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Offroadtrip durch Patagonien die Tücken der Einsamkeit


In unserer freien Woche vor Ostern entschieden wir (drei Freundinnen aus meiner Uni in Valparaiso und ich) uns für einen Roadtrip durch die malerische Region der tausend Seen und Vulkane im Süden Chiles. Das Vorhaben mag traumhaft klingen. Die Realität war aber so: Am Ende eines Tages an dem wir tausend Kilometer Schotterpiste hinter uns hatten, befanden wir uns meistens am Ende der Zivilisation. Und da fingen die Probleme an.

Unsere Reise startete mit einer zehnstündigen Nachtfahrt im luxuriösen Bus. Da Entfernungen wie diese in ganz Südamerika alltäglich sind, sind die Busse hier wirklich gut ausgestattet. Unsere Sitze waren ein halbes Bett und wir bekamen sogar einen Snack – fast wie im Flugzeug. Am nächsten Morgen machten wir uns von Temuco aus mit unserem kleinen roten Mietwagen auf den Weg ins Abenteuer (und damit gingen unsere Probleme los).

1. Regen und Nebel in Südchile

Plan für Tag eins war es, die grün glitzernden Wasserfälle in Pucón zu besichtigen und den weißen Sand der Playa Blanca zu bewundern. Aber leider regnete es. Eigentlich hätten wir damit rechnen müssen, schließlich sind Tage ohne Regen im Süden Chiles eher eine Ausnahme. Der Nebel ließ die Wasserfälle, Seen und Hügel düster erscheinen. Eindrucksvoll war es trotzdem.

2. Die Autobahn – beliebt nicht nur bei Autofahrern

Wir mussten schnell feststellen, dass chilenische Autobahnen ziemlich anders sind als deutsche. Und das nicht nur wegen der Fußgänger, Radfahrer und Bushaltestellen auf dem Seitenstreifen. Am Straßenrand gibt es immer wieder „inoffizielle“ Einfahrten, damit auch die Einwohner kleiner Dörfern schnell auf die Autobahn kommen und ihnen die lange Fahrt zur offiziellen Auffahrt erspart bleibt. Der einzige Grund, warum es sich gelohnt hat ständig Mautgebühren zu bezahlen: Wir konnten uns darauf verlassen, dass die Teerstraße nicht nach ein paar Kilometern in eine Schotterpiste übergeht. Nach einigen schlechten Erfahrungen war das auf jeden Fall unsere oberste Priorität (siehe 3.).

Radfahrer auf einer Autobahn
Radfahrer auf der Autobahn

3. Vom Roadtrip zum Offroadtrip

Sieben Seen in zwei Tagen? Mit dem Auto kein Problem – dachten wir. Leider hatten wir nicht damit gerechnet, dass „Nebenstraßen“ in Chile meistens nicht befestigt oder geteert sind. Hinzu kam eine 20 km lange Baustelle auf besagter Schotterpiste und wir befanden uns für mehrere Stunden mitten in einer abgelegenen Hügellandschaft irgendwo im Nirgendwo, weit weg von der Zivilisation. Natürlich ohne Mobilfunknetz. Das Gute: Wir hatten die Aussichtspunkte komplett für uns alleine und konnten traumhafte Ausblicke auf die patagonische Landschaft genießen.

Einen Tag später fuhren wir in eine sehr abgelegene Gegend des Nationalparks Vicente Perez Rosales. Ein Einheimischer hatte uns diesen Reisetip gegeben. Wir erhofften uns wunderbare Blicke auf den Osorno-Vulkan, jedoch mussten wir auf diesem Ausflug wieder einmal mit kilometerlangen Schotterstraßen durch dschungelartige Wälder vorliebnehmen. In Erinnerung geblieben ist vor allem ein schockierender Moment: Am Berg drehten die Reifen unseres Kleinwagens plötzlich durch. Statt stehen zu bleiben, rollten wir herunter und fuhren beinahe gegen einen umgefallenen Baumstamm. Irgendwie schafften wir es dann doch noch sicher nach oben. Dort erwartete uns dann die nächste Überraschung: Ein gruseliges, verlassenes Haus mit der Aufschrift „Café“. Was hätten wir dafür gegeben, dort jemanden anzutreffen. Fehlanzeige! Nach einem fünfminütigen Spaziergang durch Nieselregen entschieden wir uns, den Rückweg anzutreten. Die Schotterpisten und das Regenwetter begleiteten uns fast jeden Tag. Wir waren am Ende einfach nur froh, dass unser Kleinwagen alles gut überstanden hatte und das wir wenigstens einen sonnigen Tag hatten um die Aussicht zu genießen.

