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Aus und vorbei das Fernweh nach dem Auslandssemester

Nicht nur das Jahr 2022 ist nun vorbei, auch mein Auslandssemester in Norwegen ist vor Weihnachten geendet. Wirre Gedanken schwirren durch meinen Kopf, ich spüre einen Mix aus unterschiedlichen Gefühlen in meinem Herzen. Da scheinbar niemand über die Zeit direkt nach dem Auslandssemester redet, möchte ich das, was gerade in mir vorgeht, gerne hier mit euch teilen. 

Schon nach der Hälfte meines Auslandssemester in Bergen schlich sich bei mir ein Gedanke ein: Ich möchte nicht, dass diese Zeit endet. Sobald ich diesen Satz einmal laut ausgesprochen hatte, merkte ich, dass ich nicht alleine mit meinem Gefühl war. In der letzten Hälfte hieß es dann immer nur: „Lasst uns nicht darüber nachdenken, das wird noch schlimm genug am Ende! Wir haben ja noch Zeit bis dahin!“ 

Meine Gefühle während des Auslandssemesters

Ja. Diese Zeit ist dann so schnell verschwunden wie die Sonne in Bergen zum Herbst. Je näher wir dem Dezember kamen, desto wehmütiger wurde die Stimmung im Studentenwohnheim. Ich hatte zwischendurch auch einfach Panik. Ich wusste nicht damit umzugehen, dass ich Norwegen bald verlassen und all die lieben Menschen nicht mehr täglich sehen werde. 

Ich hatte Angst. Angst, die Leichtigkeit und Glücklichkeit zu verlieren, die ich in Norwegen erlebt habe. Angst vor einer unsicheren Zukunft, weil ich nicht genau weiß, wo ich die nächsten Monate und Jahre lande und was ich mache. Angst, mich nirgendwo mehr richtig zu Hause zu fühlen. Angst vor’m „lost sein“ – das drückt es glaube ich am besten aus. 

Wie ich in meinem letzten Blogpost schon geschrieben habe, habe ich mich in meinem Leben noch nie so akzeptiert, integriert und gebraucht gefühlt wie in Bergen. Das hätte ich so nicht erwartet, weil ich vorher die meiste Zeit alleine war, aber täglich mit so vielen Menschen interagieren zu können (müssen), tat mir unfassbar gut. Naja, es war auch manchmal anstrengend. Auf ein bisschen mehr Privatsphäre und Ruhe zu Hause habe ich mich dann doch gefreut. 

Wenn ich jedoch über meinen Abschied nachgedacht habe, überwog das Gefühl der Trauer und die Tränen kullerten über meine Wangen. Ich dachte, ich wäre nicht so nah am Wasser gebaut, dass ich bei den ganzen Abschieden von meinen Freund:innen weinen muss. Tja, falsch gedacht. Wir lagen uns doch alle weinend in den Armen wie in einem Film. 

Realitätscheck: Wie geht es mir zu Hause?

Mein Rückflug war am 20. Dezember, das heißt, Weihnachten mit der Familie stand kurz vor der Tür. Etwas Ablenkung durch den ganzen weihnachtlichen Trubel tat gut. Ich habe schon in den Tagen direkt nach meiner Rückkehr gemerkt, dass ich ein ganz mulmiges Gefühl in mir habe, wenn ich auch nur über die letzten Monate nachdenke oder meine Galerie mit all den festgehaltenen Momenten öffne.

Ich konnte und wollte in den ersten Tagen eigentlich gar nicht über meine Zeit in Norwegen reden oder generell irgendwelche Menschen sehen. Wenn es euch auch so gehen sollte, dann sind wir immerhin schon zu zweit. Denn die meisten meiner Freund:innen aus Norwegen haben sich erstmal direkt mit ihren alten Freund:innen und Bekannten getroffen. Das konnte ich nicht, mir war so schon alles zu viel. 

Keine Sorge, ich bin jetzt nicht in ein tiefes Loch gefallen. Mir geht es gut, ich verarbeite alles nach und nach, auch wenn ich keine Ahnung habe wie. Das komische ist, dass sich alles wie immer anfühlt, als wäre ich nie weggewesen. Es wirkt als wäre sowohl die Zeit in Norwegen als auch die Zeit zu Hause ein Traum – es fühlt sich nichts real an. 

Ist das der Prozess, den wir Verarbeitung nennen? Oder ist das einfach nur Fernweh? Beides, glaube ich. Ich möchte die Zeit in Norwegen zurück. Die Abenteuer. Die Menschen. Aber wenn ich jetzt zurückgehen würde, dann wäre es nicht das, wonach ich mich sehne. Die ganze Situation wäre einfach nicht dieselbe.

Dieser Gedanke beruhigt mich irgendwie, weil es mir bewusst macht, dass ich die Zeit nicht mehr zurückholen kann und das Leben weitergeht. Ich sage mir immer wieder, dass alles gut ist, wie es nun ist. Und dass ich noch ganz viele neue Abenteuer mit großartigen Menschen vor mir habe. 

Mein Tipp, um nicht in ein Loch zu fallen

Was mir die letzten Tage geholfen hat, war der Austausch mit meinen Freund:innen, die ich in Norwegen gefunden habe und das Träumen und Planen von den nächsten Erlebnissen und Zielen, die ich erreichen möchte.

