14. März 2022
Fünf Jahre habe ich im Ausland studiert – meinen Bachelor gemacht und auch mein Masterstudium nähert sich dem Ende. Ich blicke zurück, aber gleichzeitig auch nach vorne: Wie wird es weitergehen, was kommt nach der Uni, was möchte ich unbedingt machen und wo wird das sein?
Ich bin noch nicht ganz fertig mit meinem Master an der Uni Amsterdam. Bevor ich mein Abschlusszeugnis in den Händen halten kann, muss ich meine aktuellen Kurse noch abschließen und natürlich die Masterarbeit schreiben. Da dies allerdings mein letzter Blogpost für „studieren weltweit – ERLEBE ES!“ ist, möchte ich trotzdem jetzt schon über das Thema schreiben und Revue passieren lassen, was ich in meinen fünf Jahren Auslandsstudium in Amsterdam erlebt habe.
Fünf Jahre in Amsterdam …
… büffeln fürs Studium?
Neben meinem Master habe ich auch meinen Bachelor in Amsterdam gemacht. Einen Beitrag zu den Unterschieden zwischen Master und Bachelor findet ihr hier. Das Studium hat mir richtig Spaß gemacht. Ich hatte die Möglichkeiten neben meinem eigentlichen Studiengang (Kommunikationswissenschaften in Bachelor und politische Kommunikation im Master) viele Kurse und selbst ganze halbjährige Nebenfächer (die werden hier Minor genannt) zu machen. Ich habe unter anderem in einem Programmierkurs gelernt, mit der Programmiersprache Python umzugehen, habe Einblicke in International Entwicklungsstudien bekommen und habe die zwei Nebenfächer Gesetzgebung und Kulturelle Anthropologie studiert. Für mich war diese Vielzahl an Möglichkeiten an der Uni perfekt, ich konnte mich akademisch „austoben“, um dann am Ende doch bei einem Kommunikationswissenschaften-Master zu landen. Das war aber sicher keine Zeitverschwendung, da der kleine Abstecher in andere Fachrichtungen mir noch mal einen ganz neuen Blick auf Politische Kommunikation gegeben hat. Also ja ich habe fünf Jahre viel gebüffelt fürs Studium. Ich habe das aber (meistens) mit viel Leidenschaft getan. Nichtsdestotrotz habe ich aber natürlich neben dem Studium auch die Stadt in vollen Zügen genossen.
… Klischees, die begleiten!
Ja, in den Niederlanden gibt es liberalere Drogengesetze als in Deutschland. Nein, nicht alle Niederländer*innen kiffen. Nein, ich bin nicht nach Amsterdam gezogen, um jede Nacht auf Technopartys zu gehen. Nein, es ist nicht originell oder witzig, auf solche Aussagen von mir schmunzelnd mit „Jaaaaa natürlich nicht“ zu antworten. Tatsächlich gibt es in Amsterdam ein paar der schönsten Museen der Welt. Aber da werde ich nie zu gefragt, wenn ich erzähle, wo ich wohne (okay, okay in die Museen gehe ich auch nicht, aber könnte ja sein, oder?). Die Stadt hat aber noch viel viel viel mehr zu bieten als die zwei Punkte, die ich genannt habe! Ich war zum Beispiel super oft in verschiedenen Comedy-Klubs, an vielen Nordseestränden, in den zahlreichen Secondhand-Läden und zu Prä-Corona-Zeiten auf den meisten Salsapartys der Stadt zu finden. Außerdem habe ich immer viel Sport bei Studierendenvereinen gemacht. Erst im Fechtverein und später im Tanzverein. Beim Tanzverein habe ich letzten Sommer sogar ein Galadinner organisiert.
… werden irgendwann auch nur zum Alltag?
„Nach fünf Jahren ist das Auslandsstudium nichts „besonderes“ mehr“, könntet ihr jetzt denken und dass das böse Wort „Alltag“, was der Test schlechthin in jeder frischen Beziehung ist, sich mittlerweile eingestellt hat. Ein bisschen ist das natürlich der Fall. Zum Glück kann ich aber beruhigt sagen, dass Amsterdam und ich diese Phase erfolgreich gemeistert haben (für mehr Einblicke in unsere Beziehung lese gerne meinen Liebesbrief an Amsterdam). Mein Alltag hier gefällt mir gut. Ich fahre überall schnell und bequem mit dem Fahrrad hin, ich kann (unter Coronaauflagen) mehrmals in der Woche an vielen Orten meinem liebsten Hobby, dem Tanzen nachgehen, ich treffe oft meine Freund*innen und bei dem guten Wetter in den letzten Tagen sitze ich einem unserer Gartenstühle bei mir vor der Haustür in der Sonne und lese (meistens leider für die Uni, habe ich schon erwähnt, dass die Schlussphase des Masters extrem arbeitsintensiv ist?). Trotzdem erlebe ich immer wieder neue Sachen, ich gehe in Cafés, in denen ich noch nie war und lerne niederländische Wörter, die ich noch nie gehört habe.
