10. Dezember 2017
Ausländer lernen in China schnell, ihre Wünsche effektiv zu kommunizieren. Das Risiko ist einfach zu hoch, beispielsweise im Restaurant, das Falsche auf den Teller zu bekommen. In den ersten Wochen schafft man es mit dem Zauberwort „zhege, zhege!“ – „das hier, das hier!“ durch den Alltag. Dazu muss man auf das gewünschte Gericht oder Produkt zeigen und „zhege“ sagen. In China ist es von größter Bedeutung, den Alltag zu meistern. Das heißt: Nicht zu verhungern, die richtige U-Bahn zu nehmen und den ersten Kontakt zu den chinesischen Mitmenschen zu wagen.
Freundliche Komplimente: der erste Kontakt
Die Chinesen sind oftmals freundliche und hilfsbereite Wesen. Sie sind stets dazu geneigt, mit Ausländern in Kontakt zu treten und einen auch beim Chinesischlernen zu unterstützen. Man beachte jedoch, dass die Unterhaltungen gerade am Anfang sehr standardisiert sind. Der Fremde wird gefragt aus welchem Land er kommt (Deutschland hören sie sehr, sehr gerne). Daraufhin loben sie einen für die guten Chinesischkenntnisse und für eine für das Herkunftsland typische Tugend. Deutsche Männer gelten beispielsweise als tüchtig und gutaussehend, Koreaner als modisch, Israelis als klug. Höflich ist es hier, sich nicht für das Kompliment wie bei uns zu bedanken („xiexie ni“), sondern es bescheiden abzutun („nǎlǐ, nǎlǐ“ sagen und sich die Hände peinlich gerührt übers Gesicht legen). Da ich mich drei Kulturkreisen zugehörig fühle, wähle ich stets nach Stimmung aus, welche höflichen Komplimente ich denn hören möchte und füge beispielsweise hinzu: „Nide zhongwen ye hen hao“ („dein Chinesisch ist auch super“), wenn jemand mein Chinesisch lobt.
Der standardisierte Ablauf der Gespräche erleichtert es zu Beginn, die Sprache zu trainieren. Man kann sich also nach und nach steigern. Dazu kommt die geringe Schwelle einander auf der in China dominierenden Messenger-App WeChat hinzuzufügen. Schreiben die neuen Kontakte auf Chinesisch, erlaubt es die App den Text unmittelbar zu übersetzen. Somit lässt sich auch das Lesen und Schreiben üben. Die Chinesen sind den ganzen Tag auf Wechat. Sollte man also irgendwann Schwierigkeiten haben, ein Problem verbal zu lösen, hilft das Zauberwort: „Keyi Weishin ma?“ (Können wir auf Wechat kommunizieren?). Gerade deswegen ist es immer ein kleiner Erfolg, wenn man es schafft ganz ohne Apps auszukommen. Ein Höhepunkt ist auf jeden Fall, wenn man zum ersten Mal etwas am Telefon erledigen kann, sei es eine Bestellung aufzugeben oder einen Treffpunkt mit dem Postboten (das ist hier so üblich) auszumachen.
Der Chinesischunterricht
Der Unterricht ist hervorragend. Das liegt auf jeden Fall daran, das das Fremdsprachenstudium in China einen extrem hohen Stellenwert genießt. An der Beiwai, der Uni an der meine Sprachkurse stattfinden, teilt sich dieser in Hanyu (Hochchinesisch) und Koyu (gesprochenes Chinesisch). Davon hat man dann jeweils 10 und 8 Unterrichtseinheiten pro Woche. Dazu kommen 4 Stunden Wirtschaftschinesisch. Die Lehrerinnen und Lehrer arbeiten mit Herzblut und entwickeln geschickte Strategien, um wirklich das Lernpotenzial aller Schüler zu fördern. Einmal pro Woche steht ein Diktat an, bei dem man sowohl sein Hörverständnis wie auch die Schreibfähigkeiten unter Beweis stellen muss. Interessant am Unterricht ist auch, dass obwohl die Unterrichtssprache Englisch ist, man relativ bald mit den Kommilitonen auf Chinesisch kommuniziert. Die tolle Atmosphäre im Unterricht führt dazu, dass man sehr schnell seine Angst vor der Sprache verliert.
Es scheint mir, dass man durch das Erlernen der chinesischen Sprache eine Vielzahl neuer Freunde machen kann. Ich bin seit drei Monaten hier und habe bereits das Gefühl, schon fast ganz ohne Englisch auszukommen. Ich kann mit chinesischen Freunden essen gehen und die Unterhaltungen relativ gut mitverfolgen. Selbstverständlich stolpert man über unbekannte Grammatik oder Vokabeln, aber im Grunde halte ich die Lernerfahrung bisher für sehr effektiv – wie mein Lieblings-Motto auf Chinesisch so schön lautet: „Keyi!“ – „Geht klar“!