9. November 2018
Begleitet mich einen Tag im Dorf während meines Praktikums: Wir fahren morgens los und verbringen den Tag mit Gesprächsrunden und zeigen abends einen Film zum Thema.
Morgens um 7:30 Uhr fahren wir von AMPO P. P. Filles in Ouagadougou los Richtung Osten. Unser Auto ist mit einem Projektor, einem Tuch als Projektionsfläche, Lautsprechern und einem Stromaggregat beladen. Etwa dreimal die Woche fahren wir in die Kommune Saaba und besuchen verschiedene Dörfer, führen Gesprächsrunden mit verschiedenen Gruppen und zeigen abends einen Film zum Gesprächsthema.
Diesen Monat ist das Thema die Beziehung zwischen den Eltern und ihren Kindern. Wir kommen in Badnogo an, einem Dorf mit einem recht kleinen Zentrum, jedoch einer recht großen Ausdehnung. Wir parken unter einem großen Nime-Baum und warten auf den Chef des CVD (Comités villageois de développement = Dorfkomitee für die Entwicklung).
Bevor er ankommt, treffen wir schon einige Leute, die sich an einem Kiosk oder beim Mechaniker aufhalten. Jeder, der Benzin braucht, kommt hier vorbei und lässt sich den Tank füllen. Benzin sieht man hier in ehemaligen Whiskyflaschen abgefüllt. Der Vorteil: Man sieht, wie rein das Benzin ist.
Als der Chef des CVD ankommt, erfragen wir erstmal die Neuigkeiten der Familie und des Dorfs. Er erzählt uns, dass er versucht hat, das Dorf für die angekündigten Gesprächsrunden zu mobilisieren, dass es nur schwierig sei, da ja gerade die Ernte Priorität hat. Das kann ich gut verstehen, denn die meisten Einwohner des Dorfes sind uneingeschränkt von der Mais-, Hirse- und Bohnenernte abhängig. Davon wird die Familie ernährt, das Schulgeld bezahlt, Kleidung und auch Düngemittel für die nächste Saat gekauft. Vor allem das Schuldgeld ist nicht so leicht verdient. Da wird noch in der Regenzeit sind, laufen so einige Getreide Gefahr, nass zu werden und langsam zu verdorren. Da zählt jede Stunde auf dem Feld!
Trotzdem trudeln um 10 Uhr die ersten Frauen mit oder ohne Kinder ein und wir versammeln uns bei dem Kiosk unter einer Überdachung aus Schilf. Jede Frau kommt zu uns, begrüßt uns, erkundigt sich nach der Familie und wir tauschen uns ein wenig über das, was uns so beschäftigt, aus. Auch ich versuche, mich ein wenig auf Moore zu unterhalten, besonders weit komme ich nicht, aber es reicht, um das Eis zu brechen. Französisch sprechen einige wenige. Wer hier mit einem original französischen Akzent aufläuft und kein Wort Moore versteht, ist schnell unten durch.
Von dem Gespräch verstehe ich dann aber doch so gut wie nichts, das ein oder andere wird mir übersetzt und ich kann einige Wörter verknüpfen. In der Gesprächsrunde mit den Jugendlichen wird es dann einfach für mich. Ich beginne zu verstehen, dass die Kommunikation zwischen den Eltern und ihren Kindern häufig nicht optimal ist. Wenn es zuhause an etwas fehlt, versuchen die Jugendlichen häufig selbst, Mittel und Wege zu finden, um sich den Wunsch zu erfüllen. So zum Beispiel, wenn es um ein Handy geht und die Eltern es nicht kaufen können. Für Mädchen ist die Lösung da häufig nicht weit, wenn sich ein Junge für sie interessiert und bereit ist, das Handy zu bezahlen. Nur taucht da schnell die Frage nach einer Art Gegenleistung auf… Das wäre ein Weg, wie es schnell zu ungewollten Schwangerschaften kommen kann. Unter anderem aus diesem Grund wollen wir Eltern und Jugendliche ermutigen, mehr miteinander zu sprechen und andere Lösungen für alltägliche Schwierigkeiten zu finden.
Mich persönlich hat es etwas geschockt, wie im Gespräch dann doch immer wieder der Fokus darauf gelegt wird, dass die Eltern respektiert werden sollen. Ich stehe direkt für die Kinder und Jugendlichen ein, dass diese auch von ihren Eltern mehr ernst genommen werden sollen, in ihren Bedürfnissen und Ideen respektiert werden sollen. Da gibt es hier sicherlich einen kleinen Generationskonflikt, der sich genau darum dreht: Wie viel Freiheit lässt man Kindern und Jugendlichen? Inwieweit haben sie das Leben, das sich die Eltern für sie wünschen, zu leben? Wie groß soll der Gehorsam den Eltern gegenüber sein?
Abends zeigen wird dann einen Film. Ab 17:30 Uhr beginnt die Dämmerung und wir lassen Musikvideos laufen, damit die Leute aus ihren Gehöften kommen und sich versammeln. Der Film zeigt alltägliche Probleme in einer Familie und verpackt dies alles in guten Humor. Nach dem Film findet eine kleine Diskussion statt, einige wenige Fragen werden vor dem Publikum gestellt, andere kommen auf uns zu. Ein älterer Mann ist mit manchen Vorschlägen nicht einverstanden. Wenn es um Verhütung geht, spricht er alle Nachteile der Pille und anderer Methoden aus. Ich freue mich, dass er wenigstens den Mund aufmacht und nicht vor seinen Freunden so tut, als sei er einverstanden und tatsächlich aber eine andere Meinung vertritt.
Auch ich konnte mich mit einer Frau näher unterhalten, die längere Zeit ein Hormonstäbchen unter der Haut getragen hat und es sehr schlecht vertragen hat. So wird als dem Thema der Beziehung von Eltern und Kindern plötzlich eine Diskussion zur Familienplanung und Verhütung. Für viele ein echtes Problem. Viele Männer älterer Generationen sind kategorisch gegen Kondome und viele Frauen haben Angst vor den Nebenwirkungen der Pille. Einige Frauen erzählen von überdurchschnittlicher Gewichtszunahme oder hormonellen Problemen. Ich kann beide Seiten verstehen, gleichzeitig stehe ich für AMPO und ermutige die Leute somit sich zu erkundigen und ihre Verhütungsmethode zu finden. Gegen 20 Uhr machen wir uns auf dem Rückweg. So sieht ein Tag mit dem CINE MOBILE aus!