1. September 2022
Bereits vor dem Abflug nach Spanien wusste ich, in welcher Straße und Unterkunft ich vor Ort wohnen werde. Mir war außerdem bereits in Deutschland klar, wo mein Sprachkurs stattfinden würde. Ich kannte sogar die dazugehörigen Raumnummern, die ich am ersten Tag aufsuchen sollte. Was ich jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen konnte: Welchen Menschen ich in dieser Zeit begegnen würde.
Und genau das ist das Schöne an einem Auslandsaufenthalt – vorher nicht zu wissen, wem du begegnen wirst. Wirklich erst aufbrechen zu müssen, um eine Antwort auf diese Frage zu bekommen. Im Gegensatz dazu könntest du dich auf der Suche nach dem schönsten Strand oder dem am besten bewerteten Restaurant schon zu Hause die ein oder andere Information suchen, bevor du es dann selbst ausprobierst. Klar: Dass du in einer bisher unbekannten Stadt, in einem neuen Land zwangsläufig auf neue Menschen trifft, ist nichts Neues. Das liegt auf der Hand, bevor du dich ins Flugzeug, Auto, den Bus oder Zug setzt. Und natürlich kannst du zu Hause, in der eigenen Stadt auch immer neue Menschen kennenlernen – im Ausland passiert das aber vermutlich etwas leichter und oft automatisch. Und du stößt auf Personen und Geschichten, denen du zu Hause wohl kaum begegnet wärst. Auch weil du aufmerksamer durch den Tag gehst und kleine Momente oder Details eher wahrnimmst als zu Hause.
In diesem Beitrag möchte ich dir kurz von drei Begegnungen erzählen, die mir hier bisher besonders in Erinnerung geblieben sind. Nicht weil sie besonders spektakulär waren oder mit den verrücktesten Geschichten verknüpft sind. Und auch nicht, um zu präsentieren, wen ich hier so Tolles kennengelernt habe. Vielmehr möchte ich dir damit zeigen, dass du während deiner Zeit im Ausland in ganz unterschiedlichen kleinen Momenten auf besondere Begegnungen treffen kannst.
Nacht-Tandem mit einem Polizeichef
Wie landest du zum Beispiel mit einem Polizisten nachts in der Tapas-Bar und tauscht dich über dessen bevorstehenden Auslandseinsatz im Libanon aus? Vielleicht nicht ganz naheliegend, aber: über die Lehrerin meines Sprachkurses. Am Ende einer Stunde kam sie zur mir und fragte mich, ob ich Lust habe, einen Freund ihrer Freundin zu treffen. Dieser würde wegen seiner anstehenden Arbeit dringend ein bisschen Englisch sprechen üben wollen und im Gegenzug könnte ich dabei ja auch ein bisschen Spanisch üben. Gesagt getan. Ich gab ihr meine Nummer und am nächsten Tag erhielt ich die etwas mystische und einzige Nachricht einer unbekannten Nummer auf Spanisch: „Mañana quedamos, a las 8, debajo del reloj de la plaza mayor, vale? („Morgen treffen wir uns um 20 Uhr unter der Uhr auf dem großen Platz okay?“). Ich stimmte zu. Bis zu diesem Zeitpunkt rechnete ich noch mit einem jungen Mann in meinem Alter. Am nächsten Abend stand dann aber ein 56-jähriger Polizist am ausgemachten Treffpunkt vor mir. Was für eine Überraschung! Und wie sich später herausstellte: eine mehr als positive. Mittlerweile haben wir uns schon drei Mal getroffen. Und jedes Mal lerne ich von dem gebürtigen Salmantiner (so heißen die Einwohner Salamancas) mehr über die Stadt, die (Un-)Gewohnheiten der Spanier oder die Details in der täglichen Polizeiarbeit. Je später es wird, desto mehr wird Spanisch gesprochen; für mich ist das natürlich umso besser 🙂
Kam mir Spanisch vor: beim Friseur
