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Alles Recht neu

Als Jurastudent:in in ein neues Rechtssystem eintauchen – lohnt sich das? Wieso ich mich für einen Auslandsaufenthalt im fünften Semester entschieden habe und warum es unbedingt Schweden sein sollte, erfährst du in diesem Beitrag. Zusätzlich erhältst du hier einen Einblick in meine Hinreise nach Lund und wie ich die fast 14-stündige Zugfahrt dorthin gemeistert habe.

Ein Auslandsaufenthalt ist oft mit neuen Erfahrungen verbunden. „Neu“ steht beispielsweise für die Neugier auf das Neue, das Fremde. Ich bin neugierig, ob sich dieses in Vertrautes umwandeln kann. „Neu“ kann auch für einen Neuanfang stehen. Ich möchte anfangen, für mich bisher unentdeckte Perspektiven einzunehmen. „Neu“ steht für mich aber zunächst einmal für fast neunhundert Minuten im Zug nach Schweden verbringen, um in mein Abenteuer zu starten. Aber erst einmal alles wie gewohnt…

(M)eine Odyssee auf Schienen

Ich steige klatschnass vom Regen abgeduscht in einen von mir nicht gebuchten Zug von Heidelberg nach Hamburg, von wo aus ich weiter nach Kopenhagen und dann nach Lund fahren sollte. Meine Hose und Socken triefen vor Regen- und Pfützenwasser, während ich versuche, meine zwei Koffer à 25 Kilogramm durch den schmalen Zugflur zu manövrieren und mir einen Sitzplatz zu sichern – und das ohne mit meinem Rucksack und einer weiteren großen Tasche einen anderen Fahrgast umzuhauen.

Natürlich fiel der Halt meines geplanten Zuges um sieben Uhr morgens in Heidelberg aus, weshalb ich mir innerhalb von zehn Minuten eine neue Verbindung raussuchen musste. So kenne ich meine gute alte Deutsche Bahn! Alles also wie gewohnt. Zum Glück ist Mannheim nicht weit, denn von dort aus sollte mich ein alternativer ICE nach Hamburg bringen – Abfahrt: in 35 Minuten. So fuhr ich erst einmal 20 Minuten (mit zehn minütiger Verspätung der S-Bahn) nach Mannheim und erreichte den besagten ICE mit sportlichen fünf Minuten Umstiegszeit und einem Puls von geschätzt 190.

Ach, und bevor ich es vergesse: klatschnass war ich, weil es an dem Morgen in Strömen regnete und ich an der Bushaltestelle auf dem Weg zum Hauptbahnhof in Heidelberg von einer riesigen Pfütze, die ein Auto beim Vorbeifahren auf mich schleuderte, getroffen wurde. Ein guter Start auf meinem fast 14-stündigen Weg nach Schweden sieht etwas anders aus – meiner Meinung nach. Trotzdem hat mich dieser doch holpriger Start nicht von meiner Vorfreude abhalten können, denn ab jetzt konnte es nur noch bergauf gehen. Von Hamburg aus geht’s dann weiter nach Kopenhagen, Dänemark, wo ich ein zweites und letztes Mal in den Zug, der mich nach Lund, Schweden bringt, umsteige und in meinem neuen Zuhause ankomme.

Und wofür jetzt der ganze Stress?

Noch nie hab ich so viel und vor allem so lange Vorfreude auf etwas gespürt. Ich habe meine Zusage von Erasmus, dem Förderprogramm für Studierende in der EU, vor ungefähr fünf Monaten bekommen. Seitdem blieb kein Tag aus, an dem meine Gedanken nicht schon in Schweden schwelgten. Doch von vorn: Wieso verspüre ich überhaupt diese Vorfreude, denn schließlich kommt der Auslandsaufenthalt mit einer Menge an sorgfältiger Vorbereitung und Planung.

