18. März 2023
Sparfüchse aufgepasst. Warum Kolumbien in meinem Preis-Leistungsvergleich auf jeden Fall gewinnt. Von auswärts essen gehen über Fortbewegungskosten bis zur Miete, die Infos zu den alltäglichen Ausgaben findest du hier.
Das ist Teil 2 meiner kleinen Triologie: #HoffentlichHilfreich.
In Teil 1 berichte ich über organisatorische Aspekte, die du noch vor deiner Abreise angehen solltest. Teil 3 ist verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten gewidmet.
In diesem Beitrag berichte ich jedenfalls über die üblichen Kosten in Bogotá und Umland.
Auslandsabenteuer sind mit Ungewissheiten verbunden – deshalb ja auch Abenteuer. Diese Undurchsichtigkeit macht sich aber leider auch im finanziellen Bereich bemerkbar und schreckt deshalb viel zu viele Studierende davon ab, einen Auslandsaufenthalt anzugehen. Das ist gleichermaßen nachvollziehbar wie tragisch! Es ist allerdings tatsächlich schier unmöglich im Vorhinein zu sagen, wie teuer der Aufenthalt für dich gewesen sein wird. Auch ist nicht von der Hand zu weisen, dass nicht jedes Arbeitsverhältnis reisekompatibel ist und du dich leider nicht darauf verlassen kannst, dass die eventuell in deinem Fall vorhandene finanzielle Förderung, wie BAföG oder andere Stipendien, dir bereits in dem Moment zur Verfügung stehen werden, ab der du sie brauchst. Also muss ich am Ende doch entweder reich geboren sein oder reich geheiratet haben? Natürlich nicht!
Warum du dir Kolumbien locker leisten kannst
Ich wage zu behaupten, dass ein Auslandsaufenthalt in Kolumbien für nahezu jede in Deutschland studierende Person finanziell machbar ist. Und das lässt sich mit einem Wort umschreiben: dem Umrechnungskurs.
Hier eine kurze Übersicht:
- 1 € = in etwa 5.000 kolumbianische Pesos (COP)
- 10 € = 50.000 COP = 50k COP
- 20 € = 100.000 COP
- 50€ = 250.000 COP
- 100€ = 500.000 COP
Natürlich ist der Umrechnungskurs für sich genommen wie eine einzelne Socke – nett, aber ohne sein Pendant, das heißt der Auskunft über die gängigen Preise, eher unbrauchbar.
Bevor ich also einige Beispiele für alltägliche Kostenpunkte hier in Bogotá gebe, möchte ich zwei Sachen anmerken: wie du allein von dir und deinem Freundeskreis weißt, ist der individuelle Lebensstil sehr sehr unterschiedlich. Jeder Mensch setzt andere Prioritäten, auch mit dem Geld. Diese unterschiedlichen Herangehensweisen sind im Ausland nicht anders und meiner Meinung nach im Gegenteil eher noch verstärkt, soll dieses und jenes und vor allem spaßiges schließlich nicht zu kurz kommen.
Zweitens die Anmerkung, wie ich in Kolumbien überhaupt bezahle. In Teil Eins dieser Serie bereits angemerkt, laufen sämtliche meiner Transaktionen entweder mit der Kreditkarte oder mit Bargeld ab. Paypal ist hier nicht geläufig, landeseigene Äquivalente sind Nequi und Bancolombia. Meine deutschen Kreditkarten funktionieren hier aber einwandfrei und Kartenzahlung ist in eigentlich allen Etablissements eine inzwischen selbstverständliche Option. Gibt es keinen besonderen Anlass, habe ich nie mehr als 100k COP an mir. Das sind umgerechnet „nur“ 20 Euro, hier aber mehr als reichlich um sich ein spontanes Abendessen und/oder die Fahrt nach Hause leisten zu können.
Was kostet denn der Weg von A nach B?
Hier gibt es – neben zu Fuß gehen und Fahrradfahren – im Wesentlichen die Wahl zwischen dem öffentlichen Nahverkehr und privaten Anbietern. Bogotá hat keine Metro, stattdessen aber lange, rote Busse, sogenannte „Transmilenios“, mit ihrer eigenen Fahrspur und eigenen Haltestellen in der Straßenmitte. Eine Fahrt kostet 2.950 COP, also knapp 60 Cent. Anders als die urbanen Busse sind die Transmilenios recht zuverlässig und effizient. Leider kann es auch in den Bussen vor allem abends mituner gefährlich werden und zu Handgrifflichkeiten kommen, wie ich bereits zahlreich gehört und eins, zwei Mal selbst erlebt habe. Das bedeutet nicht, gänzlich auf die Busse verzichten zu müssen, sondern vielmehr auch an diesem Ort wachsam zu bleiben.
