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Punkte, Profs und Prüfungen: Uni-System in Italien


Trotz Bologna-Reform gibt es zwischen deutschen und anderen europäischen Unis noch immer Unterschiede im System. Auch der Umgang mit Studierenden unterscheidet sich in anderen Ländern enorm von Deutschland. Welche Besonderheiten dabei das italienische Universitäts-System bietet, beschreibe ich euch hier.

Lockere Beziehungen zwischen Studierenden und Dozierenden

„Sehr geehrte Frau Prof. Dr…“, alleine schon eine E-Mail an Dozierende zu schreiben ist in Deutschland eine echte Herausforderung – ja keinen Titel vergessen, welche Anrede verwende ich, wie drücke ich mich möglichst höflich aus? Darüber hinaus habe ich in Deutschland eigentlich nur im absoluten Ausnahmefall an ProfessorInnen geschrieben, für alles Organisatorische sind diese ohnehin nicht zuständig und es schien auch so, als wäre ihre Zeit sehr limitiert. Hier in Italien habe ich die Beziehungen zwischen Dozierenden und Studierenden aber sehr anders wahrgenommen: kurze Nachfrage zum Klausurentermin? Meine KommilitonInnen schreiben dem Prof. Du suchst noch Literatur für deine Seminararbeit? Der Prof hilft dir gerne weiter. Auch im direkten Umgang merkt man einen Unterschied: hier grüßt mich jeder Professor auf dem Flur mit Vornamen, E-Mails enthalten mit viel Small-Talk auch mehr als die üblichen Informationen und enden nicht selten mit einem „Ciao“. Mein Betreuer für die Masterarbeit steht rund um die Uhr zur Verfügung: kurze Nachfrage per Mail am Samstagabend um 10? Die Antwort liegt um 10.05 im Postfach, inklusive Hinweise zu Förderungsmöglichkeiten oder Roman-Vorschlägen, die das Thema behandeln. Sicherlich liegt das auch daran, dass meine Kurse hier im Master oft nur aus zehn bis 15 Leuten bestanden und man sich zwei Mal wöchentlich trifft, außerdem wird auf Titel bei weitem nicht so viel gegeben wie in Deutschland.

Notensystem: Punkte

In Italien gibt es keine Noten von 1-6, sondern Punkte mit einem Maximum-Wert von „30 mit Auszeichnung“, also sozusagen eine eins mit Stern. Das ermöglicht es, Prüfungsleistungen gestaffelt anzulegen: So hatte ich beispielsweise einen Kurs, der für Anwesenheit, Mitarbeit, Referate, Essays und Seminararbeit jeweils Punkte vergab, die letztendlich zusammengezählt maximal 30 und somit eine eins ergaben. Folgende Umrechnung ergibt sich also in etwa:

Punkte ItalienNoten Deutschland
30 / 30 lode
29
28
26-27
25
23-24
22
21
20
18-19
<18
1,0
1,3
1,7
2,0
2,3
2,7
3,0
3,3
3,7
4,0
5,0

Prüfungen: kurze Korrekturzeit und viele Wiederholungsmöglichkeiten

Eine Woche nach der Abgabe der Seminar-Arbeit wurden meine Mitstudierenden nervös: die Noten waren immer noch nicht online eingetragen. Was war da los? Geht es dem Prof nicht gut? Vor allem bei Seminararbeiten habe ich in Deutschland schon mal ein paar Monate bis zu einem halben Jahr gewartet. Diese Unruhe nach einer Woche war mir fremd. Nach dem ersten Semester war mir aber klar, wieso: Teilweise erhält man die Noten direkt im Anschluss (mündliche Klausur), spätestens aber ein paar Tage später.

Abschlussarbeit: Abgabe verschieben?

Auch bei der Masterarbeit läuft alles deutlich schneller ab als in Deutschland: exakt sieben Tage haben meine Betreuenden Zeit, über hundert Seiten zu lesen. Dann findet eine mündliche Verteidigung meinerseits statt, zwei Wochen später erhalte ich dann mein finales Abschlusszeugnis inklusive aller Noten. Auch die Fristen unterscheiden sich in Deutschland: man meldet die Arbeit zwar zu irgendeinem Punkt im Studium inklusive Titel an, kann sie aber in der Regel relativ flexibel abgeben. Zwar war ich aufgrund des Doppelmasters und des Semesterendes in Deutschland zeitlich gebundener, theoretisch könnte man aber jederzeit für eine Gebühr von ca. 50 EUR um nochmal drei Monate verlängern. Dabei gibt es offizielle Termine, zu denen man jeweils abgeben bzw. verteidigen kann, wobei im Anschluss die sog. Laurea, eine Zeugnisverleihung und Graduierungs-Party stattfindet.