Wenn ich euch eines mitgeben darf, ist es, dass ihr niemals alleine seid mit euren Gedanken und Gefühlen. Ihr werdet immer jemanden finden, der euch versteht. Manchmal braucht es aber seine Zeit, bis diese Person in euer Leben tritt. 

Vertraut auf den Prozess. Alles passiert zum richtigen Zeitpunkt. Manchmal muss man einfach aufhören, wenn es am schönsten ist. Auch wenn es erstmal weh tut. Aber es wird besser.

Eine kleine Erinnerung an euch und mich.

Ich wünsche euch das allerbeste im Leben! Wenn euch etwas auf dem Herzen liegt, habe ich immer ein offenes Ohr für euch. 

Ganz viel Liebe und ein frohes Neues Jahr 2023!

Eure Nora

Kommentare
  1. Sari

    6. September 2023

    Hallo Nora,
    so wie du, habe ich ein Gefühlschaos in mir und konnte es nicht beschreiben – aber es ist genau so, wie du es beschreibst. Danke für deine Worte und Gedanken, die geben mir gerade wirklich Klarheit, auch dass ich nicht allein bin mit diesen Gefühlen.

    Ich war bis vor kurzem ebenfalls auf Auslandssemester im Norden und bin jetzt nach einer langen Reise zuhause angekommen (vor zwei Wochen). Jetzt hittet der Post-Erasmus-Blues: Wie du schreibst, ich will zurück, aber nicht nur an den Ort, sondern die Zeit zurückdrehen. Das geht aber nicht, was mich traurig macht.

    Ich finde es schade, dass sich die Trauer gerade über all die schönen, glücklichen Momente legt und mich davon abhält, mich über sie zu freuen und mit einem Lächeln zurückzudenken.

    Wie hast du die Trauer, die Angst und dieses Gefühl der Surrealität überwinden können? Eine Antwort auf diese Frage würde mir sehr helfen, natürlich nur, wenn du davon berichten magst, damit ich weiß wie ich selber damit fertig werde. 🙂

    Liebe Grüße,
    Sari

    1. Nora

      9. September 2023

      Liebe Sari,

      vielen Dank für deinen Kommentar und deine Offenheit zu diesem doch sehr sensiblen Thema.
      Stell dir doch zu Beginn einmal die Frage: „Was fühle ich?“ und „Warum genau fühle ich denn so wie ich momentan fühle?“
      Schreibe diese Gedanken am besten auf Papier – tägliches Journaln hat mir besonders in dieser Zeit nach Norwegen sehr geholfen, mit meinen Emotionen umzugehen bzw. sie zu verstehen. Ich kann dir deshalb echt ans Herz legen, es mal auszuprobieren (falls du es nicht eh schon machst).

      Ich muss dir sagen, dass das Sprichwort „die Zeit heilt alle Wunden“ auf die Post-Erasmus-Blues (leider) auch zutrifft. Mir wird jetzt auch bewusst, warum: Die Zeit im Ausland ist eine voller Abenteuer und vielen neuen Eindrücken, die dich auf eine Art ein „all-time-high“ erleben lassen. Zurück in Deutschland wirkt dein Alltag dagegen natürlich sehr langweilig und vielleicht auch trist.
      Was mir geholfen hat war, etwas mit Freunden und meiner Familie zu unternehmen – insbesondere NEUE Aktivitäten auszuprobieren. Das gleicht deinen Alltag ein wenig aus und du bist mit den Gedanken woanders.

      Ich bin jemand, der liebend gerne alles in der Zukunft plant. Das ist ein kleiner Coping-Mechanismus von mir, der mich manchmal auch nicht im Moment leben lässt. Aber nachdem ein so schöner Lebensabschnitt wie ein Auslandssemester zuende geht, kann ich ihn sehr empfehlen. Ich habe mir meine Freude wieder zurückgeholt, indem ich taggeträumt und die nächsten großen Abenteuer bzw. Lebensabschnitte geplant habe.

      Die schöne Zeit hört nicht mit dem Ende des Auslandsaufenthaltes auf, nein, das war nur der Anfang, glaub mir. Du hast vor dem Semester wahrscheinlich auch nicht gedacht, dass du dich so gut fühlen kannst wie in dieser Zeit im Ausland. Das bedeutet aber doch nur, dass auf dich noch mehr unvergessliche Momente warten, die du dir noch gar nicht erdenken kannst. Alleine, mit neuen Menschen oder auch mit Freunden, die du z.B. im Ausland kennengelernt hast. Bleib mit ihnen in Kontakt, tauscht euch untereinander über eure Gefühlslage aus und plant neue Abenteuer!

      Gib dir Zeit und die Erlaubnis, Emotionen zu zeigen. Du wirst sehen, wenn du ein paar meiner Tipps umsetzt, dann spürst du nach einiger Zeit vor allem Dankbarkeit, Freude und Stolz. Glaub mir, ich will am liebsten jedem von meiner wunderschönen Zeit in Norwegen erzählen und das war im Januar direkt danach definitiv nicht der Fall. Und wer sagt denn, dass du nicht nochmal für ein Semester, Praktikum oder ein ganzes Studium ins Ausland gehen kannst?

      Nutze die neue Leidenschaft, die du im Norden gefunden hast, für große Schritte in deinem Leben! Mutig genug bist du auf jeden Fall, da bin ich mir sicher 🙂

      Ganz liebe Grüße,
      Nora

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