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Achterbahnfahrt Auslandssemester

Vor Kurzem bin ich aus meinem Auslandssemester zurückgekommen. Zeit, die letzten Monate nochmal Revue passieren lassen und einige Entscheidungen und Vorfälle reflektieren. Was würde ich das nächste Mal besser machen?

Ich habe mir absichtlich ein paar Wochen Zeit gegeben, bevor ich anfange, diesen Artikel zu schreiben. Denn wenn du mich die letzten Monate auf meiner Reise begleitet hast, weißt du: Vieles lief gar nicht so gut, wie ich es mir vorgestellt habe. Allerdings wollte ich nicht vorschnell urteilen wollen und mir ein bisschen Zeit zum Verarbeiten und Reflektieren geben. Passend zur Überschrift habe ich mein Semester in Wochenabschnitte eingeteilt, denn mein Auslandssemester war wahrlich eine Achterbahnfahrt (und das, obwohl ich überhaupt nicht gerne Achterbahn fahre …)

Anfangseuphorie: Woche 1 bis 4

Da ich bis Mitte August noch jeden Tag in die Bibliothek musste, um meine Hausarbeit zu schreiben, wollte ich vor Beginn des Semesters unbedingt noch ein paar Tage ans Meer. Ich entschied mich deswegen nach Marseille zu reisen, da ich dort bereits gewesen war und es von Deutschland aus gute Zugverbindungen gibt. Nachdem ich drei traumhafte Tage in Marseille genossen habe, ging es weiter nach Clermont-Ferrand. Mit viel Vorfreude und Energie startete ich in mein Semester. Die ersten Uniwochen waren sehr entspannt, ich habe die Stadt erkundigt, mich im Fitnessstudio angemeldet und habe mich mit den Mädels, die ich bereits aus Regensburg kannte, ein paarmal getroffen. Wir waren auch gleich auf dem Puy de Dôme, dem Wahrzeichen der Region Auvergne. Außerdem nahm ich an der welcoming week von ESN teil und kam dort mit vielen Leuten ins Gespräch. Nach drei Wochen habe ich beschlossen über das Wochenende nach Montpellier zu fahren, solange ich noch nicht so viel zu tun hatte. Es war ein sehr schöner Solo-Trip!

Der Tiefpunkt: Woche 5 bis 9

In der dritten Woche wurden plötzlich alle möglichen Zwischenprüfungen und Referate angekündigt und ab diesem Zeitpunkt war ich dauerhaft gestresst. Nichts war übrig von der Anfangseuphorie und meine Tage bestanden aus Unikursen und Hausaufgaben. Ich habe mich sehr überfordert gefühlt, denn ich hatte Kurse auf fünf verschiedenen Sprachen und musste teilweise sogar zwischen zwei Fremdsprachen übersetzen. Natürlich war mir klar, dass ich zum Studieren nach Frankreich komme, aber ich habe mich sehr schnell extrem ausgelaugt gefühlt und nach langen Tagen konnte ich mich nicht mehr überwinden das Haus zu verlassen. Während sich andere Erasmusstudenten also mehrmals die Woche trafen, war ich allein daheim, denn ich hatte keine sozialen Kapazitäten mehr.

Ich bin kaum hinterhergekommen mit meinen Abgaben und hatte auch am Wochenende kaum Zeit, etwas zu unternehmen. Dann gab es auch noch ziemlich Streit mit meiner Mitbewohnerin, denn sie hatte morgens immer fünf Alarme und ich konnte überhaupt nicht schlafen. Sie war überhaupt nicht bereit, ihr Verhalten zu ändern, behauptete aber gleichzeitig ich würde alles so dreckig machen und schwärzte mich bei den Vermietern an. Ich habe mich wirklich sehr unfair behandelt gefühlt und sie hat mir meinen letzten safe space genommen.