Eine Begegnung, an die ich mich noch einige Zeit erinnern werde – in vielerlei Hinsicht. Zum einen liegt das daran, dass mein erster Friseurbesuch außerhalb Deutschlands nötig war. Du fühlst dich irgendwie erst so richtig angekommen, wenn du merkst, dass du nicht mehr einfach sagen kannst: „Damit warte ich, bis ich wieder zu Hause bin.“ Oder du anderen ersten Malen begegnest, denen du dich zuvor noch nie im Ausland gestellt hast: Zum Beispiel Zahnpasta nachkaufen oder einen neuen Block besorgen – Dinge, die du in Urlauben zuvor sonst eher nicht machen musstest. Besonders war die Begegnung aber auch, weil ich dabei gemerkt habe, dass sich der Sprachkurs lohnt und ich mich beim Haareschneiden problemlos flüssig über alles unterhalten konnte. Fast alles. Nur nicht darüber, wie ich meine Frisur gern hätte. Was beim Friseur ja nicht ganz unwichtig ist und letztendlich im mit Abstand kürzesten (viel zu kurzen!) Haarschnitt meines Lebens endete. Das lag aber nicht am hilfsbereiten und geduldigen Friseur, der auf einmal zum Sprachlehrer wurde und mir eine Vokabel nach der anderen beibrachte. Vielmehr an meinem mangelhaften Wortschatz, wenn es ums Haareschneiden geht. Heißt für mich: Vokabeln lernen, damit die Frisur beim nächsten Mal (dann in Kolumbien) wieder sitzt.
Schlüsselmoment: Ausgesperrt. Zum Glück!
„Rums“! Die Tür fällt ins Schloss. Und noch in derselben Sekunde fasst du dir an die Hosentasche, weil du es schon ahnst: Der Schlüssel ist nicht da, wo er sein sollte, sondern noch im Zimmer. Der Klassiker. Vielleicht gibt es dafür bessere Zeitpunkte als am zweiten Tag im Ausland. Für mich hätte es aber definitiv auch schlimmer laufen können. Denn normalerweise wäre erst am nächsten Tag wieder jemand ins Wohnheim gekommen. Nach sechs Anrufen bei sechs unterschiedlichen Nummern meldete sich schließlich eine Frau – auf schnellstem Spanisch. Keine zwanzig Minuten später war ich wieder in meinem Zimmer. Ines die ‚Frau für alles‘, wie sie sich selbst nennt, kam extra für mich noch einmal zurück und begegnete mir, als wenn wir uns schon ewig kennen würden. Taten wir zu dem Zeitpunkt aber noch nicht. Später aber schon, denn von da an haben meine Mitbewohner:innen und ich sie täglich im Wohnheim getroffen. Gracias! Eine besondere Begegnung, weil es eine der ersten überhaupt war – und dann direkt so bedingungslos herzlich. Was ein schöner Start.
Das richtige Maß
In einer kurzen Zeit auf viele neue Menschen zu treffen kann aber auch schnell überfordernd werden. Du wirst von deinen Mitbewohnern zum gemeinsamen Abendessen in der Stadt eingeladen; dein (neuer) Freund aus dem Kurs fragt dich, ob du mit ihm und ein paar Freunden wieder zum Fluss schwimmen gehen möchtest; der beste Freund aus Deutschland schickt dir eine dreiminütige Sprachnachricht und deine Mutter ruft dich an – und das alles gleichzeitig. Das ist natürlich in erster Linie etwas sehr Schönes. Wenn du dann aber eigentlich noch die Präsentation für den Kurs am nächsten Morgen vorbereiten musst, kann das schnell ein bisschen viel werden. Deshalb ist es wichtig, hierbei eine Balance zu finden. Wenn ich mit meiner Familie telefoniere, mache ich das zum Beispiel immer auf dem Heimweg von meinem Sprachkurs. Das Gute ist aber generell: Mit der Zeit entsteht diese Balance fast automatisch – genauso automatisch wie deine besonderen Begegnungen im Ausland.
Also nichts wie los! Ab ins Ausland während deines Studiums und unter neue Leute kommen. Ich hoffe, dass ich dir zeigen konnte, wie unvorhersehbar, leicht und zufällig du im Ausland auf schöne Momente triffst. Falls du noch zögerst, schreib mir gern warum oder stell mir deine Frage. Entweder hier oder bei Instagram. Ich freue mich!
Tim