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Bali: Eine Insel voller Extreme


Vor meiner Reise habe ich von allen Seiten gehört, dass mein Auslandsaufenthalt wie im Traum vergehen wird. Natürlich ist da auch etwas Wahres dran. Wenn jeder Tag anders ist, vergehen die Wochen wie im Flug. Wie im Traum, erlebte ich während meiner Reise alle nur denkbaren Gefühlswelten. Jetzt, wo ich mittlerweile einen Monat zurück im kalten Deutschland bin, kann ich einen anderen Blickwinkel auf meine Erlebnisse in Südostasien gewinnen.

Ich genieße die Aussicht vom Gipfel des Mount Ijen auf Java.
Aussicht vom Mount Ijen auf Java.

Einzigartige Kultur

Obwohl ich mein Auslandssemester komplett in Indonesien verbracht habe, stattfand, war es die beste Entscheidung, im Vorfeld an der Summer University für Entrepreneurship in Bangkok teilzunehmen. Die asiatische Kultur ist komplett anders und vielschichtiger, als alles, was ich bisher auf meinen Reisen erlebt hatte. Da kam es mir gerade recht, Thailand erst drei Wochen alleine und dann in großartiger Gesellschaft zu erleben. Was genau ich dort erlebt habe und warum ich besonders in Bangkok eine gewisse Toleranzhaltung aufgebaut habe, erfahrt ihr auf meiner anderen Correspondentenseite.

Reisfelder in Nord Bali.
Reisfelder in Nord Bali.

Geld spielt keine Rolle

Es gibt wohl nur noch wenige Länder, in denen man als Student so lange Zeit gut leben kann. Vier Monate habe ich mir mit meinen Mitbewohnern eine Villa geteilt, die neben einem Pool und einem täglichen Reinigungsdienst wirklich alles zu bieten hatte. Das Ganze kostete weniger als meine deutsche Wohnungsmiete. Dazu kamen um die drei bis vier Restaurantbesuche pro Tag, bei denen ich teilweise nur 2 Euro für eine vollwertige Mahlzeit bezahlt habe. Das unfassbar vielseitige Angebot von lokaler, westlicher und asiatischer Küche wird mir wohl noch sehr lange im Gedächtnis bleiben. Das hört sich jetzt alles natürlich traumhaft an. Viertel, die von coolen Bars und Restaurants nur so überfüllt sind, oder Clubs, bei denen man direkt am Strand feiert. Tja, und genau da fangen die Gegensätze an. Natürlich profitiert Bali enorm vom Tourismus, trotzdem gehört Indonesien immer noch zu einem der ärmsten Länder Südostasiens. Anscheinend profitieren nur die, die direkt mit dem Tourismus zu tun haben. Indonesier, die sich dem westlichen Standard auf Bali anpassen können, findet man nur sehr selten. Die breite Bevölkerung bleibt immer weiter zurück und das schafft eine enorme Distanz zwischen Einheimischen und Touristen.

Bestes lokales Essen. Hier kostet eine Mahlzeit etwa 2 Euro.
Bestes lokales Essen: Hier kostet eine Mahlzeit etwa 2 Euro.

Aufgesetzte Freundlichkeit

Wenn man Bali verlässt, erlebt man die Kultur und die Menschen als unfassbar freundlich und aufgeschlossen. Hilfsbereitschaft und Neugier sind nur einige der Eigenschaften, die ich an den Einheimischen wertschätze. Bali überkommt dagegen eine Oberflächlichkeit, in der man nach einiger Zeit nur noch das Gefühl hat, als wandelnde Brieftasche herumzulaufen. Freundlichkeit und Interesse wirken schnell aufgesetzt und eher als Mittel, um im Gespräch zu bleiben, damit Geld verdient werden kann. Das mag hart klingen, aber einige Viertel, wie zum Beispiel das südliche Kuta, haben nichts mehr mit dem ursprünglichen Kern balinesischer Kultur zu tun. Aber wer mag es den Balinesen verübeln, wenn jeden Tag hunderte Touristen leichtfüßig durch die Straßen laufen und den indonesischen Tagesverdienst für ein paar Bier rauswerfen?

