25. April 2020
Egal ob Warschau, Windhoek oder Washington D.C. – im Idealfall wird der Ort, an dem man sein Auslandspraktikum macht zu einem echten Zuhause auf Zeit. Das hängt jedoch auch ganz entscheidend davon ab, wo, wie und vor allem mit wem man im Ausland wohnt.
Mit meiner Wohnsituation für den Zeitraum meines Praktikums in Washington D.C. hatte ich wirklich großes Glück. Fast drei Monate lang lebte ich im International Student House (ISH), einer Unterkunft für junge Studenten oder Praktikanten aus aller Welt mitten im Herzen von D.C., im Stadtteil Dupont Circle. Das ISH liegt zwar fußläufig von Attraktionen wie dem Weißen Haus, dem Lincoln Memorial oder D.C.’s beliebtester Partymeile, aber gleichzeitig in einer ruhigen Wohngegend, in der die Häuser im viktorianischen Stil erbaut und mit Efeu bewachsen sind. Auch das ISH kann sich sehen lassen: die drei Hauptgebäude stammen aus dem 19.Jahrhundert und gruppieren sich um einen grünen Innenhof. Was von außen eher prunkvoll und ein bisschen steril aussieht, sprudelt von innen nur so.
100 Mitbewohner aus 48 Ländern
Kein Wunder, denn im ISH leben immer rund 100 junge Menschen aus allen Ecken der Welt. Meine Mitbewohner kamen aus insgesamt 48 verschiedenen Ländern, wie zum Beispiel aus Indonesien, Ruanda oder Marokko. Mein (sehr großes) Zimmer teilte ich mir mit einer Argentinierin, einer Peruanerin und einer Amerikanerin mit indischen Wurzeln. Beim Frühstück oder Abendessen hörte man Koreanisch, Englisch oder Türkisch.
Der interkulturelle Austausch genießt im ISH ohnehin einen sehr hohen Stellenwert. So wurde bei Filmabenden japanische Filme (mit englischen Untertiteln) gezeigt, wir feierten das Chinesische Neujahrsfest und den Australischen Nationaltag zusammen, lernten bei einem gemeinsamen Kochkurs Paella zuzubereiten oder lernten ein paar Standardsätze Niederländisch. Und egal, aus welchem Land wir kamen, ein paar Dinge hatten wir alle gemeinsam: wir lebten für eine begrenzte Zeit in einer uns noch fremden Stadt, wir waren weltoffen und neugierig auf andere Kulturen, wir wollten Freunde finden und Dinge erleben. Die besten Voraussetzungen für ein harmonisches Zusammenleben.
Für das International Student House muss man sich übrigens über das Onlineportal bewerben. Dafür muss man ein Motivationsschreiben und drei kurze Essays einreichen, idealerweise vier bis sechs Monate vor der geplanten Ankunft.
Eine Besonderheit des Lebens im ISH ist nicht nur das extrem multikulturelle Umfeld, sondern auch die Tatsache, dass den Bewohnern viel geboten wird. Regelmäßig organisiert das Team des ISH Events und Veranstaltungen, exklusiv und völlig kostenfrei für Bewohner. Das können Politiktalks, Kulturnächte oder Gesprächsabende mit interessanten Persönlichkeiten sein. Zu den Highlights gehörte der jährlich stattfindende „Diplomatenabend“, an dem mehrere aktuelle und ehemalige Diplomaten in D.C. mit uns Bewohnern ein Dinner und anschließenden Kaminabend in der „Great Hall“ (quasi dem Wohnzimmer) des ISH verbrachten. Im ersten Moment war es ungewohnt , auf der Couch, auf der ich abends normalerweise mit meinen Mitbewohnern/Freunden Fernsehen schaute, plötzlich neben hochrangigen Diplomaten mit beeindruckenden Lebensläufen zu sitzen. Doch schon bald entwickelten sich hochinteressante Gespräche und ich erhielt spannende Einblicke in die Welt der internationalen Beziehungen und politischen Prozesse.
Ein neuer Freundeskreis
Meine Zeit im ISH war voller Highlights – das größte war es jedoch, in meinem Mitbewohnern echte Freunde zu finden. Gerade als Praktikantin mit einer 40-Stunden-Woche kann es im Ausland oft schwer sein, die Energie und die Zeit zu finden, um vor Ort Kontakte zu knüpfen. Da hilft es, wenn man mit rund 100 Gleichgesinnten direkt unter einem Dach zusammen wohnt. Außerdem hat es mir immer gut getan, nach einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause zu kommen und zu wissen, dass ich dort direkt mit meinen Freunden gemeinsam abendessen und den Abend ausklingen lassen würde. Meine besten Freunde im ISH kamen aus den Niederlanden, Australien, den USA und auch aus Deutschland. Bis heute sind wir in gutem Kontakt und schwelgen in Erinnerungen an unsere Zeit im International Student House.
Übrigens: Das International Student House gibt es nicht nur in Washington D.C., sondern auch in London, Berkeley und New York.