24. November 2020
Wenn meine Freunde oder Bekannte von ihrer Auslandserfahrung erzählen, dann haben manche von ihnen mir auch davon berichtet, wie einfach es doch war ein paar gute Noten abzustauben. Nicht so in Lissabon an der Universidade Catolica Portuguesa (UCP).
Die Chance, seinen Notendurchschnitt im Ausland zu verbessern, kann natürlich ein zusätzlicher Pluspunkt für ein Auslandssemester sein. Ich muss zugeben, mit dieser Einstellung bin ich auch ein wenig nach Lissabon gekommen. Vorort stellte ich tatsächliche einige Unterschiede zu meiner Universität in Deutschland fest, aber nicht jeder Unterschied ist auch eine Erleichterung für das Studium, eher im Gegenteil.
Der Unterschied zwischen Heimatuniversität und UCP
Vor meiner Abreise war mir nicht klar, dass die UCP eine Privatuniversität ist. Da ich meinen Studienplatz über Erasmus+ erhalten habe, zahle ich wie gewohnt meinen Semesterbeitrag an meiner Heimatuniversität von ungefähr 80 € weiter. So kann ich zum kleinen Preis die Vorteile einer privaten Universität genießen, wie beispielsweise die kleinen Kurse. Von Zuhause bin ich es gewohnt, dass in einem vollen Vorlesungssaal schon mal 500 Leute sitzen. In den Seminaren sind es meist nur ungefähr 30 bis 40 StudentInnen. Das ist dennoch noch bei weitem mehr, als hier in Lissabon an der Faculdade de Ciências Humanas (FCH) der UCP. In meiner größten Vorlesung in Lissabon sitze ich gerade mal mit 40 KommilitonInnen im Hörsaal, in meinen sonstigen Kursen sind wir im durchschnitt nur 15 StudentInnen. Dieser Vorteil bringt mit sich, dass die ProfessorInnen auch die Namen ihrer Studenten kennen und das der Unterricht eher schulisch abgehalten wird. Das kann von Vorteil sein, muss aber nicht unbedingt.
Anwesenheitskontrolle und Hausaufgabenpflicht
Ich persönlich habe die Schule seit meinem Abitur 2017 nicht sonderlich vermisst. Studieren an der UCP fühlt sich jedoch manchmal ein wenig so an, als würde ich wieder die Schulbank drücken. In jedem Kurs wird die Anwesenheit kontrolliert, egal ob die Stunde online über Zoom oder auf dem Campus stattfindet. Um den Kurs erfolgreich abzuschließen, darf man maximal 1/3 der Stunden fehlen, egal ob aus triftigen Gründen wie einer Krankheit oder einfach so. Das ist für mich eine ziemliche Umstellung, da ich bei vielen meiner Vorlesungen in Passau eher unregelmäßig erschienen bin. (Anmerkung für Mama und Papa: Das hat sich aber nicht negativ auf meine Leistungen ausgewirkt!) Zudem bekommen wir in einigen Kursen regelmäßig, in anderen unregelmäßig, Hausaufgaben auf, die wie die Anwesenheit und Mitarbeit in die Endnote einfließen. Von meinem Corona-Semester im letzten Sommer bin ich es schon gewohnt, mehr für die Uni während des Semesters zu machen, jedoch nicht so viel, wie hier erwartet wird. Zudem werden die Hausarbeiten, die ich als Prüfungsleistung statt einer Klausur abgeben muss, nicht wie in Deutschland in den Semesterferien nach den Prüfungen geschrieben, sondern müssen bereits bis zum Ende des Semesters abgegeben werden. Zwei Hausarbeiten mit je 15 beziehungsweise 20 Seiten während des Semesters zu schreiben, in dem wöchentlich noch kleinere Abgaben anstehen, ist nicht gerade das, was ich mir unter einem entspannten Auslandssemester vorgestellt habe.
Anspruch der UCP
Die Abschlussprüfungen finden in den ersten drei Januarwochen statt. In den Prüfungen wird die Bestleistung mit 20 Punkten bewertet. Ab neun Punkten muss man in die Nachholklausur. Die Nachholtermine finden in der letzten Januarwoche statt. Die genauen Termine sind natürlich Kurs abhängig und verändern sich in jedem Jahr ein wenig.
Zusätzlich zur finalen Prüfungen erfolgt in jedem Kurs eine Zusatzleistung, die meist ungefähr 20 Prozent der Gesamtnote ausmacht. Diese Note kann durch einen Mid-Term-Test, der meist im Oktober oder November im Wintersemester stattfindet, ermittelt werden oder durch eine Präsentation, einen Essay oder eine größere Gruppenarbeit.
Trotz der Hausaufgaben, Anwesenheitspflicht und auch zusätzlichen Gruppenarbeiten, ist der Anspruch der UCP nicht höher als an meiner Heimatuniversität, geringer jedoch definitiv auch nicht. Von den Inhalten, die in der Uni besprochen werden, würde ich aus meiner persönlichen Erfahrung sagen, dass es ungefähr gleich ist, jedoch aufgrund der oben genannten Zusatzleistungen erfordert das Studium hier mehr Arbeit und Disziplin.
Es ist also nicht unmöglich, Einser in Lissabon abzusahnen, jedoch auch nicht so leicht, wie manch einer sich das vielleicht wünscht bei einem Auslandssemester. Wie in Deutschland auch ist die Note abhängig von dem Einsatz und die Arbeit die man investiert (und natürlich auch von dem/der ProfessorIn). Da ich manche Kurse zudem nur belege, um die nötigen ECTS-Punkte zu erhalten, die ich für mein Erasmus+ Stipendium benötige, kann ich diese Kurse ein wenig lockerer nehmen und mich dafür auf die drei Kurse konzentrieren, in denen meine Endnote in meinen Bachelorabschluss einfließt.