Zurzeit habe ich mein viertes Semester in Jura an der Uni Heidelberg erfolgreich beendet. Bereits zum Ende meines dritten Semesters habe ich mich im März 2023 auf einen Studienaustauschplatz mit Erasmus über meine Fakultät beworben. An der Uni Heidelberg absolvierst du deine Zwischenprüfung in der Regel zum Ende des dritten Semesters, das heißt, du hast deine drei kleinen Übungen in Strafrecht, Zivilrecht und Öffentlichem Recht bestanden. Für Jurastudierende, die früh nach einem Perspektivwechsel sinnen und eine etwas andere Herausforderung suchen, bietet sich also nach der bestandenen Zwischenprüfung die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen. Du kannst dich aber auch dafür entscheiden, erst nach deinem bestandenen Hauptstudium, also wenn du „scheinfrei“ bist, einen Auslandsaufenthalt zu machen. Hier liegt der Vorteil darin, dass du bei der Rückkehr nach Deutschland keine Übungen mehr absolvieren musst und direkt in die Examensvorbereitung gehen kannst.

5 Gründe für Schweden

Mir persönlich war schon immer klar, dass ich unbedingt einen Auslandsaufenthalt in Schweden machen möchte und das so früh wie möglich. Hier sind meine fünf Gründe wieso:

1. Im Jurastudium an der Uni Heidelberg sind Englischkenntnisse fast überhaupt gar nicht erforderlich. Es gibt zwar einen freiwilligen „Legal English“-Sprachkurs, den ich auch absolviert habe, jedoch ist dieser mit einem Entgelt in Höhe von 110 Euro pro Semester und einem Aufwand von vier Stunden pro Woche verbunden. Damit also nicht für jede:n ideal. Ich persönlich habe stark gemerkt, wie meine Englischkenntnisse so langsam eingerostet sind und wollte mit einem Auslandsaufenthalt mein Englisch verbessern. An der Uni Lund sind alle meine Kurse auf Englisch!

2. Europäisches Wirtschaftsrecht und Schwedisches Recht sind nicht unbedingt die üblich angebotenen Vorlesungen an meiner Uni im fünften Semester, doch interessieren mich jetzt schon tatsächlich sehr. Besonders gespannt bin ich auf den Kurs über das Europäische Wirtschaftsrecht und die Betrachtung dessen aus der schwedischen Perspektive. In Schweden wird das Jurastudium mit dem Bachelor und nicht wie in Deutschland mit dem Staatsexamen abgeschlossen, weshalb ich in meinem 5. Semester Bachelor-Kurse belege. Tatsächlich kann ich mir meinen Grundlagenschein II in Deutschland mit dem in Schweden Geleisteten anrechnen lassen.

3. Die Uni Lund zählt zu den renommiertesten Unis weltweit. So ist sie beispielsweise im QS World University Ranking auf Platz 85 – sogar zwei Ränge vor der Uni Heidelberg und bietet über 140 Kurse und Programme auf Bachelor- und Masterniveau für Austauschstudierende an. Zudem sollen die Vorlesungen in Lund sehr interaktiv und auf Gruppenarbeiten basierend stattfinden, was mein Interesse noch weiter entfachte, da ich diese Arbeitsweise in Deutschland so nicht kenne.

4. So richtig in Schweden verliebt, habe ich mich mit 16, als ich eine meiner jetzigen besten Freundinnen in Toronto, Kanada in einem Englisch-Sprachcamp kennengelernt habe. Meine Freundin wohnt tatsächlich in Lund und so habe ich sie, nachdem unsere Zeit in Toronto zu Ende war, seit jeher oft besucht und auf diese Weise Land und Kultur zu schätzen gelernt.

5. Schweden ist natürlich auch bekannt für seine schönen Landschaften, großen Seen und freundlichen Leute. Mittendrin zu sein und dies zu erleben – wenn auch nur für begrenzte Zeit – habe ich mir schon immer gewünscht.

Mädchen mit zwei großen Koffern, einem Rucksack einer großen Tasche vor sich am Bahnhof in Lund, Schweden.
Fast 900 Minuten Zugfahrt: Ich hab’s überlebt!

In meinem nächsten Blog werde ich dir erzählen, wie meine Bewerbung bei Erasmus ablief, wie ich mein Zimmer vor Ort gefunden habe und worauf Du achten solltest, wenn du ein Auslandssemester planst.

Hast du noch Fragen?

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