Die zweite, in der Regel sorgenfreie Option sind Taxis. Es gibt die offiziell als solche registrierten gelben Taxis, sowie ein Heer an Freiberufler*innen mit ihren Privatautos oder Motorrädern. Beide nehmen sich nichts in Professionalität oder im Preis; in einigen Apps kann die Anfrage zeitgleich sowohl an Taxis als auch an Freiberufler*innen gesendet werden und die am schnellsten verfügbare Person wird ausgewählt. Geläufig sind derzeit die Apps Cabify, Uber und DiDi. Bogotá ist bekannt für seine Staus – wenn es also tagsüber einmal wirklich schnell gehen muss, ist Picap, die App für Motorrad-Taxis die richtige Wahl. Allerdings sind insbesondere die Moto-Taxis aufgrund der teils recht rasanten Fahrweise nicht ungefährlich. Der jeweilige Fahrpreis basiert auf verschiedenen Faktoren, wie unter anderem der Tageszeit, Start- und Zielpunkt und weiteren Taxis im Umlauf. Eine normale 20-30 minütige Fahrt durch die Stadt kostet umgerechnet etwa 2 bis 3 Euro.
Langstreckenbusse (zum Beispiel nach Medellín, Cali oder Baranquilla) kosten, ganz pauschal gesagt, um die 100k COP und sind eine sehr erschwingliche Option.
Ist eine Million für die Miete viel?
Nein, das ist ziemlich genau der Durchschnitt. Für uns Austauschstudierende, versteht sich. Wären 200 Euro Miete in Berlin mein absoluter Traum, bekommt man dafür hier in Bogotá schon eine ganze Menge geboten. Unter 800k wird es schwierig etwas zu finden und wenn, dann sollte man lieber zwei Mal hinschauen ob es sich um ein seriöses Angebot handelt. Einige meiner Freunde haben sich ein Einraum-Apartment gemietet und bezahlen dementsprechend mehr. Die allermeisten der Internationals, mich eingeschlossen, leben in sogenannten Colivings. Das sind WGs in unterschiedlicher Größe, im Durschnitt aber Häuser mit 10 Mitbewohnner*innen. Davon gibt es eine ganze Reihe und sie sind über Google Maps und Facebook, insbesondere aber über Instagram zu finden. Mieten ist in Bogotá sehr unkompliziert und der Umzug kann teilweise von einem Tag auf den nächsten geschehen. Ferner ist bei solchen Wohnkonstellationen in der Miete bereits alles enthalten. Mit dem Hintergrundwissen, dass du dir zur Not jederzeit eine Ferienwohnung mieten und relativ problemlos leisten kannst, lässt es sich recht entspannt vor Ort suchen. Es bietet sich natürlich an, dort zu wohnen, wo auch viele Freund*innen leben und wo die jeweilige Universität zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen ist. Die drei wesentlichen Stadtviertel hierfür sind Chapinero, Teusaquillo und die Altstadt, la Candelaria. Solltest du eine Wohnung oder WG auf anderem Wege suchen wollen, ist CompartoApto eine sehr gute Plattform.
Was kostet mich der Gang zum Supermarkt?
Auch hier gibt es natürlich wieder gigantische Unterschiede in den Ansprüchen und Präferenzen. Von den Supermarkt-Ketten gesprochen, scheint D1 am günstigsten und entspricht einem deutschen Discounter. Ara und Exitó befinden sich eher im Mittelfeld, sowohl preislich als auch die Angebotsvielfalt betreffend. Und wenn du mal richtig auf den Putz hauen und extravagantere (internationale) Produkte suchst, ist Carulla deine Adresse. Abgesehen davon, sind die Straßen in den oben genannten Vierteln auch gefüllt mit kleinen Tante-Emma-Läden. Früchte werden auf der Straße verkauft, als auch kleinere und größere Snacks (Arepas con queso sind das inoffizielle Nationalgericht) direkt auf die Hand; je für rund 1 Euro.
Ein Auszug aus meinem letzten Einkauf:
- 1.200 Gramm Haferflocken für 8.520 COP
- ein Paket Chia Samen für 15.840 COP
- eine Staude Bananen für 4.000 COP
- drei Avocados für 7.880 COP
- zwei Lulos für je 4.800 COP
- und ein Paket getrocknete Bohnen für 9k COP
Das macht insgesamt 54.840 COP, also 10,63 Euro.
Ich muss gestehen, ich „gönne“ mir inzwischen Brot aus einer Bäckerei bei mir um die Ecke. Nicht, weil ich partout nicht von meinen deutschen Gewohnheiten abweichen kann, sondern vielmehr weil das meiste abgepackte Brot hier auch „Zuckerbrot“ heißen könnte und zudem, zu meinem großem Ärgernis, Milchpulver enthält. Das kostet jedenfalls, je nach Variante, umgerechnet zwischen 2 und 3 Euro. Ein Sixpack Bier kostet im Laden circa 16k COP.
Und wenn ich mal auswärts essen will?
