3. Januar 2023
Halbzeit. Mir bleibt kaum Zeit zum Verschnaufen. Und gerade deshalb ist jetzt umso sinnvoller, mal kurz innezuhalten und auf die bisherige Zeit zurückzublicken. Seit meiner Ankunft in Barranquilla sind nun drei Monate vergangen. Zeit für ein Zwischenfazit. Wie geht es mir`? War die Entscheidung, nach Kolumbien zu gehen, bislang die Richtige? Wie läuft es mit meiner Mission? Und wie kam es dazu, dass ich in gewisser Weise gleich zwei Praktika parallel absolviere? Allesamt Fragen, deren Antworten mich bereits vor der Abreise interessiert hätten und die ich nach drei Monaten Auslandspraktikum nun endlich beantworten kann.
Die wichtigste Frage zuerst: Wie geht es mir?
Kurz und knapp: Mir geht es sehr gut! Warum dem so ist, kannst du unter anderem in meinem letzten Blog-Artikel nachlesen, in dem ich 22 Gründe aufgezählt habe, warum es mir hier in Kolumbien gefällt. Allen voran aber mein Umfeld und eng daran geknüpft auch die Schule sorgen dafür, dass ich mich hier wohlfühle. Von Anfang an bin ich hier sehr gut aufgenommen worden und wurde schnell Teil des Ganzen. Ich gehe gerne zur Schule und das ist, wie ich finde, ein sehr gutes Zeichen. Und wenn mal schulfrei oder Wochenende ist, bleibt Zeit zum Reisen. Was ich bislang von Kolumbien gesehen habe, war beeindruckend (schön). Insgesamt zehn Ausflüge oder Mini-Reisen im ganzen Land habe ich seit meiner Ankunft schon machen können. Wo ich bislang gewesen bin, habe ich dir mal auf einer Karte markiert. Und wie du vielleicht erkennen kannst, ist da noch ganz viel, was entdeckt werden kann . Und auch wenn ich hier natürlich in erster Linie nicht zum Reisen bin, gehört es doch irgendwie dazu, mehr von dem Land, in dem man lebt, zu sehen.
So langsam habe ich das Gefühl, richtig angekommen zu sein und mich einigermaßen orientieren zu können. Ich kenne immer mehr Gewohnheiten, Orte und Routinen und vieles ist längst nicht mehr so überfordernd wie noch zu Beginn.
Ziele erreicht – teilweise!
„Mein Spagat zwischen Schule, Leben und tropischen Temperaturen.“ So lautet der letzte Part meiner anfangs formulierten Mission. Doch wie gelingt mir dieser Spagat? In meinen Augen ganz gut, denn: Alle drei Aspekte spielen eine wichtige Rolle und lassen sich bislang doch ganz gut vereinen – auch wenn die tropischen Temperaturen der Unterrichtsvorbereitung oder dem privaten Sportreiben am Nachmittag immer wieder einen Strich durch die Rechnung machen. „Mit Klasse in Kolumbien“ – so lautet ein anderer Teil meiner Mission und auch mit dieser Idee kann ich mich mittlerweile mehr und mehr identifizieren. Zwar habe ich (aus schulinternen, versicherungstechnischen Gründen) keine eigene Klasse, stehe aber regelmäßig vor Kindern und halte Unterrichtsstunden. Dabei ist immer eine kolumbianische Lehrkraft mit im Klassenzimmer; diese ist jedoch nicht aktiv am Geschehen beteiligt und sitzt lediglich hinten am eigenen Laptop und arbeitet nebenbei. Im ersten Blogartikel hatte ich drei Ziele für meine Zeit an der Deutschen Schule Barranquilla formuliert. Jetzt ist der ideale Zeitpunkt für ein kurzes Update im Hinblick auf das Erreichen der Praktikumsziele:
3 Ziele für meine Zeit in Kolumbien: Zwischen-Check
1. Mindestens eine Sportstunde komplett auf Spanisch halten. Zwischen-Check: Ziel nicht bzw. anders erreicht! Das liegt vor allem daran, dass die Anteile des Sportunterrichts bislang immer auf Deutsch waren. Aber: Ich habe dafür mittlerweile andere Stunden komplett auf Spanisch gehalten, was ich vorher nicht vermutet hätte.