Glück im Süden finden

Wer wirklich in den Genuss balinesischer Kultur und wahrer Gastfreundlichkeit kommen will, der lässt am besten den Großstadttrubel von Denpasar schnell hinter sich und findet sein Glück jenseits des Südens. Wenige Kilometer außerhalb der Millionenstadt eröffnet sich ein weitaus authentischeres Bild. Es gibt wohl nichts Befreienderes, als auf dem Roller durch die unterschiedlichen Landschaften Balis zu fahren: durch Berglandschaften und an Vulkanen vorbei direkt an die Nordküste. Auf dem Weg warteten so viele Wasserfälle, dass ich den Überblick verloren habe. Hier erwarten dich neben der beeindruckenden Natur unzählige kleine Überraschungen. Es kommt häufig vor, dass dutzende Kinder wie angestochen hinter deinem Roller hinterherrennen, weil sie ein High-Five abklatschen wollen, oder sich einfach freuen, dich zu sehen.

Bewohner eines kleinen Dorfes im Osten Balis.
Bewohner eines kleinen Dorfes im Osten Balis.
Wanderung auf dem Krater des Mount Bromo auf Java.
Wanderung auf dem Krater des Mount Bromo, Java.
Sonnenuntergang auf der Nachbarinsel Lombok.
Sonnenuntergang auf der Nachbarinsel Lombok.

Einmal gute Noten zum Mitnehmen, bitte!

Warum aufregen, wenn man ohne viel Aufwand Bestnoten mit nach Deutschland bringt? In meinem vergangenen Blogeintrag habe ich schon ein paar Worte über das GoBali Austauschprogramm und die Udayana Universität verloren. Wie zu erwarten, sind meine Abschlussnoten dementsprechend ausgefallen. Letztendlich gibt es Schlimmeres, als seinen Master-Durchschnitt noch einmal deutlich anzuheben, indem ich in einem traumhaften Land wie Indonesien studiere. Trotzdem muss ich zugeben, dass die Zustände wirklich unterirdisch sind. Kleinigkeiten, wie die fehlenden Englischkenntnisse der „Dozenten“, wurden von mir anfangs noch belächelt. Das Ganze wurde aber nach und nach zu in einer reinen Marketing-Veranstaltung, denn Abschlussklausuren wurden gar nicht erst durchgeschaut und die Benotung wirkte wie ausgewürfelt. Es wird jedoch sehr viel Aufwand in den Außenauftritt gesteckt. Wer erwartet, hier – bis auf die Noten und eine tolle Zeit – etwas mit ins deutsche Studium zu nehmen, der irrt sich gewaltig. Ich hoffe sehr, dass in den kommenden Semestern noch einige Verbesserungen in der Qualität des Studiums eingeführt werden. Trotzdem gibt es an der Freundlichkeit und der Hilfsbereitschaft der Mitarbeiter nichts auszusetzen und ich hatte trotzdem meistens viel Spaß während der Unizeit.

Während der Abschlusszeremonie der Udayana University.
Während der Abschlusszeremonie der Udayana University.

Nicht nur Plastik ist ein Problem

Da so gut wie jeder wohl an Palmen, Strände und Regenwald denkt, wenn er Bali vor Augen hat, gibt es einen Punkt, der mich wirklich erschüttert hat. Das Problem mit Plastik ist in Indonesien völlig aus der Kontrolle geraten. Selbst nach meinen Erlebnissen in Thailand war ich extrem geschockt, wie verdreckt die Straßen und die Umgebung aussehen. Es gibt keine geregelte Müllbeseitigung, gleichzeitig aber Unmengen an Plastikabfall. Das führt einerseits zu mitten im Regenwald entstehenden „Mülldeponien“ oder großflächigen Verbrennungsaktionen, in denen jeder Haushalt vor Sonnenuntergang seinen Plastikmüll verbrennt. Das Bewusstsein für diese Umweltkatastrophe scheint allerdings nur bei wenigen angekommen zu sein. Es gibt zwar Organisationen, die das Plastikproblem systematisch angehen, aber gleichzeitig schifft Deutschland jeden Tag mehrere Container Plastikmüll in diese Gebiete. Es ist erschreckend, wenn ich mir vorstelle, welches Ausmaß die Verschmutzung in den kommenden Jahren nehmen wird. Also fliegt lieber schnell nach Bali, ansonsten seht ihr nur noch Wasserfälle aus Plastikstrohhalmen.

