31. Mai 2016
Eine koreanische Freundin von mir ist im Chor meiner Pekinger Uni und lud mich zu einem Konzertauftritt ein. Gemeinsam mit ein paar Freunden ging ich hin. Was mich im Konzertsaal erwartete und wie der ganze Abend verlief, hat mich mehr als überrascht.
Pünktlich um 19 Uhr sollte das Konzert beginnen und wir saßen natürlich pünktlich auf unseren Plätzen. Um uns herum: Gähnende Leere. Erst nachdem die Lichter ausgegangen waren und die Moderatoren schon auf der Bühne standen und ihre ersten Sätze gesagt hatten, strömten noch einige Zuschauer herein.
Konzert, Wettbewerb oder Festival – wo bin ich eigentlich?
Die Chöre verschiedener Pekinger Unis traten an diesem Abend auf. Jeder Chor durfte zwei Lieder vortragen. Ob es einen Gewinner geben würde? Es gab zwar eine Jury, von der hörte und sah man aber nichts. Durch die Zwei-Lieder-Regel konnte man sich leider nicht sehr gut in einen Chor „reinhören“. Ich finde traditionelle Konzerte fürs Publikum deutlich angenehmer.
Und dann verlassen alle fluchtartig den Saal.
Nachdem der große Teil des Publikums erst zu spät kam, verließen die meisten auch schon nach ein oder zwei Chören den Saal. Immerhin schien es einigermaßen normal, die einzelnen Darbietungen abzuwarten, aber danach wurde oft geradezu fluchtartig der Saal verlassen. Alle, die der Gesang nicht interessierte, waren ausgiebig mit ihrem Handy beschäftigt. Gleich mehrmals störte ein lauter Klingelton. Wirklich viele Zuschauer waren aber eh zu keinem Zeitpunkt da, dafür aber drei große Filmkameras, sowie mehrere professionelle Fotografen. Mir ist das ein absolutes Rätsel, da die Chöre, alle wirklich gut waren und durchaus hörenswert, wie ich fand.
Wann kommt eigentlich der Applaus?
Irgendwie schien sich keiner so richtig entscheiden zu können. Ich war irgendwann völlig verwirrt. Manchmal wurde geklatscht, wenn der Dirigent auf die Bühne kam, manchmal nicht. Manchmal zwischen den zwei Liedern, die von jedem Chor vorgetragen wurde, manchmal nicht. Manchmal wenn sich die Sänger verbeugten und manchmal nicht. Irgendwann habe ich aufgegeben, das System zu verstehen. 😅
Musical, Tanz oder Chorgesang – irgendwas dazwischen.
Ruhiger Gesang, bei dem alle auf ihre Liedblätter starren? Mitnichten. Es wurde getanzt, geklatscht, auf Gläsern Musik gemacht und sogar Kostüme gewechselt. Auch die Kleider der Sänger hätten sich auf jedem Ball sehen lassen können.
Trotz all der (leicht schockierenden) Unterschiede hatte ich einen sehr schönen, musikalischen, manchmal (staunend) lustigen Abend. Musik ist eben doch eine Sprache, die jeder spricht!