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Uni-Exkursion in die Moschee zum Aschura-Fest


Prozessionen von oberkörperfreien Männern, die sich selber geißeln – das verbinden viele Menschen mit dem schiitischen Aschura-Fest. Umso spannender war es für mich, das Fest selbst in einer schiitischen Moschee mitzuerleben.

Interreligiosität 2.0 – Der Libanon und seine Religionen

Christen, Muslime, Drusen – schon seit Jahrhunderten wird der libanesische Alltag durch religiöse Vielfalt geprägt. Der Kurs „Contemporary Eastern Churches“, den ich kommendes Semester belege, beschäftigt sich mit rund elf unterschiedlichen christlichen Kirchen des Ostens, wobei ich von den meisten vorher noch nie gehört habe. Unsicherheit herrscht über die prozentuale Verteilung der Religionen im Libanon heute: 30 Prozent Schiiten, 30 Prozent Sunniten und 30 Prozent Christen scheint ein ungefährer Richtwert zu sein. Da sich das politische System auch am religiösen Proporz orientiert, ist die Frage der prozentualen Verteilung auch hierfür von Bedeutung.

Uni-Exkursion in eine schiitische Moschee

Eine Besonderheit des Studiums hier im Vergleich zu meiner deutschen Uni: Die Kurse enthalten neben den theoretischen Einheiten meist viele Exkursionen. So bekamen wir im Rahmen unseres Kurses „Introduction to Islam“ die Möglichkeit, das schiitische Aschura-Fest zu besuchen.

Maxie und zwei weitere Frauen in langem Rock
Dresscode: langer Rock und Tuch

Mit langem Rock und einem Tuch über Kopf und Schultern versuchen wir, dort nicht augenblicklich aufzufallen und machen uns gegen 19:00 los in Richtung einer schiitischen Moschee in Downtown Beirut. Kaum angekommen, sind die umliegenden Straßen bereits durch schwarz gekleidete Sicherheitsmänner abgesperrt. Schwarze Kleidung, zudem rote und grüne Fahnen, sind vorherrschende Farben zu den Aschura-Feierlichkeiten.

rote und grüne Fahnen in der Stadt
Rote und grüne Fahnen

Was es mit den Kontrollen auf sich hat, frage ich unseren Guide. ‚ISIS‘ lautet die knappe Antwort, bevor wir eine weitere abgesperrte Kreuzung passieren. Kurz vor der Moschee werden nun Frauen von Männern getrennt und in Richtung unterschiedlicher Eingänge gelotst.

Was es mit dem Aschura-Fest auf sich hat

Bevor wir in die Moschee gehen, bekommen wir noch eine kurze Einführung zu diesem Fest, das vor allem dem Massaker an Hussein, Sohn des vierten muslimischen Kalifen Ali, gedenkt. Wer die vier Kalifen waren, welche Rolle Ali im schiitischen Islam spielt und warum im ganzen Viertel Bilder von Märtyrern hängen, erklärt uns eine junge Frau in perfektem Englisch. Und so verstehen wir immer mehr von dem, was wir gleich erleben werden.

Dass Aschura für die meisten Menschen in nicht traditionell muslimisch geprägten Ländern mit Fernsehbildern von blutenden Männern verbunden ist, die, sich selber geißelnd, durch die Straßen laufen, scheinen die Gläubigen dieser Moschee zu wissen. Und so stellt unsere Gastgeberin klar: Das Gedenken an Hussein und weitere Märtyrer der letzten Jahrhunderte ist auch hier verbunden mit Emotionen. Aber sich selber zu verletzen, das ist für sie nicht die richtige Art Aschura zu begehen.

Während wir die Moschee betreten wird bereits Poesie rezitiert. Als einige Minuten später ein Mann nach vorne geht, der die Geschichte Husseins erzählt, wird der Raum abgedunkelt. Meine zwei Semester Hocharabisch lassen mich zwar nur einzelne Sätze verstehen, das Beeindruckende ist jedoch, wie sich im Verlauf der Erzählung das Raumklima verändert. Von einem ruhigen Erzählton schaukelt sich die Geschichte, die abwechselnd gesungen und gesprochen vorgetragen wird, zu ihrem Höhepunkt. Die im Vorhinein in hunderter Paketen verteilten Taschentücher, werden zahlreich in Anspruch genommen.

Essenspaket und Wasserflasche
Kleines Essenspaket

Als der Erzähler endet und wir langsam die Moschee verlassen, werden wir von allen Seiten angesprochen. Ob wir Deutsche seien, fragt uns eine Frau, ihr Sohn gehe auf die Deutsche Schule hier in Beirut. Und ein Mann, der am Ausgang Schokoriegel und kleine Essenspakete verteilt, stellt absolut sicher, dass wir alle eines mit nach Hause bekommen.

„Aschura-Fest: Millionen Schiiten geißeln sich“– titelte der Fokus vor einigen Jahren und eines weiß ich nach meinem Besuch: Zumindest in dieser Moschee wird Aschura anders gefeiert.

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