Letzten Mittwoch war ich bei einem Fundraising Essen für den Irischen Blindenverband (NCBI) im Restaurant West im Hotel The Twelve in Barna, einem Vorort von Galway. Das Event war Teil einer nationalen Awareness Kampagne der Initiative Dine in the Dark Ireland. Das Besondere daran war, dass die Gäste während des Essens schwarze Augenbinden trugen und erraten mussten, was sie quasi im „Blindflug“ aßen.

Irlandweit beteiligten sich zahlreiche Restaurants an der Aktion und stellten dafür speziell vielseitige Menüs mit unterschiedlichen Geschmackskomponenten zusammen. Ein Teil des Eintrittspreises ging an den Blindenverband, aber es ging ebenso darum, sehende Menschen in die Lage von Blinden zu versetzen. Auch wenn an meinem Tisch langsamer als sonst gegessen wurde und verstärkt Finger und Nasen zum Einsatz kamen, landete das meiste Essen in den Mündern und nicht auf dem Boden. Mit ein bisschen Übung ist es also kein Problem blind zu essen.

Natürlich ist die Erfahrung nicht hundert Prozent authentisch, da die wenigsten Menschen plötzlich erblinden und sofort an einen gedeckten Tisch gesetzt werden. Außerdem ist nur ein geringer Teil der als blind geltenden Leute „schwarzblind“, also sehen wirklich gar nichts. Viele Menschen erblinden allmählich und die meisten können zumindest Licht und Schatten oder sogar Bewegungen und Umrisse sehen. Essen im Dunkeln soll in erster Linie Spaß an einem geselligen Abend bringen.

Und wie isst es sich im Dunkeln?

Ich bin gesetzlich blind, würde mich aber als sehbehindert bezeichnen. Daher war es selbst für mich ungewohnt mein Essen nicht zu sehen, auch wenn ich generell bei vielen Tätigkeiten nicht hingucke. Zum Entsetzen meiner Mitmenschen schneide ich zum Beispiel gelegentlich Gemüse ohne auf meine Hände zu achten. Wie meine Mitessenden hatte ich das Bedürfnis das Essen auf dem Teller anzufassen, um herauszufinden wo und was es ist und wie es aussieht oder besser wie es sich anfühlt. Oft schob ich Essen über die Gabel hinaus und steckte sie mir leer in den Mund. Oder ich schnitt etwas klein und fand das abgeschnittene Stück nicht wieder, wenn ich es anspießen wollte.

Eine Freundin meinte, obwohl sie das Restaurant gesehen hatte, bevor sie die Augenbinde aufsetzte, käme ihr der Raum auf einmal viel kleiner vor. Sie hatte das Gefühl, die allgemeine Lautstärke sei plötzlich angestiegen, was wahrscheinlich daher kommt, dass ihre Aufmerksamkeit nicht von visuellen Eindrücken beansprucht wurde und sie sich hauptsächlich auf ihr Gehör konzentrierte. Daher finde ich Gespräche in Gruppen in Pubs mit lauter Musik schwierig und in Nachtclubs verliere ich komplett die Orientierung und fühle mich taub und blind.

In Deutschland gibt es richtige Dunkelrestaurants, die das ganze Jahr über geöffnet sind. Dort sind die Räume komplett abgedunkelt, sodass keine Augenbinden nötig sind. Die Kellner sind selbst sehbehindert und blind. Empfehlenswert ist zum Beispiel das Restaurant Sinneswandel in Dresden. Auch mit provisorischen Augenbinden hatten wir viel Spaß und wir freuen uns schon auf nächstes Jahr.