In diesen Wochen ging es mir mental sehr schlecht und ich war traurig, dass mein Auslandssemester überhaupt nicht das Highlight war, dass ich mir erwartet hatte. Ich bin sehr froh, dass ich mit meiner Therapeutin aus Deutschland noch einige Onlinesitzungen hatte; das hat mir sehr geholfen. Meine Mission über mentale Gesundheit im Auslandssemester war plötzlich aktueller als ich gedacht hatte. Ich habe mein Versprechen eingehalten und auch über diese schweren Phasen offen berichtet.

Sommerurlaub im Herbst: Woche 10 und 11

Nach sieben harten Vorlesungswochen hieß es zum Glück: eine Woche Herbstferien. Ich hatte bereits im Vorhinein einen Kurztrip nach Nizza mit meiner besten Freundin geplant. In den ganzen stressigen Wochen habe ich mich an diesen Lichtblick geklammert. Ende Oktober war das Wetter in Südfrankreich viel besser als wir uns erwartet hatten und tagsüber waren wir viel am Strand und sogar noch baden. Die Tage mit meiner besten Freundin waren wunderschön und ich konnte alles etwas verdrängen und meine soziale Batterie auftanken.

Dann ging es für mich nach Lyon, wo ich meinen Freund getroffen habe und wir haben zusammen meinen Geburtstag dort gefeiert. Dies war erst mein zweiter Geburtstag weg von daheim und kein leichter Tag für mich. In der ersten Woche nach den Ferien hatte ich Glück, denn es sind mehrere Kurse ausgefallen. Das haben wir genutzt, um nach Bordeaux zu fahren und auch hier hatten wir nochmal Wahnsinnsglück mit dem Wetter. Das Wochenende darauf ist mein Freund dann leider wieder gefahren und für mich hieß es endgültig zurück in die Realität.

Heimweh und Einsamkeit: Woche 12 und 14

Nachdem ich jetzt also zwei Wochen mit mir sehr nahestehenden Menschen verbracht hatte, fühlte ich mich danach umso einsamer. Ich hatte ja nur oberflächliche soziale Kontakte und ich litt sehr unter Heimweh. Ich zählte die Wochen und hangelte mich von einem Tag zum anderen. Obwohl über die Hälfte meines Auslandssemesters bereits vorbei waren, fühlte es sich immer noch wie eine Ewigkeit an. Doch viel langweilen konnte ich mich nicht, denn es standen schon wieder neue Abgaben und Prüfungen an. Auch meine Mitbewohnerin begann ungerechtfertigterweise neuen Streit mit mir und raubte mir die letzte Energie.

Endlich eingelebt: Woche 14 bis 17

Nachdem ich jetzt also zwei Wochen mit mir sehr nahestehenden Menschen verbracht hatte, fühlte ich mich danach umso einsamer. Ich hatte ja nur oberflächliche soziale Kontakte und ich litt sehr unter Heimweh. Ich zählte die Wochen und hangelte mich von einem Tag zum anderen. Obwohl über die Hälfte meines Auslandssemesters bereits vorbei waren, fühlte es sich immer noch wie eine Ewigkeit an. Doch viel langweilen konnte ich mich nicht, denn es standen schon wieder neue Abgaben und Prüfungen an. Auch meine Mitbewohnerin begann ungerechtfertigterweise neuen Streit mit mir und raubte mir die letzte Energie.

Abschied & Abschlussreise: Woche 18 und 19

Plötzlich ging alles ganz schnell: Die letzte Woche brach an. Es fühlte sich surreal an, dass ich jetzt fast alles geschafft hatte. Meine Prüfungen liefen zum Glück gut und es war Zeit zu packen. Nachdem ich Mittwoch meine letzte Prüfung hatte, holte ich meine Mum vom Bahnhof ab. Am Donnerstag verbrachten wir einen schönen sonnigen Tag in Clermont (inkl. Weihnachtsmarktbesuch) und dann ging es in den Endspurt.

Die letzten zwei Tage bestanden hauptsächlich aus Packen und Putzen sowie einem letzten Mal Sport und dem Abschied von meinem Lieblingscafé. Vor meiner Abreise überprüfte der Vermieter, ob alles passte und als dann endlich die Tür hinter mir zufiel, fiel mir ein großer Stein vom Herzen. Anschließend verbrachten meine Mama und ich vier wunderschöne Tage in Montpellier und am Strand. Als letzte Station verbrachten wir drei Tage in Paris und dann ging es nach 113 Tagen im Ausland pünktlich zu Weihnachten nach Hause.