Und nach dem Studium?
Vor ein paar Wochen ist mir klar geworden, dass ich in circa vier Monaten mein Studium abgeschlossen haben werde, dass ich ab Juli keine Studentin mehr bin. Also drängen sich jetzt langsam die großen Fragen auf: Möchte ich zurück in die Heimat nach Deutschland oder möchte ich in meinem neuen Zuhause im Ausland bleiben? Oder möchte ich ganz woanders hin?
Ich hab über den Winterurlaub über diese Dinge nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, jetzt noch keinen Entschluss zu fassen. Klingt etwas simple, ist aber für mich der richtige Weg in dieser Situation. Keiner weiß, was die Zukunft bringt und wo ich einen interessanten Job finden werde. Ob das im Rheinland in der Nähe meiner Familie, in Berlin, der deutschen Hochburg für Jobs in politischer Kommunikation, in Amsterdam oder Den Haag in den Niederlanden oder vielleicht in Brüssel, dem Zentrum der Europäischen Union sein wird – werde ich erst sehen, wenn ich anfange, mich umzuschauen.
Jetzt schaffe ich es allerdings noch, nicht damit anzufangen. Neben meinen zwei Vollzeit-Kursen, meinem Tutorenjob und der Masterarbeit habe ich schlichtweg keine Zeit, schon ernsthaft mit der Suche anzufangen. Außerdem habe ich beschlossen, ab August erst mal für ein halbes Jahr zu reisen und sämtliche Auslandspraktika und Reisen, die mit Freund*innen geplant waren nachzuholen. Durch das Geld, was ich durch meinen Job sparen konnte, habe ich auch das Glück die Möglichkeit zu haben solche Reisen finanzieren zu können. Das bedeutet also, dass ich im Sommer erst mal mein zu Hause verlassen werde. Aber wer weiß, vielleicht bin ich dann ganz schnell wieder zurück.
Also, Auslandsstudium ja, nein, vielleicht?
Vor ein paar Wochen hat eine niederländische Kommilitonin von mir einer anderen Kommilitonin erklärt, dass ich „ursprünglich“ aus Deutschland komme, nachdem diese verwirrt war, dass ich fließend Deutsch und Niederländisch sprechen konnte. Daraufhin hat mich die Kommilitonin gefragt, ob meine Familie auch Deutsch sprechen kann. Jetzt habe ich es geschafft, dachte ich, eine unbekannte Niederländerin stellt infrage, dass meine komplette Familie Deutsch sprechen kann. Momente wie diese zeigen mir, wie zu Hause ich mich mittlerweile in den Niederlanden fühle.
Ein Auslandsstudium ist wundervoll. Die Niederlande und die Niederländer*innen sind wundervoll. Für mich war die Entscheidung damals komplett die Richtige und ich kann es euch nur ans Herz legen, wenn ihr darüber nachdenkt. Auch wenn ich noch nicht weiß, wo ich in einem Jahr in einem nine-to-five Job das Ende meines Studentenlebens betrauern werde, die Niederlande, Amsterdam und die vielen tollen Erfahrungen, die ich hier machen durfte, werde ich nie vergessen.
Abschließend möchte ich noch sagen, dass es mir überaus bewusst ist, dass es ein absolutes Luxusproblem ist, sich nicht sicher zu sein, in welchem Land ich am liebsten leben möchte. Überhaupt bin ich in einer sehr privilegierten Situation, dass meine Eltern mir mein Studium in Amsterdam finanziert haben. Ich bin dafür sehr dankbar und möchte an dieser Stelle auch erwähnen, dass ihr, wenn ihm im Ausland studiert, Auslands-BAfög beantragen könnt und dass es vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) viele Stipendien für jegliche Auslandsaufenthalte gibt. Ich selber habe zu diesen Finanzierungsmöglichkeiten keine Erfahrungen, aber unter den Correspondents von studieren weltweit sind einige, die von verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten profitiert haben. Unter dem Hashtag Finanzierung könnt ihr alle Beiträge dazu finden.