1. Oktober 2016
Beirut, Tag 6: Zeit, meine neue Heimat zu Fuß zu erkunden. Was eine Beiruter Cab-Story ist und wie es der Anblick des Holiday Inn schafft, mich nachdenklich zu stimmen? Begleitet mich auf meinem Spaziergang.
Hier wohne ich
Dieses wunderschöne Gebäude aus den 70ern ist für die nächsten Monate der Ort an dem ich studiere, schlafe, wohne, lebe, esse, lerne. Die Near East School of Theology, kurz N.E.S.T., integriert Büros, Vorlesungsräume und Wohnheimzimmer an einem Ort. Sie liegt in Hamra, einem beliebten Viertel im Westen der Stadt.
Übrigens: Die NEST war mal das höchste Gebäude der Gegend. Dass das schon länger nicht mehr so ist…
Runter zur Corniche
… seht ihr auf diesem Bild. Von der NEST brauche ich nur wenige Minuten zur Uferpromenade, die Corniche heißt. Zu jeder Tages- und Nachtzeit wird hier flaniert und mit Blick auf die angrenzenden Gebäude lässt sich eines sicher feststellen: Seaview ist auch in Beirut sehr beliebt.
Das Holiday Inn
Weiter an der Promenade entlang stoße ich auf das ehemalige Holiday Inn. Das Holiday Inn wurde zwei Jahre vor dem libanesischen Bürgerkrieg (1975-1990) eröffnet und war, vor allem aufgrund seiner Höhe, oft Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen. Im Gegensatz zu vielen anderen Gebäuden der Gegend wurde es nach dem Bürgerkrieg nicht saniert und so steht es bis heute wie ein Mahnmal zwischen den umliegenden Luxusbauten.
Downtown Beirut
Ich spaziere weiter Richtung Osten und erreiche Downtown Beirut, das ehemalige Zentrum der Stadt.
Auch Downtown Beirut wurde im Bürgerkrieg zerstört. Die Viertel rund um den früheren Suq, den Markt, wurden wieder aufgebaut, das Leben verlagert sich jedoch mehr und mehr in die anliegenden Viertel. So fühlt sich Downtown Beirut für mich eher an wie ein Filmset, als eine quirlige Innenstadt. Seine Straßen und Plätze sind merkwürdig leer.
Mohammad Al-Amin und St.George
Zuletzt muss natürlich noch eins der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt besucht werden: Die Mohammad Al-Amin Moschee. Am Beginn der 2000er Jahre eröffnet, steht die Moschee in direkter Nachbarschaft zur St. Georges Cathedral, einer der prestigeträchtigsten Kirchen der Stadt. Zu diesen beiden Bauten gibt es eine beliebte Cab-Story. Cab-Stories werden hier Geschichten genannt, die seit Jahren von Taxifahrern, deshalb Cab, oder auch anderen BewohnerInnen Beiruts erzählt werden. Dabei kann man meist nicht mehr sagen, wie intensiv diese im Laufe der Jahre mit erdachten Details ausgeschmückt wurden. Diese Cab-Story geht jedenfalls wie folgt: Alle paar Jahre wird an Kirche oder Moschee der jeweilige Turm etwas höher und zwar immer genau ein Stück höher als der des Nachbarn gebaut. Ist das geglückt, fängt der überholte Nachbar wieder von vorne an.
So mache ich mich mit vielen Eindrücken auf den Weg zurück nach Hamra. Wie es sich dort lebt und studiert? Das erfahrt ihr in meinem nächsten Beitrag.