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Das war das Corona-Semester ein akademisches Fazit


Ich bin nicht nach Sevilla gekommen, um eine ruhige Kugel zu schieben. Ich war wirklich neugierig, wie das breite Feld der Medienwissenschaft in Spanien gelehrt wird. Hier erzähle ich es euch.

Wir sind an der Facultad de Comunicación (Fakultät der Kommunikationswissenschaften; FCom) der Universidad de Sevilla (US). Hier werden folgende Bachelor-Studiengänge angeboten:

  • Journalismus
  • Audiovisuelle Kommunikation – hier war ich als Medienwissenschaft-Student offiziell eingeschrieben
  • Öffentlichkeitsarbeit und Public Relations

Als Austauschstudent durfte ich Kurse aus alle diesen Studiengängen wählen.

Futuristische kupferrote Elemente an Fenstern eines grauen Gebäudes.
Die FCom. Häufig war ich hier nicht …
Ein Zapfhahn auf einem Tresen.
… schade eigentlich. Die Kantine macht einen echt fortschrittlichen Eindruck!

Allgemeines

Erasmus-Studierende müssen in der Regel mindestens 15 Creditpoints pro Semester absolvieren (weniger bei einem längeren Aufenthalt), um den vollen Umfang der Förderung zu erhalten. An der FCom gibt jeder Kurs sechs Creditpoints und findet – wusste ich vorher nicht – zweimal wöchentlich statt.

Die Sprache

Die Kurse an der FCom finden alle auf Spanisch statt. Dafür wird ein Sprachniveau von mindestens B1 vorausgesetzt.

Als spanischer Staatsbürger musste ich kein offizielles Sprachzertifikat vorlegen. Hier habe ich bei der Anmeldung meinen spanischen Personalausweis eingescannt und meine Kenntnisse einfach mal mit B2 angeben. Die sind in Wahrheit deutlich höher.

Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, einen Spanisch-Kurs in Sevilla zu besuchen. Hier empfehle ich aber dringend, sich vorher mit der Fakultät auseinanderzusetzen, weil die Vorlesungszeit der Sprachschule leicht von der regulären abweicht.

Das Leistungsniveau

Obwohl ich sprachlich also besser gerüstet war als ausländische Studierende, die „nur“ das B1-Niveau haben, habe ich die Lehrinhalte an der FCom als sehr anspruchsvoll empfunden – anspruchsvoller als die meisten Kurse meiner Heimatuni.

Schauen wir uns diese Kurse, die ich in Sevilla belegt habe, doch mal genauer an. Daran sollten ein paar typische Herausforderungen deutlich werden … und im besten Fall liest das hier sogar jemand, der einen dieser Kurse für sein Auslandssemester an der US gerne belegen möchte.

Meine Kurse

Einen Kurs – Análisis del Discurso Periodístico (Analyse des journalistischen Diskurses) – habe ich nach einigen Wochen nicht mehr besucht. Der begeisterungsfähige Professor hat sehr mitreißend gesprochen … aber meistens über Gott und die Welt, sodass ich irgendwann nicht mehr sicher war, ob ich da eine Vorlesung oder ein Stand-up-Comedy-Format auf dem Laptop geöffnet hatte. Als dann die erste Praxisaufgabe gestellt wurde, fühlte ich mich null darauf vorbereitet und strich die Segel. Mit meinen drei verbleibenden Kursen war ich ohnehin gut ausgelastet. Auch inländische Studierende belegen an meiner Fakultät im Schnitt nur vier bis fünf Veranstaltungen pro Semester – wohl auch, weil sie eben zweimal wöchentlich stattfinden.

Tecnología de los Medios Audiovisuales (Technologien der audiovisuellen Medien)

Studienfach: Öffentlichkeitsarbeit und PR

Zu erbringende Leistungen: Gruppenarbeiten (Aufzeichnen eines Radiowerbespots im uniinternen Tonstudio, Live-Aufzeichnung eines Radiowerbespots, Drehen eines Dialogs, eines Parfüm-Werbespots und einer weiteren Szene – alles nachbearbeiten). Einzelleistung (ein Set aus Kameraeinstellungen drehen und bearbeiten). Finale Klausur: 20 Fragen (Multiple Choice).

Grundsätzlich kann ich den Kurs für ausländische Studierende empfehlen. Ich selbst kam mit den Kommilitonen, mit denen ich die Gruppenarbeiten machen musste, leider überhaupt nicht klar; habe mich von ihnen nicht gehört und später regelrecht ausgeschlossen gefühlt. Über das Kommunikationsproblem bezüglich der Klausur habe ich einen ausführlichen Artikel geschrieben. Aber ansonsten: netter, praktischer Kurs mit einer machbaren theoretischen Klausur am Ende und ohne große sprachliche Hürden. Der Arbeitsaufwand für die Gruppenarbeiten ist hoch.

