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Drei Tage in Sevilla (1/3): Ein Sonntag


In drei Artikeln möchte ich drei Tage beschreiben, die die anderen 61 meines bisherigen Aufenthalts gut zusammenfassen. Der Protagonist: ein Erasmusstudent, der nach Sevilla kam, um zu lernen, um Leute kennenzulernen und um eine gute Zeit zu verbringen. Der Antagonist: ein Virus.

Ich habe mich im Oktober 2019 für ein Auslandssemester an einer spanischen Uni beworben und gleich kamen die ersten Sorgen. Komme ich mit der Sprache klar? Finde ich schnell Anschluss? Sollte ich vielleicht ein Kopfkissen einpacken? In Spanien sind die meistens doch recht platt und länglich, wie plüschgewordene Burritos, und ich schlafe doch so schon so schlecht …

… ja … Wochen und Monate später zeichnete sich ab, dass sich mir ein schwerwiegenderes Problem in den Weg stellen würde. Es heißt coronavirus disease 2019 und ist ein richtiger Spielverderber. An manchen Tagen weniger – wie an Tagen wie diesem:

Ein Sonntag

Ich hätte mir mehr solcher Tage gewünscht und 2019 auch sicherlich mehr solcher Tage gehabt. Am Vormittag gehen meine beiden Mitbewohner und ich in ein Café. Nicht, weil wir keinen Kaffee im Haus hätten, sondern weil man in Spanien sehr preiswert auswärtig frühstückt und weil es ein Stück weit auch zur spanischen Kultur und Lebensqualität dazugehört.

Wir sitzen draußen auf diesen Plastikstühlen, die typisch sind für spanische Cafés. Optisch machen sie nicht viel her, aber mehrere Landsleute haben mir schon versichert: „Je schäbiger die Gaststätte aussieht, desto besser ist sie meistens.“

Und diese ist gut. Bei netter Gesellschaft, Sonnenschein, leichter Brise und Kaffee – einmal entkoffeiniert, zweimal klassisch – dreimal mit Milch.

Mein Mitbewohner Pepe schielt aufs Handy. Yolanda und Lucía – Freundinnen von ihm und irgendwie auch Freundinnen von mir – seien mit ihren Fahrrädern unterwegs zur Isla de la Cartuja. Mit einer Slackline und ein paar Flaschen Eistee im Gepäck. Der Anlass: Es gibt keinen; es ist einfach nur ein sorgloser Sonntag.

Wir treffen uns dort mit ihnen. Genauer: am Andalusischen Zentrum für zeitgenössische Kunst (CAAC).

Junger Mann mit Gitarrentasche von hinten in einem Gang mit Trompeten an den Wänden.

Junger Mann und zwei junge Damen mit Fahrrädern von Hinten vor Bäumen.

Wir spannen die Slackline zwischen zwei Bäume. Als ich zum siebten Mal runterfalle, bleibe ich einfach an Ort und Stelle auf der Wiese liegen und lasse die Sonne ihren Job machen.

Morgen geht es wieder in die Uni, aber heute liege ich einfach nur auf der Wiese, mache die Augen zu und höre die Vögel und das Lachen meiner netten Gesellschaft und in der Ferne die Ruderer auf dem Guadalquivir.

Jetzt aber wieder die Maske auf! Wir gehen etwas essen! Und zur Feier des Tages essen wir nicht vor dem Fernseher, sondern in einer Tapasbar. Was feiern wir noch gleich? Den Sonntag!

Zwei Jungs am Kneipentisch vor der Rechnung. Einer mit Geldscheinen in der Hand. Ein Stierkopf an der Wand.
„Jesús! Setz dein coolstes Gesicht auf, Pepe macht ein Foto!“ „Okay, aber du zahlst die Rechnung!“

Wir gehen nach Hause. Dort fällt mir ein, dass ich noch die Wäsche aufhängen muss. Aber gerade scheint das mein einziges Problem zu sein – an diesem sorglosen Sonntag, an dem Corona (fast) keine Rolle spielt.

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