2. In jeder Klassenstufe (5-12) Deutsch unterrichten. Zwischen-Check: Ziel teilweise erreicht! Bislang habe ich in der 5., 7., 8., 10. und auch in der 2.-4. Klasse in der Grundschule unterrichtet. Was also noch fehlt: Klassenstufe 6, 9, 11 und 12.
3. Nach dem Praktikum noch mehr Lust haben Lehrer zu werden, als ich es jetzt schon habe. Zwischen-Check: Ziel erreicht! Kurz: Ich bin richtig motiviert, endlich selbst eine Klasse zu haben und wirklich Lehrer zu sein. Am besten so bald wie möglich.
Ich bin glücklich darüber, wie das Praktikum läuft und bin motiviert, alle Ziele zu erreichen. Bereits jetzt kann ich sagen, dass das Auslandspraktikum der richtige Schritt war; unabhängig davon, in wie vielen Klassen ich am Ende unterrichtet haben werde. Die Hauptsache ist, dass ich Spaß am Unterrichten gefunden habe – und dem ist auf jeden Fall so. Und trotzdem bin ich gespannt, ob ich Ende Februar einen Haken an alle Ziele setzen kann.
Ein Praktikum kommt selten allein
Ein Grund dafür, weshalb ich bereits jetzt festhalten konnte, dass der Auslandsaufenthalt für mich ein voller Erfolg ist, liegt unter anderem auch daran, dass ich streng genommen eigentlich zwei Praktika gleichzeitig absolviere. Knapp drei Wochen nach Praktikumsbeginn kam der Schulleiter zu mir und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, auch Praktikant der Schulleitung zu werden. Ich fand die Idee spannend und bereits ab dem nächsten Tag befand ich mich neben dem klassischen Schulpraktikum auch in einem Praktikum der Schulleitung. Was bedeutet das genau? Konkret heißt das, dass ich einen Einblick in andere Facetten des Schulalltags und die Leitung einer Deutschen Auslandsschule erhalte. Immer wieder habe ich die Möglichkeit zum Beispiel an Schulleitungssitzungen teilzunehmen, Projekte mitzugestalten oder in vielen Gesprächen meine Meinung und Ideen einzubringen.
Ein großer Teil meines Praktikums im Verwaltungstrakt der Schule besteht in der Praxis außerdem darin, Fragen stellen zu dürfen. Entweder an den Rektor selbst oder an seinen Assistenten und Medienpädagogen (Max), der mittlerweile zu einer meiner wichtigsten Bezugspersonen und Freund geworden ist. Er initiiert selbst immer wieder neue Projekte und durch ihn habe ich unter anderem die Möglichkeit erhalten an einem seiner Projekte, der internationalen Schülerzeitschrift GIB Global News mitzuwirken. Dabei arbeiten Schüler:innen von GIB-Schulen aus aller Welt an einer gemeinsamen Zeitschrift auf Deutsch, die am Ende auch veröffentlicht wird. Die dritte Ausgabe steht kurz bevor – so sah die fertige zweite Ausgabe aus dem letzten Jahr aus.
Ich bin sehr dankbar über die Möglichkeit, durch mein Praktikum (beziehungsweise meine Praktika) einen umfangreichen Einblick in eine Deutsche Auslandsschule zu erhalten, der weit über den normalen Lehreralltag hinaus geht. Wer weiß, vielleicht lande ich ja eines Tages auch mal in der Schulleitung. Auch wenn ich das natürlich noch nicht wissen kann – nach dem Praktikum habe ich zumindest mal einen ersten Eindruck davon erhalten können, was einen in diesem Aufgabenfeld erwarten würde.
