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Ankommen in Estland: Die ersten 7 Überraschungen

Nach knapp zwei Wochen fühle ich mich hier in Tartu jetzt schon gut angekommen. Ich kenne meine Nachbarschaft, die Abfahrtszeiten meiner Buslinie und die Straßennamen in der Altstadt. Einiges, was ich bisher beobachten konnte, habe ich mir ganz anders vorgestellt, anderes hatte ich vor meiner Ankunft gar nicht bedacht. Hier sind meine Top-7-Überraschungen.

1. Kein freies WLAN?!

Eine Sache, auf die ich mich vor meiner Abreise mit am meisten gefreut habe, war die Versprechung von tollen Internetverbindungen, egal wo ich in Estland sein würde. Leider musste ich schnell feststellen: Das angekündigte freie WLAN in der ganzen Stadt gibt es nicht – oder zumindest funktioniert es nicht überall. Zum Glück genieße ich als Studentin in der Nähe der Uni-Gebäude freies WLAN über das Uni-Netzwerk eudoroam. Und in ein Funkloch bin ich bisher auch noch nicht geraten. Ich bin gespannt, wie gut die Internetverbindung beim nächsten Wandertrip mitten im Nirgendwo sein wird – vielleicht kann Estland dann doch noch sein Internet-Versprechen halten.

2. Deutsch, Deutsch, Deutsch

Seien es deutsche Lebensmittel im Supermarkt, deutsche Beschriftungen auf Schildern oder Zitate von deutschen Persönlichkeiten – Deutschland beziehungsweise die deutsche Sprache ist in Estland sehr präsent. Tatsächlich sprechen sogar viele Est:innen Deutsch, oder haben es zumindest einmal gelernt. Ich bin trotzdem immer wieder überrascht, wenn ich beim Einkaufen oder in der Universität plötzlich etwas deutsches lese, wo ich es gar nicht vermutet hätte. Zugleich erinnert mich das an die lange Geschichte, die Deutschland und Estland miteinander verbindet. Wenn euch das interessiert, lest doch mal hier rein. Auch unter den Erasmus-Studierenden sind viele Deutsche, was mich sehr überrascht hat. Schließlich dachte ich, meine Entscheidung für Tartu sei eher ungewöhnlich.

Poster mit der Aufschrift "Vorsicht! Philosophie erweitert Deinen Horizont!" an einer Wand.
Dieses Poster hängt auf dem Flur vor einem meiner Kurs-Räume in der Universität.

3. Solidarität mit der Ukraine

Die Solidarität mit der Ukraine scheint in Estland riesig. Ich habe die ukrainische Flagge bisher mindestens ebenso häufig gesehen wie die estnische Flagge. Sie weht zum Beispiel am Rathaus und die Brücke vor dem Rathausplatz und wird abends in Blau und Gelb angestrahlt. Die Solidarität bemerke ich auch in Gesprächen mit den Menschen. Alle meine Dozent:innen haben den Krieg gegen die Ukraine in der ersten Seminarsitzung angesprochen, viele machen das Thema bewusst zu einem Kursinhalt. Auf einer Fahrt mit einem Bolt (ähnlich wie Uber oder Taxi), sagte mir der Fahrer, der nur gebrochen Englisch sprach: „Wir wissen wie das ist, deswegen fühlen wir so sehr mit.“

4. Kunst und Kultur überall

In Tartu gibt es eine Vielzahl von Museen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt eine Chance habe, bis zu meiner Abreise alle zu besichtigen. Aber auch im öffentlichen Raum stehen viele Denkmäler und Skulpturen, in nahezu jedem Park gibt es etwas Künstlerisches zu entdecken.

Denkmal in einem verschneiten Park in Tartu
Denkmäler wie dieses stehen in Tartu an fast jeder Ecke.

Von Mit-Studierenden habe ich außerdem schon erfahren, dass es in Tartu regelmäßig Konzerte und Aufführungen, auch von großen Künstler:innen. Im Jahr 2024 wird Tartu zudem eine von drei Europäischen Kulturhauptstädten sein.

5. Shopping-Center zum Verirren

Obwohl Tartu mit ungefähr 100.000 Einwohner:innen eine eher kleine Großstadt ist, gibt es hier unglaublich große Einkaufszentren, in denen man sich glatt verlaufen könnte. Alleine im Zentrum stehen drei große Shopping-Center direkt nebeneinander. Etwas außerhalb der Innenstadt war ich in einer Mall, in deren Mitte eine große Eisfläche platziert ist, auf der unter anderem Eishockey-Spiele ausgetragen werden – rundherum mehrere Reihen mit Zuschauerrängen.

In der Mitte eines Einkaufszentrums befindet sich eine große Eisfläche, drumherum stehen Zuschauerränge.
In diesem Einkaufszentrum werden Eishockey-Spiele veranstaltet.

Und noch ein Fun-Fact: In vielen Einkaufszentren (und generell in vielen großen Gebäuden), stehen Autos als Ausstellungsstücke. Selbst am Flughafen in Tallin war eines der ersten Dinge, die ich bei meiner Ankunft gesehen habe, ein Auto in der Ankunftshalle.

6. Militär zeigt Präsenz

In Tartu begegnen mir täglich kleine Gruppen von Soldat:innen auf der Straße. Sie sind nicht bewaffnet, aber durch ihre Uniformen dennoch nicht zu übersehen. Für mich war das erstmal ziemlich ungewohnt und verunsichernd, aber die offene Militärpräsenz scheint für alle hier zum Alltag zu gehören – unter anderem wohl auch, weil die Militärakademie der Stadt mitten im Zentrum liegt.

7. Sauberkeit und Recycling

Tartu scheint eine sehr saubere Stadt zu sein. Bis jetzt habe ich weder auf der Straße noch in den Parks Müll herumliegen sehen. Stattdessen wirkt alles hier stets aufgeräumt – vielleicht traut sich deswegen auch gar nicht erst jemand, Abfall achtlos auf den Boden zu werfen. Es wird scheinbar großen Wert auf ordentliche Mülltrennung und Recycling gelegt, auch im öffentlichen Raum und in der Universität. An vielen Stellen gibt es frei zugängliche Wasserspender, an denen die eigene Trinkflasche aufgefüllt werden kann. Außerdem hat Estland ein Pfandsystem. Bei der Orientierungs-Veranstaltung für Erasmus-Studierende von der Universität wurde ebenfalls auf diese Aspekte hingewiesen – und an alle appelliert, doch bitte keine Zigarettenstummel in den Gully zu werfen. Super vorbildlich, finde ich!

Einen „Kulturschock“ habe ich in Tartu nicht erlebt, auch wenn einiges anders ist als ich es mir vorgestellt hatte. Gerade diese Unterschiede sind es, die mich faszinieren und die den Auslandsaufenthalt in einem zuvor unbekannten Land so spannend machen. Ich freue mich schon darauf, in den kommenden Monaten noch die eine oder andere weitere Überraschung zu erleben.

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