5. September 2023
Das Leben in Südkorea unterscheidet sich deutlich von dem, was ihr gewohnt seid, und wahrscheinlich werdet ihr von einigen Unterschieden zur europäischen Kultur überrascht sein. Das ist jedoch völlig in Ordnung! Schließlich habt ihr euch gerade deshalb für einen Aufenthalt im Ausland entschieden – um Neues zu lernen und zu erfahren. Es gibt kaum etwas Schöneres, als sich auf neue Erfahrungen einzulassen, insbesondere wenn es sich um eine völlig andere Kultur handelt.
Herzlichkeit ohne Ende
Was mich hier als Erstes beeindruckt hat, ist das Verhalten der Menschen zueinander. Die Leute sind unglaublich nett und freundlich. Ich fühle mich ehrlich gesagt sehr wohl, wenn ich in Geschäfte oder Restaurants gehe. Ich könnte Geschichten erzählen, und das werde ich auch tatsächlich tun, haha. Es kommt ab und zu vor, wenn ich irgendwo essen gehe, dass die Mitarbeiter sehr freundlich zu mir sind. Sie fragen immer nach, ob ich weiß, wie ich ihre Gerichte essen sollte. Ich muss auch sagen, meistens war ich mit koreanischen Freunden unterwegs, die sich auskennen und mir hätten zeigen können, wie es geht. Allerdings bestehen die Mitarbeiter des Restaurants darauf, es mir selbst zu zeigen, und das finde ich total schön. Ich merke, wie stolz sie auf ihre eigene Kultur und ihr Essen sind. Ich mag das!
Neulich habe ich etwas ganz Besonderes erlebt. Als ich mit Freunden unterwegs war, sind wir an einem Restaurant vorbeigelaufen, das ein interessantes Konzept hatte (Essen auf dem Campingplatz). Die Stühle am Eingang waren sogar Campingstühle. Da wir auf der Suche nach einem Restaurant waren, haben wir uns entschieden, in diesem Restaurant zu essen, nachdem der Inhaber uns sehr freundlich angesprochen hat. Wir waren die einzigen Kunden an diesem Abend (spät nachts). Er hat die Gelegenheit genutzt, uns sein Konzept vorzustellen. Nach ein paar Minuten ist mir aufgefallen, dass er ein Mikrofon und einen riesigen Lautsprecher in seinem Restaurant hatte. Natürlich habe ich ihn gefragt, warum. Und wisst ihr was? Nein, bestimmt nicht. Aber die Bilder sprechen für sich 🙂
Ein zweites Beispiel: Ich habe bei einem Geschäft einfach 40 Prozent Rabatt auf eine Limited Edition der Seoul Marathon Schuhkollektion bekommen. Warum? Es war etwas über meinem Budget, aber ich wollte es so gerne als Souvenir. Der Manager hat mich beobachtet, wie ich lange überlegt habe, und hat mir den Rabatt angeboten. Vielleicht hatte ich einfach Glück, aber trotzdem cool.
Eine Sache des Respekts
Meine Bitte an euch ist: Namen sind wichtig! Versucht zunächst, den Namen richtig zu hören und auszusprechen, anstatt zu sagen: „Das ist zu kompliziert“, „Ich kann das nicht aussprechen“ oder „Hast du einen englischen Namen?“. Als Ausländer in Deutschland habe ich selbst solche Aussagen als respektlos empfunden und die meisten Koreaner empfinden das genauso. Bitte gebt euch Mühe.
Ihr könnt die Leute auch bitten, ihren Namen einfach aufzuschreiben. Es fällt oft leichter, wenn man eine visuelle Vorstellung davon hat, wie der Name geschrieben wird.