Eine von Hunderten Müllplätzen auf Bali.
Eine von Hunderten Müllplätzen auf Bali.

Warteschlange am Wasserfall

Das sind die Momente, in denen Bali eben gar nicht so wirkt, wie man es von Instagram kennt. Und da sind wir schon beim nächsten Thema. Bali erfreut sich aktuell solcher Beliebtheit, dass die kleine Insel mittlerweile weltbekannt ist und wirklich jeder dort hin möchte. Das liegt wahrscheinlich auch an ihrer Präsenz auf Social-Media-Plattformen. Natürlich ist das grundsätzlich nichts Schlechtes. Dennoch möchte ich dazu kurz etwas loswerden: Wenn ihr aufgeschlossen und interessiert nach Indonesien kommt, dann werdet ihr wahrscheinlich enorme Unterschiede zwischen den Fotos und der Realität feststellen. Eine Kultur oder eine Landschaft sind eben nur schwer in einer fotografischen Momentaufnahme festzuhalten. Dazu kommt, dass Bali wohl der beliebteste Arbeitsort von Influencern zu sein scheint. Da diese Werbung produzieren, verzerrt dieser optimierte Content die authentische Realität. So werdet ihr bemerken, dass ihr während des Sonnenuntergangs plötzlich von Frauen in Abendkleidern umgeben seid, die in melodramatischer Art und Weise in den Ocean schlendern, um sich dabei von Drohnen und Fotografen ablichten zu lassen. Das mag sich erstmal lustig anhören, aber spätestens, wenn ihr euch Wasserfälle anschauen wollt und diese von Pärchen belagert werden, die waghalsige Jogaposen auf Felsvorsprüngen machen, während 30 andere Touristen sich zu einer Warteschlange geformt haben, beginnt auch ihr, an der Menschheit zu zweifeln. Aber auch das ist Teil der Entwicklung auf Bali. Und seien wir mal ehrlich, jeder möchte wohl ein Foto von sich bei solcher Aussicht.

Der berühmte Fotospot auf Nusa Penida.
Der berühmte Fotospot auf Nusa Penida.

Lohnt es sich überhaupt?

Wie bereits erwähnt, ist Bali von unzähligen Gegensätzen geprägt. Dennoch scheinen diese eher nebensächlich zu sein, wenn ihr das erste Mal einen Vulkan besteigt, oder die beeindruckende Küste von Nusa Penida betrachtet. Rückblickend kann ich mir wohl kaum eine bessere Auslandserfahrung vorstellen. So lange ihr eure Indonesien-Erfahrung  nicht nur auf die kleine Insel Bali beschränkt, werdet ihr unfassbare Dinge erleben und wundervolle Menschen kennenlernen. Für mich war es wohl die aufregendste Zeit meines bisherigen Lebens und meine Reise wird früher oder später zurück auf die Straßen Indonesiens führen. Das liegt wohl zu einem Großteil auch daran, dass es wohl nichts Verrückteres gibt, als mit dem Roller durch die Straßen zu heizen. Bitte denkt an mich, wenn ihr das erste Mal die Einheimischen hinter euch lasst. Danke für das ganze positive Feedback und Interesse an meiner Reise. Packt eure Sachen und erfahrt selbst, wie sich ein Auslandssemester anfühlt. Es wird wohl nie wieder so einfach sein, zu lernen und dabei die Welt zu sehen.

Fischer an einem See bei Sonnenuntergang auf Bali.
Sonnenuntergang im Norden Balis.
Ein Affe zeigt seine Zähne.
Ein Affe zeigt seine Zähne.

 

Kommentare
  1. dk1969

    4. Februar 2020

    Super beschrieben. Da bekomme ich gleich Lust, das auch mal erleben zu dürfen!

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