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Die Frage nach dem Warum

Wer einen Auslandsaufenthalt plant, bekommt auf kurz oder lang diese eine Frage gestellt: Wieso möchtest du das denn machen? Es folgt: Mein Versuch der Antwort.

Wieso Australien? Guuute Frage, denke ich mir. Sicherlich nicht wegen der giftigen Tiere, die ich versuche zu verdrängen. Oder den Naturkatastrophen, die den gesamten Kontinent jedes Jahr immer heftiger treffen.

Als ich meine Bewerbung für das HAW.International Stipendium ausgefüllt habe, ist mir genau diese Frage auch noch mal in den Sinn gekommen. Kurz zu dem „mir“ in diesem Blog: Ich bin Linda, 25 Jahr alt und Masterstudentin an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Ich pendle aber (oftmals bahnbedingt genervt) aus Ulm. Dort lebe ich in einer Umgebung, die ich als ziemlich idyllisch bezeichnen würde. Aus meinem Fenster sehe ich den Wald, es gibt keine Straßenbahn, keinen Verkehrslärm. Was zieht mich also in das großstädtische Sydney an der East Coast?

Linda
In der deutschen Heimat wohne ich eher ländlich statt urban.

Eine Frage der Distanz

In aller erster Linie reizt mich die Entfernung. Nicht, dass ich vor irgendwas davon laufen müsste. Ich liebe meine Familie und Freunde und kann mich unglaublich glücklich schätzen, sie zu haben. Wenn ich könnte, ich hätte sie eingepackt. Nein, es geht mehr um die Distanz selbst. Ich kann nicht mal eben nach Hause fahren oder fliegen. Ich bin tatsächlich am anderen Ende der Welt. Klingt beängstigend. Ist es auch.

Ich hätte mir nicht vorstellen können, wie diese Angst am Tag meines Abflugs kickt. Dass das ganz normal ist und sich legen wird, hat mir vorher keiner gesagt. Also: Das geht (fast) allen so und es geht vorbei! Versprochen. Ganz sicher war ich mir da allerdings nicht, als ich im Frankfurter Flughafen in der Schlange der Kofferabgabe anstand, die sich über Stunden hinzog. Ich hatte immer wieder diese eine Frage im Kopf. Wieso denn gerade Australien?

Dafür müsste ich an dieser Stelle etwas weiter ausholen. Ich studiere im Master Unternehmenskommunikation. Irgendwie aber auch nicht. Denn das Tolle an der Hochschule der Medien ist, dass man sich durch die Wahlfächer quasi einen „eigenen“ Studiengang zusammenstellen kann, je nach Berufsziel. Dadurch habe ich die Chance, mich in verschiedensten Wahlfächern auszuprobieren. Mein Schwerpunkt im Studium ist Integrierte TV-Formatentwicklung und -vermarktung. Die Anzahl an Marketingfächern hält sich demnach bei mir in Grenzen. Aber irgendwie ist es ja doch „irgendwas mit Medien machen“. Denn bisher weiß ich noch nicht genau, welche Art von Journalistin ich nach meinem Master werden möchte.

Die Qual der Wahl

Ob Nachrichten, Unterhaltung, regionales oder überregionales Berichtsgebiet, ob Fernsehen oder Radio, crossmediale Berichterstattung oder klassischer Printjournalismus – der Beruf von Journalist:innen ist unfassbar vielseitig. Allerdings wirst du dich irgendwann für etwas entscheiden müssen. Das muss keine finale Entscheidung sein, aber getroffen werden muss sie trotzdem. Denn es kommt der Zeitpunkt, da neigt sich das Studium dem Ende entgegen und die Fragen an Weihnachten („Ja aber was machst du denn damit?“) nehmen zu. Ihr Glücklichen, die dann eine Antwort parat habt und Opa besänftigen könnt. Falls es euch nicht so geht, ich fühle mit euch. Wir alle zweifeln. Wichtige Entscheidungen zu treffen, kann sehr schwerfallen. Ich spreche da aus eigener Erfahrung.