 4. Kochverbot im Hostel und ein riesiger Wasserschaden

Grundsätzlich hatten wir viel Glück mit unseren Hostels. Eine Nacht verbrachten wir allerdings in einer weniger ansprechenden Unterkunft. Dieses Erlebnis werden wir so schnell nicht vergessen. Wir hatten uns vorher extra informiert, ob man in diesem Hostel kochen kann. Als wir jedoch gerade dabei waren, unsere Champignon-Gemüse-Nudelpfanne zuzubereiten, kam die Besitzerin des Hostels in die Küche und fragte uns erschrocken, was wir da gerade tun würden. Genervt erklärte sie uns, dass man nur Tee kochen und Essen aufwärmen dürfe. Als wäre das nicht schon genug gewesen, wies unser Zimmer einige Mängel auf. Das erste Problem war, dass das Hochbett keine Leiter hatte und ich springen musste, um nach oben zu gelangen. Am nächsten Morgen fiel uns dann ein leises Tröpfeln auf, welches aus dem Bad zu kommen schien. Als wir nachsahen, bemerkten wir, dass das gesamte Bad unter Wasser stand. Wir versuchten der Besitzerin zu erklären, was geschehen war. Unsere ausführliche Schilderung auf Spanisch bestand zum größten Teil aus den Wörtern „roto“ (kaputt, gebrochen) und „mojado“ (nass). Leider nahm uns die gute Frau nicht wirklich ernst und meinte, es wäre ganz normal, dass es im Bad nass sei. Als wir ihr zeigten, dass es ein Stockwerk tiefer auch schon tropfte, verstand sie endlich unser Problem. Wir waren froh, als wir dort wieder weg waren.

5. Auf der Pinguininsel – ohne Pinguine

Chiloé ist die größte Insel Chiles und bietet neben den bekannten Holzkapellen und Häusern auf Stelzen auch wunderschöne Natur, einsame Strände und: Pinguine. Diese wollten wir nach unserer Schifffahrt auf die Insel natürlich zuerst sehen. Um zur Pinguininsel zu gelangen, parkten wir unser Auto am Strand und wollten uns dann mit einem kleinen Boot auf die Suche nach den brütenden Pinguinen machen. Leider war der Wind so stark und die Wellen so hoch, dass kein Boot den Strand verlassen konnte und wir uns nach einem kurzen Spaziergang an den Klippen mal wieder für den Rückweg entschieden. Zum Glück entkamen wir noch rechtzeitig den Wellen, denn wegen der Flut wäre unser kleines rotes Auto fast im Meer versunken.

grüne Klippen und Hügel im Meer
die Pinguininsel

Patagonien – eine Reise wert

Patagonien erstreckt sich über fast den gesamten Süden von Chile und Argentinien. Ich kann bis jetzt nur von dem nördlichen Teil Patagoniens in Chile sprechen, aber die Landschaft erinnert mich ein bisschen an die Schweiz. Es gibt viele Seen, dunkle Wälder, Berge, grüne Weiden, viele Kühe. Der größte Unterschied ist wahrscheinlich, dass das Land sehr dünn besiedelt ist. Man fährt kilometerweit geradeaus ohne irgendjemandem zu begegnen. Alles ist ruhig, manchmal gibt es vereinzelte Hütten. So viel Freiheit. So viel Einsamkeit. Es ist faszinierend. Aufgrund einer durchschnittlichen Bevölkerungsdichte von zwei Einwohnern pro Quadratkilometer, gelten Dörfer mit 1.000 Einwohnern hier als „große Städte“ Chile eine Fläche von ca. 760.000 km² und ungefähr 18 Mio. Einwohner hat, wovon ca. 7 Mio. in der Hauptstadt Santiago leben, ist es kein Wunder, dass man niemandem begegnet. (Zum Vergleich: Deutschland hat ca. 83 Mio. Einwohner auf einer Fläche von rund 360.000 km²).

Letztendlich haben all diese Schwierigkeiten unsere Woche in Patagonien besonders gemacht und ich bin dankbar für jede einzelne Erfahrung. Ich hatte die beste Begleitung (♥) und habe jetzt viele neue Geschichten zu erzählen. Unsere deutschen Pläne gehen hier in Chile eben nur sehr selten auf und das ist auch gut so. Denkt daran: Die besten Erfahrungen macht man einfach außerhalb der Komfortzone!

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