29. September 2019
Meine Heimathochschule in Köln ist die größte Fachhochschule Deutschlands. Auf der anderen Seite steht meine neue Heimat La Réunion: gerade einmal 15.600 Studierende waren im letzten Jahr an der einzigen Universität der Insel eingeschrieben. Wer aber denkt, die kleine Hochschule könnte der großen nicht die Stirn bieten, muss jetzt unbedingt weiterlesen.
Ein paar Fakten vorweg
Die Université de La Réunion hat auf der Insel verteilt drei Campus (ja, das ist der richtige Plural, hab’s nachgeguckt) mit mehreren Fakultäten für verschiedene Bachelor- und Masterstudiengänge. Ich studiere am größten Campus der Universität, der befindet sich in Moufia, einem Stadtteil von Saint-Denis.
Und dieser Campus sieht so aus:
Was bietet die Uni ihren Studierenden?
Es gibt viele Dinge, die im Vergleich zu meiner Heimathochschule wirklich, wirklich anders sind. Ich muss mich beispielsweise immer noch an die Sicherheitskontrollen gewöhnen. Der ganze Campus ist nämlich umzäunt, es gibt an zwei Seiten jeweils einen Eingang für Autos und Fußgänger und wer den Campus betreten möchte, muss bei einer Ausweiskontrolle vorweisen, dass er dazu berechtigt ist, zum Beispiel mit einem Studierendenausweis. Zusätzlich ist der Campus rund um die Uhr per Video überwacht und schließt um 21 Uhr. Dann kommt nur noch rein, wer vorweisen kann, dass er in einem der Wohnheime auf dem Campus wohnt.
Neu ist für mich außerdem, dass es auf dem Campus eine Arztpraxis gibt. Bei Problemen kann man sich in der Mittagspause Allgemeinmedizinern, Gynäkologen, Psychologen und sogar Hebammen vorstellen. Wer möchte, kann sich auf dem Campus impfen lassen oder über Verhütungsmethoden informieren; es gibt eine Stelle für Ernährungsberatung und sogar Hilfe dabei, sich das Rauchen abzugewöhnen. Für Studierende ist das sogar komplett kostenfrei.
Außerdem gibt es eine sogenannte Pôle Égalité, quasi ein Büro, das sich zur Aufgabe gemacht hat, für Gleichberechtigung auf dem Campus zu sorgen. Die Mitarbeiter setzen sich hier in erster Linie für die Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung und Frauen ein; über den Campus verteilt hängen beispielsweise Plakate, die daran erinnern, dass es in Frankreich gesetzlich verboten ist, Frauen auf der Straße sexuell zu belästigen.
Das Sport- und Freizeitangebot der Universität kann sich ebenfalls sehen lassen. Ich habe mich voller Übereifer für die verschiedensten Sportkurse angemeldet und mache jetzt Muskelsport, Beach Volleyball und Rafting. Ja, das geht hier nämlich! Kostenlos und von der Uni organisiert werde ich im November (also im Sommer) jeden Mittwoch drei Stunden lang raften gehen. Und weißt du, was noch unglaublicher ist? Wenn ich wollte, könnte ich mich in den Sportkursen bewerten lassen und bekäme dafür Punkte auf meinen Bachelor angerechnet.
Aber das ist immer noch nicht das Beste: die Uni bieten außerdem noch Segeln, Tauchen, Mountainbiking inklusive Tour durch Madagaskar und Canyoning (= durch Schluchten und Wasserfälle klettern) an. Wer seinen ganzen Bachelor hier absolviert, kann durch die verschiedenen Semester hindurch sogar immer wieder an Tauchkursen teilnehmen und mit einem Tauchzertifikat abschließen.
Mit einem Tauchzertifikat! Mit dem Hochschulsport!
Ob Semesterbeginn, Halloween oder weil heute Samstag ist: Studierende finden bekanntlich immer einen Grund zum feiern und die Universität macht dabei gerne mit. Zum Semesterstart wurde beispielsweise ein privates Konzert auf dem Campus in Moufia organisiert, zu dem die bekanntesten DJs der Insel kamen. Für Halloween steht schon die nächste große Party an und in der Zwischenzeit organisieren Studierende der Uni für uns Internationals Stammtische, Ausflüge und – genau – noch mehr Partys.
Was das Studentenleben dagegen verkompliziert…
… ist vor allem die Tatsache, dass sich Räume und Zeiten von Kursen teilweise mitten im Semester ändern. Die wenigsten Kurse finden von Semesterbeginn bis Semesterende statt, viele fangen erst Wochen später an oder hören mittendrin auf. Das macht es für uns internationale Studenten wirklich nicht einfach. Ich habe schon davon erzählt, wie sehr ich mit meinem Stundenplan zu kämpfen habe und leider muss man das Semester hindurch auch weiterhin darauf achten, dass Kurse nicht plötzlich die Uhrzeiten ändern und sich dann mit anderen überschneiden.
Insgesamt komme ich aber gut zurecht, was auch daran liegt, dass wir Austauschstudierenden uns gegenseitig viel helfen. Es ist extrem wichtig, andere Studenten kennenzulernen und sich zu vernetzen. Damit das leichter klappt, hat zum Beispiel Correspondentin Clara in Toulouse ein paar gute Tipps parat.