2. Dezember 2020
Es weihnachtet sehr, auch in Lissabon. Lichter werden in den Straßen aufgehängt und die Supermarktregale mit Weihnachtsgebäck gefüllt. Weil es jedoch keine große vegane Auswahl gibt, habe ich mich selbst an den Ofen gewagt und den traditionellen Weihnachtskuchen Bolo Rei gebacken.
Bolo heißt übersetzt „Kuchen“ und Rei „König“, das portugiesische Gebäck namens Bolo Rei kann also mit „Königskuchen“ übersetzt werden. Der Ursprung des Gebäcks liegt in Frankreich, hier ist das Gebäck als „galette des rois“ bekannt. Im 19. Jahrhundert hat die offizielle Bäckerei des portugiesischen Königshauses, die Confeitaria Nacional , den ersten Bolo Rei in Portugal gebacken. Bis heute bäckt die bekannte Bäckerei nahe des Marktplatzes Rossio, das traditionelle Weihnachtsgebäck. Jedoch kann es mittlerweile fast überall gekauft werden, auch in dem Supermarkt direkt bei mir ums Eck.
Statt aber den fertigen Kuchen zu kaufen, habe ich im Supermarkt nur die Zutaten zum selber backen besorgt. Ich habe davor im Internet nach unterschiedlichen Rezepten gesucht, das war gar nicht so leicht, da es nicht viele vegane Variationen gibt. Am Ende habe ich mich von vielen unterschiedlichen Rezepten inspirieren lassen und ein wenig „Pi mal Daumen“ gebacken. Wer aber ein wenig mehr Sicherheit beim Kuchenbacken möchte, dem kann ich das Rezept von Silvia empfehlen. Die Food– und Weinbloggerin mit portugiesischen Wurzeln stellt auf ihrem Blog Volle Lotte ein altes klassisches Rezept für den Bolo Rei vor (nicht vegan), auf ihren Fotos schaut der Weihnachtskuchen sehr lecker aus.
Für meinen veganen Bolo Rei habe ich folgende Zutaten verwendet:
- 550g Weizenmehl
- 200 ml Mandelmilch
- Vier EL Kokoszucker
- Ein EL Zimt
- 3 TL Kokosöl (+ ein wenig zum einfetten)
- Prise Salz
- Ein Päckchen Trockenhefe
- Ein Spritzer Zitronensaft
- Abrieb von einer Zitrone und einer Limette
- Eine Handvoll Cashewkerne
- Eine Handvoll getrocknete Aprikosen
- Eine Handvoll getrocknete Datteln
- Eine kleine Handvoll Rosinen (traditionell gehören Rosinen in den Kuchen, deshalb wollte ich sie nicht ganz weglassen, obwohl ich nicht wirklich ein Rosinen-Fan bin)
Alle Angaben sind ohne Gewähr, da ich ein wenig Chaos beim Backen veranstaltet habe und am Ende eher nach Gefühl als nach Rezept gebacken habe. Ich versuche genau wiederzugeben, wie ich gebacken habe, aber das ist vielleicht nicht die beste Idee. Deshalb lege ich allen wärmstens ans Herz, sich erst mal meine Fehler durchzulesen, um dann ein paar Schritte beim Backen anders und auch besser zu machen.
So habe ich meinen ersten veganen Bolo Rei gemacht:
Zuerst habe ich Mehl, Milch, Zucker, Zimt, Salz und Kokosöl miteinander vermengt und durchgeknetet.
Ich habe mich für Kokoszucker statt normalen weißen Zucker entschieden, da er weniger süß schmeckt und ich den Eigengeschmack auch sehr gerne mag. Zimt stand in keinem der Rezepte, die ich gefunden habe, aber ein wenig weihnachtliches Gewürz kann nicht schaden. Auch Kokosöl kam in keinem der Rezepte vor, aber da ich keine vegan Butteralternative mag, habe ich das für mich dementsprechend abgewandelt. Salz stand auch nirgendwo drin, aber meine Mama macht immer eine Prise Salz in ihre Kuchen und da niemand so gut Kuchen backen kann wie Mama, durfte die kleine Prise bei meinem Bolo Rei natürlich auch nicht fehlen.