Worum es eigentlich geht

Auf meinem Blog geht es in den nächsten Monaten also nicht nur um mein Studium im Ausland. Und nicht nur um die Frage, warum ich eigentlich nach Australien möchte. Ich frage mich viel mehr: Wer möchte ich mal sein? Um das zu beantworten, begebe ich mich quasi auf eine berufliche Identitätssuche. Womit wir wieder beim Herausfinden wären. Denn wenn man auf Opas Fragen also keine Antwort hat, hilft oft nur das gute alte Ausschlussverfahren. Ich bin großer Fan davon, Dinge auszuprobieren, bevor ich ein Urteil darüber fälle. Das gilt auch für die verschiedenen Berufsfelder des Journalismus. Zum Glück ist das gute alte Praktikum eine in der Medienwelt gern genutzte Möglichkeit, Redaktionen und (Radio-)Sender, Verlage oder Rundfunkanstalten kennenzulernen. Umso mehr Praktika, umso besser wurde uns in der Schule eingebläut. Den Rat habe ich mir ziemlich zu Herzen genommen: Ob nach dem Abi in der Reality-Redaktion eines Privatsenders, in der Regionalredaktion einer lokalen Zeitung oder einen kurzen Einblick in die Welt der PR vor meinem Studium, im Rahmen des Ausschlussverfahrens habe ich so einiges getestet. Im besten Fall sollte am Ende aber ja etwas auf der Liste stehen bleiben. Schwierig wird es, wenn dir so wie mir ein Beruf vorschwebt, der nicht ganz so einfach zu testen ist. Mal reinschnuppern in die Aufgaben einer Chirurgin zum Beispiel oder in den Arbeitsalltag einer Pilotin. Ein ähnlich schwer zu testender Berufszweig innerhalb des Journalismus ist die Auslandskorrespondenz. Zum Glück fügten sich bei mir aber die Umstände und ich bekam die Chance, vor meinem Auslandssemester in einem Auslandsstudio unterstützen zu dürfen. Weltweit gibt es beispielsweise von der ARD rund 30 Auslandsstudios, in denen Journalist:innen für uns Deutsche im Einsatz sind. Sie leben in ihrem Berichtsgebiet und tragen dort Informationen zusammen, um uns einen Eindruck der Lage vor Ort vermitteln zu können. Ein Job, der nach außen hin traumhaft wirkt: Viel reisen, neue Kulturen und leben, wo andere Urlaub machen. Wie die Realität aussieht, wollte ich für mich selbst herausfinden. 

How-To: Realitätscheck

Schritt 1: Für vier Wochen im Januar 2023 nach Singapur reisen, um dort im ARD-Auslandsstudio zu arbeiten. Als Praktikantin lerne ich hier die Arbeitsprozesse rund um die Auslandsberichterstattung kennen. Natürlich bleibt auch etwas Zeit, um Singapur zu entdecken! Einen kleinen Einblick meiner letzten Woche bekommt ihr auf meinem Instagram-Account. 

Eingang zum ARD-Auslandsstudio Singapur
Das ARD-Auslandsstudio in Singapur.

Schritt 2: Herausfinden, ob ich für das dauerhafte Leben im Ausland gemacht bin. Als Auslandskorrespondent:in hast du nicht gerade die Wahl, wo es hingehen soll. Vielmehr hast du eine Menge Glück, wenn du überhaupt das Angebot für eine Auslandsberichterstattung erhältst. Wie soll man also im Vorhinein herausfinden, ob man dafür geeignet ist? Ich habe da mal aufs andere Ende der Welt gesetzt. Weiter weg von der Heimat und den Liebsten zu leben als Australien, geht fast nicht. Umso praktischer, dass mein Stopover in Singapur auch die lange Anreise entzerrt hat. 

Test, one two, one two

Natürlich ist es aber nicht nur die Lage Australiens, die mich dorthin und genauer gesagt nach Sydney führen wird. Die University of Technology, die ich besuchen werde, hat eine innovative und moderne Kommunikationsfakultät mit vielen Journalismuskursen. Als ich die Uni das erste Mal gegoogelt habe, war ich ziemlich beeindruckt. Der Campus ist superzentral und sehr futuristisch!

Und dann ist da natürlich noch: Sydney. Am Meer gelegen, ein Melting Pot aus verschiedensten Kulturen. Eine „laid-back“ Lebenseinstellung, die auf Reisende aus der ganzen Welt trifft. Oft mit Wünschen, Ambitionen oder Hoffnungen im Gepäck. Ob Inspiration, eine Pause vom „normalen“ Leben, ein Neuanfang – oder ein hoffentlich erfolgreicher Probetestlauf (in meinem Fall). So wie das bei Testläufen eben ist, könnte am Ende meines Semesters auch die Erkenntnis stehen, nicht im Ausland leben zu wollen. Schließlich mache ich das alles ja, um meine eigene Einstellung dazu herauszufinden. Ich versuche also, entspannt an die Sache ranzugehen. Am Ende wäre das kein Verlust, allenfalls nur eine gute Erkenntnis. Stichwort Ausschlussverfahren.

Achtung: Nicht gleich das Tab schließen!

Ich bin sehr dankbar, dass ich diesen Probetestlauf durchführen darf. Zu 100 Prozent sicher war dieses Projekt nämlich nie. Es gab so einige Rückschläge, von denen ich im Laufe der nächsten Monate berichten werde. So viel vorweg: Wenn man sich zum ersten Mal über ein Auslandssemester in Australien erkundigt, dann erschlagen einen zuallererst die zu kalkulierenden Kosten. Ziemlich entmutigend.

Als Student:in in Deutschland gibt es aber zahlreiche Möglichkeiten, Unterstützung für den Auslandsaufenthalt zu bekommen. Ihr müsst das nicht alleine stemmen. Auch ich hätte das nicht gekonnt. Wie genau ich meine Finanzierung angegangen bin und welche Hürden es dabei gab, erfahrt ihr im nächsten Blogeintrag. 

Bis dahin, liebe Grüße aus Singapur 

Linda

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