29. August 2019
„Mexiko ist so gefährlich, kannst du nicht nach Spanien gehen? Da sprechen sie auch Spanisch, es ist nicht so weit weg und es werden keine Touristen enthauptet!“ So oder so ähnlich waren die Reaktionen auf meine Entscheidung in Mexiko zu studieren. Wie es sich tatsächlich so als güera in Mexiko lebt erfahrt ihr hier.
Nachdem ich nun seit einem Jahr in Mexiko lebe, fasse ich zusammen, inwiefern sich für mich die Vorurteile bewahrheitet haben und wie ich die Sicherheitslage hier erlebt habe. San Luis Potosí ist weder Hauptstadt noch Touristenort. Daher fällt man hier schon mal sehr auf. In den ersten Wochen habe ich mich zugegebenermaßen manchmal schon unwohl gefühlt wenn ich allein (tagsüber) durch die Gegend gelaufen bin. Nicht weil ich Angst hatte, sondern einfach weil es unangenehm war, ständig angestarrt zu werden oder Sprüche von Männern zugerufen zu bekommen. Ich war einfach über die so niedrige Hemmschwelle geschockt. Das wird auch mit der Zeit nicht anders, ich habe es nur irgendwann mehr oder weniger ausgeblendet. Welches die beste Strategie ist, ob Grimasse ziehen, zurückpöbeln oder den Kopf senken und schnell weitergehen? Ich denke, dass es besser ist, nicht zu provozieren, da auch die Hemmschwelle für Gewalt hier niedriger ist.
In den Nachrichten kann man oft schreckliche Geschichten lesen, vor allem über Gewalttaten, die mit dem Drogenhandel in Verbindung stehen. Oft hört man von den Einheimischen dass wenn jemand tot aufgefunden wurde, derjenige bestimmt „Dreck am Stecken hatte“ und dass normalerweise keine Unbeteiligten zu Schaden kommen. Sehr beruhigend ist das allerdings nicht. Auch von Freunden hört man, dass diese schon auf der Straße überfallen worden sind, am helllichten Tag. Wenn sie behauptet haben, sie hätten nichts und die Täter dann doch was in den Taschen gefunden haben, dann wurden sie verprügelt. Gegenwehr leisten oder seine Sachen verstecken ist daher auf keinen Fall zu empfehlen. Horrorgeschichten kriegt man vor Ort genug zu hören. Aber was habe ich persönlich tatsächlich erlebt?
Ausgeraubt in Mexiko
Ich bin in mancher Hinsicht ein eher naiver Mensch und lasse mich auch nicht gerne zu sehr einschränken. Ich lasse mein Handy nie in der Tasche wenn ich auf der Straße bin, ich laufe nach dem Fitnessstudio auch abends allein zu Fuß nach Hause und wenn ich nachts um 2 Uhr morgens irgendwo bin und nach Hause möchte, dann fahre ich eben zur Not allein. Bisher ist mir dabei auch zum Glück nie etwas passiert, allerdings wurde in das Haus meines Freundes eingebrochen, in dem ich meinen für den Urlaub gepackten Reiserucksack untergebracht hatte. Auch wenn niemand zu Hause war und persönlich angegriffen wurde, ist es abgesehen vom Verlust der Sachen ein extrem mieses Gefühl, wenn jemand dort eindringt, wo du dich zu Hause fühlst.
Update: Aktuell nehmen auch wieder vor Ort Gewalttaten gegen Frauen deutlich zu!
Um sich nicht unnötig in potenziell gefährliche Situationen zu bringen kann ich folgendes empfehlen:
Uber vs. Taxi:
Generell ist es natürlich immer besser, in Begleitung unterwegs zu sein, besonders nachts. Lässt es sich nicht vermeiden, allein nach Hause zu kommen, dann sollte man als Frau auf keinen Fall nachts zu Fuß gehen. Meine persönliche Grenze ist zwischen 9 und 10 Uhr abends, wenn es zwar schon dunkel ist, ich allerdings eine beleuchtete, stark frequentierte Straße in einem „sicheren“ Viertel lang laufe und dabei mit einem Freund telefoniere. Später am Abend sollte man dann auch den Bus sein lassen (er fährt wahrscheinlich eh nicht mehr) und auch statt des Taxis lieber Uber als Transportmittel wählen. Uber ist in Mexiko sehr verbreitet und durch seine Sicherheitsvorkehrungen deutlich sicherer als das Taxi. Man kann seine Fahrt auch mit Freunden „teilen“, das heißt, sie können dann die Route mitverfolgen.
Reisen Tag vs. Nacht
Auf Reisen ist es für Backpacker oft verführerisch, längere Strecken mit dem Bus nachts zurückzulegen um eine Übernachtung zu sparen und keinen Tag zu verpassen. Überlandfahrten in Mexiko bei Nacht möchte ich allerdings niemandem empfehlen, vor allem nicht allein. Auch wenn ich bisher persönlich keine schlechten Erfahrungen gemacht habe, gibt es in Mexiko immer wieder Vorfälle in denen Reisebusse nachts überfallen werden und Menschen entführt werden. Wozu also das Risiko eingehen, das eigene Leben sollte einem mehr wert sein als eine gesparte Übernachtung. Auch das Unfallrisiko ist nachts höher, da die Fahrer oft nicht genügend Pausen machen und übermüdet gefährliche Strecken durch die Berge fahren, auf denen Unfälle schnell tödlich enden. Generell passieren in Mexiko sehr viele Verkehrsunfälle, verursacht durch zu schnelles Fahren, Übermüdung oder Alkoholeinfluss. Auch in meinem Freundeskreis hier ist es nicht unüblich nach einigen Bier noch Auto zu fahren. In solchen Fällen ganz klar abgrenzen.
Allein vs. In Begleitung
Ist eigentlich logisch, in Gesellschaft ist es immer sicherer als allein unterwegs zu sein. Wenn man ein Auslandssemester oder Praktikum macht kommt man ja aber eigentlich immer erstmal allein an. Ich empfehle daher die erste Zeit im Hostel zu verbringen, um unter Leute zu kommen und leichter Anschluss zu finden. Auch wenn man es in Deutschland eher gewohnt ist, gemütlich allein nach der Party nach Hause zu spazieren ist das hier ein No Go und man sollte sich nicht zu stolz sein, die Angebote von Bekannten anzunehmen, die einen begleiten möchten oder einfach zu fragen, ob man nach Hause gebracht werden kann. Dafür muss man nicht die besten Freunde sein, meine Erfahrung nach ist die Kultur hier anders. Vor allem als Frau kann man erwarten, nicht alleine unterwegs sein zu müssen. Da kann es schon mal sein, dass ein Freund nicht nur das Taxi für dich ruft sondern auch den ganzen Weg mit dir mitfährt nur um sicher zu gehen dass du heil ankommst.
Fazit
Wenn man sich für einen Aufenthalt in Mexiko entscheidet, sollte man schon die Hinweise des Auswärtigen Amtes lesen, sich in den Nachrichten über die Sicherheitslage informieren und sich darüber bewusst sein, dass es Probleme von Armut und Gewalt im Land gibt. Allerdings hat Mexiko gleichzeitig so viel Schönheit zu bieten, dass ich mich persönlich immer wieder für Mexiko entscheiden würde.