Aus Fehlern lernen und gute Entscheidungen beibehalten

Als ich in mein Auslandssemester gestartet bin, war ich nicht mehr ganz unerfahren und hatte deswegen schon den einen oder anderen Hack parat. Diese Entscheidungen würde ich jedes Mal wieder so treffen:

  • Mich als correspondent für studierenweltweit bewerben
  • Wenn möglich mit dem Zug (oder Bus) ins Ausland reisen
  • Kleine solo Trips machen
  • An den Anfangsaktivitäten teilnehmen, um viele Studierende kennenzulernen
  • Geld fürs Reisen statt für Alkohol und Partys ausgeben
  • Ein paar Besuche planen (aber nicht zu viele)
  • Lieblingsschokolade und ein paar andere für mich wichtige Lebensmittel einpacken
  • Hobbys und Routinen so weit es geht im Ausland beibehalten
  • Bilder von meinen Liebsten und eine Lichterkette mitnehmen, um mein Zimmer persönlicher zu gestalten

Was ich anders machen würde:

  • Mir mehr Zeit für die Kursauswahl lassen und am Anfang so viele Kurse wie möglich ausprobieren. Ein Teil meines extrem hohen Arbeitsaufwandes ist nämlich der Tatsache geschuldet, dass ich Kurse gewählt habe, die zwar anfangs sehr interessant klangen, aber nicht besonders gut in der Umsetzung waren
  • Mir eine andere Destination aussuchen, wenn ich die Wahl gehabt hätte. Auch wenn die Menschen einen sehr großen Einfluss darauf haben, ob du dich an einem Ort wohlfühlst, ganz egal ist der Ort auch nicht. Clermont Ferrand ist für ein paar Monate eine süße kleine Stadt, aber mir geht es an sonnigen Orten am Meer psychisch einfach sehr viel besser und das hätte einiges an meiner Einsamkeit abfedern können
  • Ein Jahr bleiben: vor allem die Semester in Frankreich sind extrem kurz; für mich war das nicht genug Zeit, um richtig ankommen zu können. Erst in den letzten Wochen ging es mir besser und ich lebte mich langsam richtig ein und es ist auch normal, dass dieser Prozess Zeit braucht

Meine Reisen durch in Frankreich

Das Land zu bereisen, in dem du gerade lebst, ist ein absolutes Muss! Was ich in Frankreich sehr spannend fand, war wie unterschiedlich ich die Atmosphäre und den Charakter der Orte empfunden habe.

  • Montpellier: ich war einmal im September allein da und einmal mit meiner Mama im Dezember dort. Die Stadt gefällt mir wirklich wahnsinnig gut und ich könnte mir sogar vorstellen, dort zu wohnen.
  • Marseille: Marseille hat den Vorteil wirklich direkt am Meer zu sein und das Wasser glitzert türkisblau. Der Vibe in der Stadt ist wirklich cool, leider musste ich als Frau wirklich sehr viel sexuelle Belästigung ertragen. Ein Besuch lohnt sich trotzdem, aber du solltest auf jeden Fall auf dich aufpassen.
  • Nizza: Nizza ist berechtigterweise eine meiner Lieblingsstädte in Frankreich und auch die Umgebung der Côte d´Azur ist traumhaft. Am besten solltest du in der Nebensaison reisen, um den Touristenmassen aus dem Weg zu gehen.
  • Straßburg: ich hatte durch eine Messe, die Gelegenheit mit meiner Uni nach Straßburg zu reisen und in ein paar freien Stunden die Stadt zu erkunden. Mir hat Straßburg nicht so gut gefallen, was aber den Umständen zu schulden ist, dass ich sehr Pech mit dem Wetter hatte und es mir psychisch sehr schlecht ging. Im Sommer ist es bestimmt sehr cool da!
  • Bordeaux: Ich kann nicht ganz sagen, woran es lag, aber tagsüber und bei Sonnenschein fand ich die Stadt wunderschön; sobald es abends dunkel wurde, fand ich den Vibe sehr komisch und war froh, nicht allein unterwegs zu sein, weil ich mich absolut nicht sicher gefühlt habe
  • Dune du Pilat: Wow, wow, wow. Ein spektakuläres Highlight unserer Natur mitten in Europa. Zur Hauptsaison vermutlich ziemlich überlaufen, im November war es aber sehr entspannt: einfach nur atemberaubend schön.
  • Lyon: eine sehr schöne lebendige Stadt, in die ich von Clermont-Ferrand aus, gut ab und zu einen Tagesausflug machen konnte. War jedes Mal wieder überrascht, wie viele Menschen immer unterwegs sind. Die Altstadt und die zwei Flüsse laden viel zum Spazierengehen ein.
  • Paris: Mir persönlich ist Paris zu groß und touristisch, wir haben uns aber in ein paar Vierteln etwas abseits der Touristenmassen aufgehalten und dort hat mir die Atmosphäre sehr gefallen.

