25. Juni 2017
Aus bester Erfahrung kann ich nach einem halben Jahr bestätigen: Norwegen ist zwar eines der schönsten, aber zugleich eines der teuersten Länder der Welt. Auch die anderen nordischen Länder drängen sich in dieser Hinsicht nicht gerade für ein Erasmus-Semester auf. Kann sich das nur Krösus leisten? Nein, bestimmt nicht, aber eine ehrliche Rechnung hilft definitiv.
Wie sorge ich vor?
Schon bei der Bewerbung für ein Auslandssemester sollte man sich unbedingt über die Lebenshaltungskosten in potentiellen Gastländern informieren und mit den eigenen finanziellen Möglichkeiten abgleichen. Wenn die Bewerbung wie bei mir fast ein Jahr vor Beginn des Auslandsaufenthaltes ansteht, sind diese Überlegungen natürlich sehr hypothetisch und die möglichen Geldquellen unkonkret. Trotzdem gilt es hier, ganz ehrlich zu sich selbst zu sein: Werde ich die Kosten mit hoher Sicherheit aufbringen können oder wäre es so knapp, dass ich die Zeit nicht genießen könnte?
Spätestens nach der Zusage sollte dann aber das ernsthafte Vorsorgen beginnen, zum Beispiel durch mehr Arbeitsstunden im Nebenjob. Ich empfehle außerdem, so früh wie möglich einen Antrag auf Auslands-Bafög zu stellen, damit die Förderung gleich ab dem ersten Monat ausgezahlt wird und man keine Zeit überbrücken muss. Der nur für vier Monate gezahlte „Erasmus-Mobilitätskostenzuschuss“ muss (zumindest in Norwegen) leider als sehr kleiner Tropfen auf einen sehr heißen Stein betrachtet werden.
Welche Kosten kommen auf mich zu?
Bereits bei der Vorbereitung des Auslandssemesters können Kosten anfallen, die nicht zu verachten sind – und für vielleicht noch keine Fördergelder zur Verfügung stehen. Zum Beispiel für die Mietkaution (bei mir fast 700€), für eine Auslandskrankenversicherung (halbes Jahr ca. 230€), einen neuen Reiserucksack (200€) oder richtige Winterbekleidung (ca. 150€). Weiter geht es mit der Buchung der Anreise zum Studienort im Ausland und mit möglichen Anschaffungen gleich nach der Ankunft, etwa für den Haushalt oder das bestenfalls bereits möblierte Zimmer. Ich musste zum Beispiel am ersten Tag Teller, Besteck und Co. einkaufen gehen.
Meine monatlichen Kosten in Oslo belaufen sich inklusive Miete (445€), Smartphone (20€) und ÖPNV-Monatsticket (knapp 50€) sowie je nach Freizeit- und Konsumverhalten auf bis zu 1.200 Euro. Vor allem Kosmetik, Alkohol, Süßigkeiten, Fleisch, Tabak und Gastronomie sind sehr teuer. Outdoor-Aktivitäten hingegen erfreulich günstig. Es ist also eine sehr individuelle Frage nach Vorlieben und nach der Bereitschaft, an bestimmten Stellen während der Zeit im Ausland zu verzichten.
Hier kommen ein paar Preisbeispiele aus meinem Alltag:
- Mensa-Gericht: je nach Gewicht zwischen 6 und 11 Euro
- billigstes Bier (0,5l) im Supermarkt: 2,50€
- Cappuccino im Café: 4,50€
- Zimtschnecke beim Bäcker: 3,50€
Welche Tricks gibt es im Alltag?
Mein wichtigster Tipp: Mit der permanenten Umrechnung von der Landeswährung in Euro aufhören. Es bringt nur Ärger. Besser ist es, über die inländischen Relationen nachzudenken und Preise zu vergleichen. Ansonten lohnt es sich, seine täglichen Ausgaben im Blick zu halten und wenn nötig anzupassen. Eine Möglichkeit besteht darin, alle Bezahlungen fix in eine Smartphone-App einzutragen und so den Überblick zu behalten, zum Beispiel jeweils für den Zeitraum von einer Woche. Ein andere Option, zu der ich mich aus Bequemlichkeit nicht durchringen konnte, ist das Bezahlen mit Bargeld statt mit Kreditkarte. So hat mein mit Sicherheit ein besseres Gefühl für die Menge und Geschwindigkeit an Zahlungen. Ansonsten sollte man sich auf jeden Fall bei den einheimischen Studenten nach Spartipps für Lebensmittel-Einkäufe erkundigen und natürlich die Touristen-Hotspots meiden.
Mein Fazit ist gleichzeitig eine Ermunterung: Nicht nur Krösus, sondern auch ein Schmalhans kann sich mit der richtigen Vorbereitung und Unterstützung wahrscheinlich ein Auslandssemester in Skandinavien leisten. Der Schritt lohnt sich, auch wenn man sich finanziell definitiv strecken muss!