Tatsächlich sah der Teig nach dem ersten Kneten bereits recht gut aus. Jedoch war die Teigkugel etwas klein und mir fiel erst am Ende auf, dass ich die Trockenhefe vergessen hatte. Ich habe davor noch nie mit Trockenhefe gearbeitet, deshalb habe ich mich versucht, nach der Anleitung auf der Packung zu richten. Da dort eine größere Menge Mehl verwendet wurde, habe ich einfach ein wenig mehr Mehl in die Schüssel gegeben und als das ganze dann zu trocken war, noch einen (zu) großzügigen Schuss Mandelmilch hineingeschüttet. Meine Mama hat mir mal gesagt, das Kochen nach Gefühl geht und es beim Backen vor allem auf die richtigen Mengenangaben ankommt. Also nächstes Mal versuche ich mich erst mal mehr an die Mengenangaben zu halten. Die Angaben, wie ich sie oben aufgelistet habe, ist aufgrund meiner experimentier Freudigkeit eher eine Schätzung. Ursprünglich habe ich mit 450 g Mehl, 150 ml Mandelmilch und nur drei EL Kokoszucker angefangen.
Nachdem ich immer wieder vorsichtig ein wenig mehr Mehl hinzugegeben habe, ist aus der undefinierbaren, flüssigen Masse auch langsam wieder ein Teig geworden. Um dem Ganzen dann doch noch etwas Gutes hinzuzufügen, habe ich sowohl von einer Limette als auch von einer Zitrone ein wenig Schale abgerieben und mitsamt einem Schuss Zitronensaft in den Teig gemischt. Nachdem der Teig wieder eine feste Kugelform angenommen hatte, habe ich die Schüssel mit einem Küchentuch abgedeckt und für 30 Minuten durfte der Teig ruhen. Diese Zeit eignet sich hervorragend, um einen Teil der Trockenfrüchte bereits klein zu schneiden. Die Rosinen habe ich aufgrund der Größe so gelassen, wie sie sind. Die Datteln und Aprikosen habe ich in kleine Würfel geschnitten und die Nüsse halbiert. Ich habe für den Geschmack bereits geröstete Cashewkerne gekauft. Wichtig dabei ist, dass die Nüsse aber nicht zusätzlich gesalzen sind. „Geröstet“ heißt auf Portugiesisch torrado und „ohne Salz“ bedeutet sem sal.
Nachdem die Früchte und Nüsse im Teig sind, darf er nochmal weitere 10 bis 20 Minuten ruhen, wieder im dunkeln und am besten auch an einem wärmeren Ort. Ich habe in der Zeit den Ofen auf 180 Grad Ober–/Unterhitze vorgeheizt und Backpapier auf ein Backblech gelegt und zusätzlich mit ein wenig Kokosöl eingefettet. Wenn der Teig endlich fertig geruht ist, dann kann er in die königliche Form gebracht werden. Charakteristisch für den Bolo Rei ist nämlich seine runde Form mit dem Loch in der Mitte, was ein wenig nach einer Krone aussieht. Mit den Fingerspitzen (wir haben leider keinen Küchenpinsel in der WG) habe ich den Teig noch mit ein wenig Mandelmilch glasiert. Zum krönenden Abschluss habe ich noch jeweils zwei Datteln und zwei Aprikosen in lange Streifen geschnitten und damit meinen kleinen Bolo Rei verziert. Dann kam die portugiesische Krone in den Ofen und blieb dort ungefähr 35 Minuten.
Ich darf sehr stolz berichten, dass mein aller erster veganer, portugiesischer Bolo Rei trotz einem kleinen experimentellen Tief gelungen ist. Außen ist der Kuchen knusprig, innen dank der Früchte und Nüsse saftig und locker. Im Supermarkt schaut der fertige Bolo Rei recht künstlich und giftig aus, mit seinen bunten, karamellisierten Früchten. Meine vegan Variante ist nicht so süß, aber dafür kann man auch mehr davon essen, ohne dass einem davon schlecht wird. Mich erinnert der Königskuchen ein wenig an den Früchtekuchen, den ich von zu Hause kenne.
Etwas, was ich bei meinem Bolo Rei nicht gemacht habe, was aber eigentlich portugiesische Tradition ist, ist eine kleine Bohne im Kuchen zu verstecken. Der– oder diejenige der/ die die Bohne im Kuchen findet, muss im nächsten Jahr den Kuchen kaufen oder am besten selber backen. Auch wenn ich keine Bohne in meinem Bolo Rei eingebacken habe, werde ich das Rezept sicherlich nächstes Jahr wieder ausprobieren, um mich an meine Vorweihnachtszeit in Lissabon zurückzuerinnern.
Ich freu mich über Feedback, falls jemand das Rezept Nachbacken sollte und wünsche euch eine frohe Vorweihnachtszeit aus Lissabon.