16. Juni 2024
Ich bin für mein letztes Semester ins Ausland gegangen, was bisher eher wenige Studierende machen. Da stellt sich die Frage, ob sich ein Auslandssemester am Ende des Studiums überhaupt noch lohnt? Das und noch viel mehr werde ich in diesem Beitrag beantworten!
Woran hat et jelegen, dass ich für mein letztes Semester nach Rom gegangen bin? Zum einen habe ich mich immer am Modulhandbuch meines Studiengangs entlang gehangelt und zum anderen mein Nebenfach nach zwei Semestern gewechselt. Tatsächlich wollte ich nämlich ursprünglich im Wintersemester ins Ausland, habe aber eine Verschiebung beantragt. Denn in meinem Nebenfach wurden Semester gebundene Seminare angeboten, die ich mir im Ausland so nicht hätte anrechnen lassen können. Demnach wäre zwangsläufig noch ein Jahr mehr Studium vor mir gestanden, worauf ich keine Lust hatte. Die Verschiebung des Aufenthalts aufs Sommersemester hat zudem problemlos funktioniert.
Macht das überhaupt einen Unterschied?
Ich stehe nun am Ende meines Auslandsaufenthalts und würde sagen, JA, es macht definitiv einen Unterschied zu welchem Zeitpunkt im Studium du ein Auslandssemester einlegst. Allein schon Faktoren wie Alter und bereits gesammelte (Lebens-)Erfahrung spielen da eine gewisse Rolle. Aber natürlich ist zudem der Studienaufwand je nach Universität ein anderer. Achtung, hier ist es wichtig die Vorgaben bei der eigenen, sowie bei der Gastuniversität, die jeweiligen Credit-Points für Learning Agreement und Erasmusförderung einzuhalten! Diese Werte können je nach Standort stark abweichen, unabhängig davon, wie viele Credit-Points im Heimatland schon absolviert wurden. In meinem Fall hatte ich als Vorgabe der La Sapienza in Rom, mindestens 12 Credit-Points für das Learning Agreement zu belegen. Für die Erasmusförderung gab es keinen minimalen Wert, jedoch wird es nicht gerne gesehen, dass gar keine Prüfungsleistungen erbracht werden (deshalb habe ich auch brav all meine Seminare mit Examen abgeschlossen).
Vorteile
Einen Vorteil, den du eventuell aus dem oberen Absatz herauslesen konntest, ist, dass es je nach Vorgaben ein wenig entspannter sein kann, am Ende des Studiums ein Auslandssemester anzuhängen. Selbst wenn ein höheres Pensum an zu belegenden Kursen anfällt, so fällt der Notendruck im letzten Schritt weg. Ich kann/muss mir keines meiner absolvierten Seminare anrechnen lassen. Das ließ meine Klausurenphase etwas entspannter aussehen, als die von ein paar meiner Freunde.
Zudem hatte ich dadurch die Freiheit, mir meine Kurse nach reinem Interesse auszusuchen. Zu Beginn habe ich ein Seminar über nationales und internationales Kino, einen Kurs über performante Kunst in der Politik und einen, der Richtung Architektur einschlug gewählt. Den letzten Kurs habe ich jedoch wieder abgewählt. Es handelte sich hier um einen Fortgeschrittenenkurs und meine Fachrichtung Medienwissenschaft konnte nicht wirklich die passenden Grundlagen bieten. Die anderen beiden Kurse verfolgte ich weiter und vor allem „global and minor cinema“ hat es mir angetan und war eine ganz andere Erfahrung gegenüber des gewohnten Lehrstils an meiner Uni. Hier schauten wir jede Stunde einen neuen Film und analysierten ihn gemeinsam im Nachhinein unter Hinzunahme von Literatur.
Durch die gegebenen Freiheiten war es zudem möglich ohne Gewissensbisse Roadtrips zu unternehmen, die ich jedem ans Herz lege und auf keinen Fall missen wollen würde! Ich habe zwei Kurzreisen im letzten Monat meines Aufenthalts gemacht, einmal nach Neapel und weiter über die Amalfiküste. Meine zweite Reise ging nach Bari. Die Freundin, die mit in Apulien war, musste zwei Tage nach unserer Rückreise noch Klausuren zu schreiben. Sie konnte den Trip zwar auch genießen, saß aber abends immer noch eine Weile vor ihren Lernsachen und fühlte sich etwas schlecht, wenn sie mal nicht dazu kam. Ich hingegen konnte die Reise in vollen Zügen genießen.