Zeit für Veränderungen: Tapetenwechsel
Ich bin umgezogen! Vor dem Hintergrund, dass für mich nun schon Halbzeit in Barranquilla ist, wurde mein Wunsch größer, nochmal eine kleine Veränderung vorzunehmen und meinen Wohnort zu wechseln. Ich war alles andere als unglücklich in meinem Dorf Puerto Colombia und auch mit meinen Mitbewohnerinnen habe ich mich sehr gut verstanden. Das Verlangen nach einem Tapetenwechsel entstand dennoch; wahrscheinlich aus einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Zum einen hatte ich Lust auf kürzere Distanzen – zur Schule, in die Stadt und vor allem zu Aktivitäten mit Freund:innen. Während ich bislang jeden Tag knapp anderthalb Stunden mit Busfahren und Warten verbracht habe, laufe ich nun fünf Minuten zur Schule. Andererseits verhinderte das Fehlen einer Klimaanlage jegliche Produktivität und Unterrichtsvorbereitung nach der Schule, da es in unserer Wohnung so heiß und schwül wurde, dass sogar die Klamotten im Zwei-Wochentakt durchschimmelten. Puerto Colombia war trotz kleinerer Strapazen dennoch die perfekte Wahl für die ersten drei Monate – genauso wie ich nun hoffe, dass das Wohnheim LivinnX die ideale Wahl für die kommenden drei Monate sein wird. Ich habe nach der ersten Woche schon einmal ein sehr gutes Gefühl.
Zweite Halbzeit: Darauf freue ich mich jetzt!
Ich bin glücklich über meine ersten drei Monate auf einem neuen Kontinent. Umso mehr freue ich mich auf den zweiten Teil und habe genau genommen drei Dinge, auf die ich mich besonders freue. Zum einen habe ich einen kleinen Richtungs- und Perspektivwechsel im Schulpraktikum geplant. Der Fokus lag bislang mehr auf dem Deutschunterricht und der Schulleitung, wodurch ich eher weniger Zeit für Sportunterricht hatte. Das möchte ich nun ändern und den Weg etwas mehr in Richtung meines Faches Sport einschlagen. Darüber hinaus freue ich mich jetzt schon darauf, die neu gewonnen Freundschaften weiter zu pflegen und an die schönen gemeinsamen Erlebnisse der ersten Monate anzuknüpfen. Und der dritte Aspekt, auf den ich jetzt schon große Lust habe, ist Weihnachten und die damit verbundenen Ferien. Trotz hoher Temperaturen und karibischen Vibes bin ich (vielleicht auch aufgrund diverser Ausflüge in kältere Regionen des Landes) mittlerweile in Weihnachtsstimmung und freue mich auf Heiligabend und die Feiertage – auch wenn das alles zum ersten Mal ohne meine Familie stattfinden wird.
Es gibt noch keinen genauen Plan für Weihnachten. Ich werde diese Zeit aller Voraussicht nach jedoch nicht in Barranquilla verbringen, sondern dafür eher an einen etwas kühleren Ort reisen und mit einer befreundeten Familie feiern. Ich halte dich auf dem Laufenden und wünsche dir schon jetzt eine schöne und ruhige Weihnachtszeit!
Und zum Abschluss: Hast du eine Frage zu meinen ersten drei Monaten in Kolumbien? Oder zu der Zeit, die noch kommt? Stelle sie mir gerne – entweder hier oder direkt auf Instagram.
Tim
Sophie
5. Januar 2023
Glückwunsch zu diesem tollen Erfahrungen! Hast du den Eindruck, gerade auch wegen des „zusätzlichen“ Praktikums evtl. ausgenutzt zu werden?
Tim
6. Januar 2023
Hallo Sophie,
Dankeschön! Nein, diesen Eindruck habe ich gar nicht. Das liegt vor allem daran, dass ich selbst steuern kann, wie viel und wann ich mich in der Schulleitung und im Unterricht einbringe. Ich sehe das Ganze vielmehr als zusätzliche Lerngelegenheit.
Lieben Gruß