Fazit zu meiner Achterbahnfahrt

Zum Abschluss kann ich nur sagen: JA, es war nicht DIE beste Zeit meines Lebens, aber NEIN ich bereue meine Entscheidung ins Ausland zu gehen trotzdem nicht. Auch wenn nicht alles so gut lief, wie ich es mir vorgestellt hatte, ich konnte einige Monate in Frankreich leben und das war eines meiner Hauptziele. Außerdem bin ich sehr stolz auf mich, dass ich es durchgezogen haben und alle Herausforderungen gemeistert habe. Ich hätte mir zwar gewünscht, noch mehr Französisch reden zu können, aber ein bisschen verbessern konnte ich mich trotzdem. Was mir sehr gut gefallen hat, war das ich auch meine anderen Sprachkenntnisse anwenden konnte, da ich auch Kurse auf Spanisch, Englisch und Arabisch hatte. Bei sozialen Events habe ich jede Möglichkeit genutzt, eine Fremdsprache zu sprechen.

Ich denke, jeder Auslandsaufenthalt bringt dich persönlich und professionell weiter, aber manchmal wird die Zeit deinen Erwartungen vielleicht nicht ganz gerecht und andere Male, übersteigt es sie. Anfangs war es nicht leicht für mich, zu akzeptieren, dass meine Erwartungen dieses Mal nicht ganz erfüllt wurden, aber ich hatte auch einfach Pech mit einigen Umständen.

Ich hoffe, ich habe dich durch meine ehrlichen Einblicke jetzt nicht abgeschreckt. Es ist aber auch wichtig, zu wissen, dass ein Auslandssemester nicht einfach eine lange Reise ist und es zwischendurch auch sehr herausfordernd sein kann. Ich würde trotzdem jedem immer empfehlen, mindestens einmal im Leben für ein paar Monate ins Ausland zu gehen. Du wirst durch jeden Aufenthalt dazulernen und wenns beim ersten Mal noch nicht so gut lief, dann kannst du ja einfach nochmal gehen … 🙂

Wie geht es jetzt weiter?

Nachdem der Abschlusspapierkram und die letzte Abgabe für die Uni in Clermont endlich geschafft sind, darf ich gerade ein paar entspanntere Wochen daheim verbringen. Ich nutze sie, um meine sozialen Batterien aufzutanken, viel mit meiner Katze zu kuscheln und mich schon wieder für mein nächstes Abenteuer vorzubereiten. Denn mein Doppelmaster beinhaltet ein verpflichtendes Auslandssemester sowie Praktikum.

Dieses werde ich von Februar bis April in Casablanca, Marokko bei der Deutschen Außenhandelskammer absolvieren. Ich bin schon sehr gespannt auf diese Zeit und freue mich, dass ich auch diese Erlebnisse wieder als Korrespondentin für studierenweltweit festhalten darf. Ich würde mich sehr freuen, wenn du mich auch auf diesem Abenteuer wieder begleitest.

Ich wünsche dir alles Gute!

Valeska 🙂

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