Zu guter Letzt konnte ich mich hier auch schon meiner Bachelorarbeit widmen. Dank Digitalisierung ist es ja zum Glück möglich über Landesgrenzen hinaus mit Dozierenden beziehungsweise Betreuenden der Bachelorarbeit in Kontakt zu stehen. Tatsächlich hatte ich im Ausland teilweise mehr Motivation, meine Bachelorarbeit voranzubringen, als in Deutschland. Solange keine Daten an einem bestimmten Standort gesammelt werden müssen, lässt sich super im Ausland an Abschlussarbeiten feilen. Ich war auch nicht die Einzige, ein Freund von mir hat seine Masterarbeit tatsächlich von Rom aus komplett fertiggestellt und sogar abgegeben. Chapeau!
Ich könnte mir jetzt versuchen einige Nachteile aus den Fingerspitzen zu ziehen, aber wirklich relevante Dinge fallen mir tatsächlich nicht ein. Da das aber eine super individuelle Sache ist, versuche ich mal ein wenig kleinkariert zu sein! Ein Nachteil könnte sein, dass du eventuell weniger Freunde aus deinen Unikursen findest, wenn du weniger Vorlesungen besuchen musst. Zusätzlich könnte die Langeweile teilweise größer ausfallen, wenn du die einzige Person bist, die einen leereren Stundenplan hat als dein Freundeskreis im Ausland.
Und Nachteile?
Eventuell könnte dadurch auch die Motivation fehlen, sich überhaupt für die Uni aufzuraffen und beispielsweise an der Abschlussarbeit zu arbeiten. Bezüglich des Lebens vor Ort kann ich keine Nachteile benennen, da so viele unterschiedliche Menschen aus verschiedenen Kulturen und Altersgruppen zusammenkommen. Demnach spielt es keine Rolle, in welcher Phase des (Studien-)Lebens du dich befindest, Anschluss findest du immer!
Motivation für die Bachelorarbeit
Ein paar Tipps, wie du auch im Ausland fleißig bist
- Lerncafés oder Bibs nutzen (ersteres bietet nice Snacks und Erfrischungsgetränke)
- mit Freunden zu study sessions verabreden – Gruppenzwang hilft!
- falls sich niemand findet: feste Termine in der Woche in den Stundenplan eintragen und einhalten
- Meinungen oder Korrekturen von anderen einholen
- Schreibblockade? Pause einlegen und nächste Woche wieder reinstarten!
Aber ist ein Auslandssemester am Ende des Studiums nicht einfach nur Halligalli und „verschwendete Zeit“? Zugegeben, auch ich habe mir die Frage gestellt, ob das Auslandssemester tatsächlich sinnvoll investierte Zeit ist. Wäre es nicht schlauer, sich schon mehr beruflich weiterzubilden? Ein Praktikum zu machen oder ähnliche Schritte wahrzunehmen? Ich bin doch schon so weit im Studium, was für neue Erfahrungen werde ich schon groß machen?
Große Chance oder verschwendete Zeit?
Danke Rom, für Alles.
Vorweg, ich bereue es kein bisschen, für vier Monate nach Rom gegangen zu sein! Wir sind doch alle nur einmal jung und können Möglichkeiten wie diese bedingt oft im Leben wahrnehmen – wieso also aussparen? Und bezüglich der beruflichen Zukunft: auch hier besteht in jungen Jahren noch viel Zeit, sich dieser ausführlich zu widmen. Auch ich beginne in einem Monat ein Praktikum, von dem ich immer geträumt habe und auf das ich mich während meines Auslandsaufenthalts beworben habe. Ich habe mir sagen lassen, dass sich Auslandserfahrung übrigens auch ganz gut im Lebenslauf macht.
Zusätzlich habe ich tatsächlich mehr neue Dinge gelernt, als ich zu Beginn vermutet habe. Es ist wie ein Sprung ins kalte Wasser und eine Art „Ersti-Sein 2.0“. Nur eben im Ausland. Neue Kultur, neue Sprache und begrenzte Zeit. Und ganz viele neue Menschen, zum Teil auch Herzensmenschen. Ich möchte diese Zeit, die Geschichten, Erfahrungen, Lacher, Tränen, Reisen, Herausforderungen (z.B. unfassbar unordentliche Mitbewohner) und unscheinbare Nächte, die Großartiges bergen, auf keinen Fall missen wollen. Ich bin kein neuer Mensch, aber die Insel „Auslandssemester“ ist ganz nach dem Film „Alles steht kopf“ eine Erweiterung im Repertoire!
xx
Elea