Dann ist das absolut möglich. Jeden Tag tatsächlich. Viele Restaurants und Bistros bieten ein Menu del Día, das Tagesmenü, an. Für 15k COP in den belebten Bezirken, für noch weniger etwas außerhalb, gibt es in der Regel eine Suppe oder kleinen Salat, einen Hauptgang mit Reis und einer Sorte Fleisch oder Bohnen/Linsen und ein Getränk, meist ein frisch zubereiteter Saft. Für wie gesagt 2 bis 3 Euro. Eines meiner Stammplätze unweit der Uni ist ein argentinisches Restaurant, wo ich für meine vegane Steinofenpizza 17k COP, also 3.30 Euro bezahle. In meiner Freundesgruppe treffen wir uns oft zum Mittagessen in Nähe der Uni und gehen anschließend noch einen Kaffee trinken. In Kolumbien ist der Standardkaffee ein Tinto, ein schwarzer Kaffee. Die Definitionen variieren, meist entspricht ein Tinto aber einem Americano und ein Campesino ist ein Tinto mit recht viel Zucker. Für eine große Tasse bezahle ich in der Regel 4.200 COP beziehungsweise 0,80 Euro. Durchaus erschwinglich, möchte ich meinen. Und selbst abends ist es nicht unüblich, mitten in der Innenstadt für 2 Burger, 2 Getränke und Pommes umgerechnet 6 Euro zu bezahlen.
Was muss ich einplanen, wenn ich feiern will? Reisen will?
Das ist abhängig von der Gegend, in der du feiern gehen möchtest. Usaquen oder Zona T, also nördlich gelegenere Bezirke, haben gewöhnlich auch höhere Preise. Im Theatron, der größte Schwulenclub* Lateinamerikas mit 15 Floors (*kein exklusiv queerer Club) kostet der Eintritt am Samstag 50k COP (10 Euro) und garantiert Freigetränke. Das günstigste Bier kostet 6k COP. Ähnliches gilt für einen weiteren, sehr beliebten Techno Club namens Kaputt.
Reisen kosten natürlich unterschiedlich viel und es gibt keine Obergrenze. Meine Wanderung im Cocuy Nationalpark hat mich alles in allem knapp 100 Euro gekostet. Das beinhaltet die Busreisen von und nach Bogotá, die Parkgebühr und Versicherung, Selbstverpflegung, die Unterkunft, die obligatorischen Guides, die Fahrten in und aus dem Nationalpark et cetera. Ich kann mir schwer vorstellen, eine solche Reise für nur 100 Euro irgendwo innerhalb Europa erleben zu können.
Es gibt eine Ausnahme zu all dieser Günstigkeit:
Und das sind Import-Produkte. Sämtliche Markenprodukte hinsichtlich Kleidung und Elektronik würde ich dir raten, gegebenenfalls vorab in Deutschland zu kaufen und mitzubringen. Womöglich findet man hier auch gelegentlich bessere Deals, aber das zu recherchieren bedeutet auch viel Zeit und Muße, die du dir leicht ersparen kannst. Höchstwahrscheinlich bist du offensichtliche*r Gringo*Gringa wie ich und es kann vorkommen, dass uns selbst in offiziellen, namenhaften Läden ein anderer Tarif genannt wird.
Es gibt wirklich keinen Haken?
Natürlich gibt es den, und zwar in Form der verschiedenen Lebensrealitäten. Während ich als Deutscher mit meinem westeuropäischem Einkommen hier jeden Tag Taxi fahren und im Restaurant essen kann, in jeden Laden laufen und Dinge kaufen kann ohne vorher nach dem Preis gefragt zu haben, beträgt der Mindestlohn in Bogotá seit 2022 1 Million COP. Beziehungsweise 200 Euro. Menschen ernähren ihre Familien mit dem, was ich allein für meine Miete ausgebe. Die Arm-Reich Spanne in Bogotá ist omnipresent. Neben den dekadenten Stadtvillen, mit mehreren Bediensteten, SUVs und Reichtum in jeder Form und Farbe, gibt es einen ganzen Teil der Gesellschaft (inklusive Kindern), die durch die Straßen Bogotás ziehen und den Müll nach recyclebaren Materialien durchsuchen. Es gibt zahlreiche Geflüchtete aus unter anderem Venezuela, die in Kolumbien nicht ihrer üblichen Tätigkeit nachgehen können. Viele müssen unerlässlich arbeiten, nur um gerade so über die Runden zu kommen.
Nur weil Kolumbien für unsereins so günstig ist, heißt es noch lange nicht, dass alle hier lebenden Personen diese Wahrnehmung teilen (können).
Eine komplexe Situation, für die es keine einfachen Lösungen gibt. Selbstredend hilft unser Geld der lokalen Ökonomie und bessert die Lebensumstände – und das wünsche ich allen Kolumbianern links und rechts von mir von ganzem Herzen.
Seine eigene Rolle im Ausland stetig zu reflektieren, gehört zu einem der unabdingbaren Aspekte von Auslandserfahrungen. Nicht immer leicht, aber ungemein bereichernd, finde ich.
Erlebe Es – am besten selbst! 🙂
– Julius