Von Fremden zu Freunden
Meiner Meinung nach handelt es sich um eine weitverbreitete Annahme über Koreaner und Asiaten, dass die Menschen hier „schüchtern“ sind. Ich finde, da ist schon etwas dran, aber ich würde eher sagen, dass sie respektvoll sind. Sie schauen nicht unbedingt andere Menschen an, selbst wenn sie gemeinsam an Vorlesungen teilnehmen. Aber sie haben keine Angst davor, das ist einfach ihre Art. Sobald ihr sie jedoch ansprecht – könnt ihr die besten Freunde werden. Am Ende des Tages stellt sich die Frage, ob ihr schnell Kontakte zu Leuten hier knüpfen könnt.
Leider kann ich euch nicht versprechen, dass dies schnell geschehen wird. Es hängt natürlich davon ab, wie ihr mit Menschen umgeht, ob ihr selber eher schüchtern seid oder ob ihr euch einfach trau. Ich habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass sie immer positiv reagiert haben, wenn ich sie angesprochen habe. Sie möchten auch gerne etwas gemeinsam unternehmen und vor allem zusammen etwas trinken. Aufgrund der Sprache trauen sie sich manchmal nicht so recht, obwohl die jungen Leute meistens gut Englisch sprechen können. Sie denken jedoch oft, dass ihr Englisch nicht gut genug sei. Hier ist es hilfreich, ihnen ein wenig Mut zuzusprechen und sie zu bestätigen. Das lockert das Gespräch schon etwas auf. Ob ihr dann Freunde werdet, hängt natürlich auch davon ab, ob ihr gemeinsame Interessen habt.
Auf der Suche nach einem Mülleimer
In den ersten Tagen ist es mir gar nicht aufgefallen, dass es auf den Straßen kaum Mülleimer gibt. Zuerst lag das daran, dass ich keinen Müll entsorgen musste, aber auch weil ich hauptsächlich auf dem Campus unterwegs war. Dort wusste ich jedoch bereits, wo sich Mülleimer befinden. Als ich jedoch joggen gegangen bin und mir etwas zum Trinken geholt habe, wollte ich meinen Müll entsorgen. Ich bin über 30 Minuten gelaufen und habe nichts gefunden, nicht einmal einen kleinen Mülleimer. Letztendlich habe ich meinen Müll dann auf dem Campus weggeworfen. Mich hat es allerdings gewundert, dass die Straßen trotzdem außergewöhnlich sauber sind.
Es gibt jedoch Gründe dafür: Früher wurden Mülleimer auf den Straßen genutzt, um illegale Substanzen zu verstecken. Außerdem ist die Mülltrennung in Korea äußerst wichtig, und die Mülleimer auf den Straßen waren eine Möglichkeit für die Menschen, den Müll nicht zu trennen. Was allerdings sehr kontraproduktiv ist. Es ist dennoch nicht einfach, die Straßen sauber zu halten, wenn keine Mülleimer verfügbar sind. Aus diesem Grund haben alle Convenience Stores einen kleinen Mülleimer, in dem Sie sofort Ihren Müll entsorgen können.
Zusätzlich zu den Mülleimern gibt es Raucherzonen. Ähnlich wie an verschiedenen Bahnhöfen in Deutschland darf hier nur in bestimmten Bereichen geraucht werden.
In öffentlichen Verkehrsmitteln
In die zentrale Region kommst du mit Bus und Subway. Hier habe ich noch kein Zug gesehen. Ich war bisher meistens im Bus unterwegs und da musste ich feststellen, dass es sehr ruhig ist. Aber mir war nicht bewusst, dass es eine ungeschriebene Regel in den öffentlichen Verkehrsmitteln gibt: zu schweigen. Ich war vor Kurzem im Bus mit Freunden unterwegs und habe etwas erzählt – natürlich mit Emotionen und passender Lautstärke. Wir waren alle kurz geschockt, als ein Mann aufgestanden ist und uns gebeten hat, zu schweigen. Ich will euch nicht verschrecken – ihr dürft schon im Bus sprechen, aber eben in einer angemessenen Lautstärke.
