist angesichts der vergleichsweise kleinen Zahl irischer Hochschulen allerdings überschaubar. Deshalb kann Irland wohl nur bedingt ein Ausweichstandort werden.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Ausgabe 2017 von „Erlebe Es – das Magazin für Auslandsaufenthalte“, das du hier zum Download findest.
UPDATE
EU-Studierende, die noch zum akademischen Jahr 2018/2019 ihren Auslandsaufenthalt in Großbritannien antreten, werden für die gesamte Dauer des Studiums zu den gleichen Bedingungen studieren können, die auch für britische Studierende hierzulande gelten. Das stellt Dr. Georg Krawietz im Deutschlandfunk-Interview (14.10.2017) klar.
Hilfreiche Links
- Unmittelbar nach dem Brexit hat UK-Correspondent Annika ihre Gedanken dazu in einem Beitrag festgehalten. (1.6.2016)
- Über aktuelle Entwicklungen in Sachen Erasmus und Brexit hält euch euer International Office auf dem Laufenden.
- Mit Erasmus+ ins Ausland
- Zum Länderprofil Großbritanniens auf daad.de