Kommentare
  1. Lukas

    28. Januar 2023

    Hallo,

    die Masterarbeit wird mit einer Art von Bonuspunkten bewertet, die auf die Abschlussnote gerechnet werden, richtig? Gibt es eine Möglichkeit, diese in das deutsche System umzurechnen?

    Herzlichen Dank und liebe Grüße

  2. Andrea

    11. August 2022

    Hallo !
    Meine Tochter hat das erste Semester in Bozen studiert.
    Nach dem ersten Semester hat sie exmatrikuliert um in Innsbruck Geografie zu studieren. Sie hat sofort gemerkt, dass der Wechsel ein Fehler war. Nun konnte sie mit Hilfe von online Kursen das zweite Semester für Bozen überbrücken. Sie hat fleißig gelernt.
    Sie ist an der Uni Bozen immatrikuliert.
    Kann sie dort jetzt die Prüfungen machen ?
    Ich freue mich auf eine Antwort.
    Mit freundlichen Grüßen
    Andrea

    1. studieren weltweit

      30. August 2022

      Hallo Andrea, danke für deine Nachricht, diese Frage kann dir sicher am besten die Uni Bozen direkt beantworten. Liebe Grüße, Anna

  3. Nunja

    4. April 2020

    „… außerdem wird auf Titel bei weitem nicht so viel gegeben wie in Deutschland.“

    Bist Du sicher, dass Du in Italien gewesen bist? 😉 In einem Land, wo sich jeder, der gerade mal den Bachelor geschafft hat, als Doktor anreden laesst? Und Politiker als „Ritter“?

    Wie auch immer, ich finde es eigentlich eher unguenstig, dass man in Italien Klausuren und muendliche Pruefungen sooft wiederholen kann, wie man will, das Ergebnis ist, dass die Haelfte der Studenten nach dem Trial&Error-Prinzip vorgeht [„vielleicht wird ja das gefragt, was ich zufaellig weiss“]: eine enorme Ressourcenverschwendung.

    1. Aiaia

      8. Dezember 2020

      Ja, ich als Italienerin kann es bestätigen. Nach dem Bachelor erhält man den Titel Dottore für Männer oder Dottoressa für Frauen. Trotzdem kann man es nicht mit dem deutschen Titel vergleichen, dadurch, dass es so umgestellt wurde, ist nun fast jeder Doktor in irgemdwas, wodirch auch die Bedeutung etwas verloren gegangen ist. Auch das mit den Prüfungen stimmt, Italiener legen viel Wert auf die Endote, also hat man auch die Möglichkeit, Prüfungsergebnisse abzulehnen, wenn man nicht mit der Note zufrieden ist. Welches System besser ist, ist die Frage… Vielleicht eine Mischung von Beiden?

  4. Sabine

    13. Februar 2020

    Hallo, kann man in Deutschland geschriebene Prüfungen in Italien anrechnen lassen, wenn es der selbe Studiengang ist?

    1. Jan

      13. Oktober 2021

      Ich mache ein Double Degree in Automation and Control Engineering an der Politecnico di Milano in Kooperation mit der TU Darmstadt. Insgesamt haben die Italiener mir 30CP angerechnet. Hierfür waren sie aber recht pingelig und sie haben sehr genau auf die CP Anzahl und Kursbeschreibungen geachtet. Aufgrund der kleineren Kurse an der TU musste ich so 2 bis 3 Kurse der TU nutzen um einen 5 oder 10 CP Kurs an der Politecnico anerkannt zu bekommen. Daraus ergibt sich auch, dass man 5-8 CP nutzt um einen 5CP Kurs in Italien anerkannt zu bekommen. Wenn man aber frühzeitig plant und die Verantwortlichen anfragt ist es möglich, zumindest an der Politecnico di Milano für Double Degree Studierende.

  5. Heinz-Harald

    12. Dezember 2019

    Das klingt alles traumhaft, ist aber leider meilenweit von der deutschen Realität entfernt. Wenn ich überlege was man ich hier alles an unnötigen Widrigkeiten erdulden musste.. Angefangen bei der Studienfinanzierung, über sinnbefreite Module mit absurd vielen Powerpointfolien zum auswendig lernen bis hin zu unklaren Aufgabenstellungen bei den Abschlussarbeiten.

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