Métodos y Técnicas de la Investigación Social (Methoden und Techniken der Sozialforschung)

Studienfach: Öffentlichkeitsarbeit und PR

Zu erbringende Leistungen: Gruppenarbeiten (Design und Vorstellung eines Forschungsprojekts, Umfrage und Auswertung, Statistik). Kleinere Einzelleistungen. Finale Klausur: 30 Fragen (Multiple Choice).

Wer nicht sehr gute Spanischkenntnisse (mal mindestens auf C1-Niveau) oder schon Ahnung von Sozialwissenschaften und Statistik hat, sollte von diesem Kurs die Finger lassen.

Organisatorisch war es zuweilen etwas seltsam. Am ersten Unterrichtstag saß ich alleine mit der Dozentin im Seminarraum und wir hatten beide keine Ahnung, wo die anderen Kursteilnehmer steckten. Anfang 2021 hat sie sich dann bei uns verabschiedet, weil sie die Uni aus „bürokratischen Gründen“ verlassen müsse. Der Professor, der folgte, machte weiter wie seine Vorgängerin und las Bandwurmsätze voller Fremdwörter auf vollgepackten Powerpoint-Folien vor – es brauchte die Disziplin eines Zen-Meisters, um da nicht geistig abzuschweifen und am Smartphone Candy Crush zu spielen.

Zwei Tage vor der Klausur habe ich eine Probeklausur in die Finger bekommen. Zuvor hatte der Dozent diese dem Vormittags-Kurs geschickt … nur leider war ich im Nachmittagskurs. Hätte ich diese Probeklausur (kurz vor knapp) nicht zufälligerweise in die Finger gekriegt, hätte ich die Klausur wahrscheinlich nicht bestanden. Es kamen nämlich eine Reihe Statistik-Aufgaben dran, die nur in der letzten Vorlesung kurz umrissen wurden. Meine beste Freundin (Master-Abschluss in Sozialwissenschaften) sagte übrigens dazu, dass das fortgeschrittene Statistik sei, die in ihrem Studiengang erst im dritten Semester gelehrt wurde – unmöglich, das in zwei Tagen zu lernen. Und wieder ein Kommunikationsproblem, unter dem ausländische Studierende mit wenig Kontakten zu Kommilitonen am meisten leiden.

Historia del Periodismo Univerval (Geschichte des universellen Journalismus‘)

Studienfach: Journalismus

Zu erbringende Leistungen: Gruppenarbeit (Verfassen und Layouten zweier Reportagen), Einzelleistungen: drei Zwischenklausuren (je 20 Fragen (Multiple Choice)), bei Nichtbestehen einer Zwischenklausur (Note 4 oder weniger) oder bei einem Gesamtdurchschnitt von 5 oder niedriger: finale Klausur (Multiple Choice und Essay).

Diesen Kurs kann ich ausländischen Studierenden empfehlen, aber auch hier hatte ich teilweise (sprachliche) Schwierigkeiten, die Klausurfragen zu verstehen. Der Professor – selbst Journalist – hat mitreißend und verständlich erklärt. Und auch in diesem Kurs – der ja eigentlich so völlig theoretisch klingt – gab es viel Praxis, die einem im späteren Berufsleben wirklich weiterhelfen kann. Etwa in den Gruppenarbeiten und in einer vierstündigen Einweisung ins Layout-Programm QuarkXPress. Ich habe den Kurs wirklich sehr genossen.

Fazit

Wer vor seinem Auslandsstudium in Sevilla noch die Möglichkeit hat, das spanische B2- (oder besser C1-) Niveau zu machen, sollte das unbedingt tun.

Für meinen Teil fand ich den Unterricht an der FCom sehr lehrreich (theoretisch wie praktisch) und die Nerven, die ich in den vergangenen Monaten gelassen habe, die wachsen bestimmt noch dicker nach.

Und auch wenn die offiziellen Endnoten noch ausstehen, müsste ich meine drei Kurse nicht nur bestanden, sondern sogar mit ziemlich guten Noten absolviert haben.

Entsprechend habe ich die letzte Klausur auch wie einen Bachelor-Abschluss gefeiert. Ich bin Adrián Alonso Álvarez aus Fellinghausen – irgendwie Deutscher, irgendwie Spanier, vielleicht auch weder das eine noch das andere zu wirklich 100 Prozent … aber die Uni habe ich in beiden Ländern gewuppt!

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