Party-Kultur
Ihr könnt gerne feiern gehen, aber das gehört meiner Erfahrung nach nicht zu den Gewohnheiten der Koreaner. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie keinen Spaß haben. Hier gehen die meisten in eine Bar, bestellen Snacks und Getränke und haben Spaß, indem sie viel trinken, lachen und sich unterhalten. Ich finde es sehr lustig und einfach nur schön. Manchmal kann das bis 3 Uhr morgens dauern. Erstaunlicherweise stehen die meisten dann um 8 Uhr auf und gehen arbeiten. Das ist Teil unserer sogenannten „Work-hard-play-harder“-Kultur.
Die Art zu feiern, wie ihr es vielleicht kennt, ist hier nicht so verbreitet. Aber das bedeutet nicht, dass ihr hier keine guten Clubs finden könnt!
In Itaewon und Hongdae sind gute Clubs und es wird Musik aus aller Welt gespielt. Ich war dort einmal feiern und muss zugeben, dass ich es richtig cool fand. Vor allem hat mich überrascht, dass ich keinen Eintritt zahlen musste. Ihr hättet mein Gesicht sehen sollen, als mir die Mitarbeiter das am Eingang gesagt haben. Ihr müsst euch also keine Sorgen machen, dass es zu teuer wird. Außerdem könnt ihr in fünf verschiedenen Clubs tanzen gehen, wenn euch die Musik in einem nicht gefällt.
Itaewon & Hongdae
Hier könnt ihr zahlreiche Clubs und Bars finden, wo ihr nachts etwas unternehmen könnt. Beide befinden sich in Seoul und sind relativ zentral gelegen sowie gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.
Bonus: Die Do(s) und Don‘t(s)
Do(s)
- Respekt ist wichtig, nicht nur in Südkorea, sondern überall auf der Welt. Du solltest deine Mitmenschen immer schätzen und respektieren.
- Versucht, wenn es euch möglich ist, immer aufzuessen. Es freut die Leute zu sehen, dass euch die koreanische Küche gefällt. Dies gilt in Restaurants aber besonders auch wenn ihr bei Freunden zum Essen eingeladen seid. Hier könnt ihr den Eltern eine besonders große Freude machen.
- Versucht zu lernen, wie ihr richtig mit Stäbchen esst. Es erfordert ein wenig Übung und Geduld, aber in der Regel klappt es gut. Kleiner Tipp: YouTube kann dabei auch hilfreich sein.
- Es ist wichtig, vor eurer Ankunft in Südkorea die Grundlagen der Höflichkeit zu lernen, wie zum Beispiel „Hallo“ (Annyeong Haseyo) und „Danke“ (Kamsahamnida).
- Beim Bezahlen reicht eure Kreditkarte gerne mit beiden Händen. Dies gilt auch, wenn ihr ältere Menschen begrüßt oder ein Geschenk von jemandem erhaltet. Das ist natürlich keine Pflicht, aber es zeigt, dass ihr euch mit der Kultur auseinandergesetzt habt und diese respektiert.
- Vergesst bitte alle „Klischees“. Kommt einfach her und erlebt alles selbst.
Don‘t(s)
- In Wohnungen sollten keine Schuhe getragen werden – das ist sehr wichtig. Jede Wohnung verfügt über einen Eingangsbereich, in dem ihr eure Schuhe ausziehen und aufbewahren könnt.
- Zeigt mit den euren „Essstäbchen“ niemals auf andere. Es kann schnell falsch interpretiert werden.
- Niemals Essstäbchen senkrecht in eine Schüssel Reis stecken, da dies an eine bei Beerdigungen durchgeführte Zeremonie erinnert.
Macht dir dein eigenes Bild
Es ist wichtig zu bedenken, dass kulturelle Normen unterschiedlich sein können. Daher ist es immer ratsam, das Verhalten der Menschen um sich herum zu beobachten und anzupassen. Offenheit und Bereitschaft, sich mit den lokalen Bräuchen vertraut zu machen, werden dazu beitragen, Respekt für die koreanische Kultur zu zeigen.
Von daher wünsche ich euch allen viel Erfolg, falls ihr auch nach Südkorea kommt!