9. Februar 2017
Wer dem Stadtleben für eine Weile entfliehen möchte, muss in London gar nicht so lang suchen. Sogenannte City Farms, also Bauernhöfe mitten in der Stadt, bringen das Landleben mitten in die britische Metropole.
Ziegenböcke machen nicht so gerne Selfies. Zumindest nicht mit mir. Diese schmerzliche Erkenntnis kam mir nicht etwa in dem niederrheinischen Dorf, wo ich zu Hause bin, sondern inmitten der britischen Millionenhauptstadt. Halt, denkt sich der aufmerksame Leser, wo trifft man denn in London schon auf einen Ziegenbock – außer vielleicht im Zoo? Die Antwort liegt im Nordosten der Stadt – willkommen auf der Hackney City Farm!
Seit bereits über 20 Jahren gibt die Farm Stadtmenschen die Gelegenheit, ein bisschen Landluft zu schnuppern. Sowohl Kinder als auch Erwachsene können hautnah erleben, wie ein echter Bauernhof geführt wird, wie sich ein Esel anfühlt und warum man sich die Hände waschen muss, nachdem man das süße Kaninchen mit den Kulleraugen auf dem Arm hatte. Das klingt erst einmal banal, aber Stadtkinder haben nur selten die Gelegenheit, Natur zu entdecken.
Das hofeigene Café lädt zum Sonntagsbrunch
An einem Sonntagmorgen steuere ich die Hackney City Farm zusammen mit vier Freunden an – allerdings nicht, weil wir Hühnern beim Eierlegen zusehen möchten. Im hofeigenen Café kann man nämlich auch brunchen. Die Zutaten der Gerichte stammen hauptsächlich von Bauernhöfen aus der Umgebung. Für fünf bis zehn Pfund kann man sich in ländlicher Atmosphäre den Bauch vollschlagen. Und das tun wir, schließlich haben wir etwas zu feiern: Zwei unserer Freunde sind aus Hamburg bzw. Swansea zu Besuch. In unserem transnationalen Masterstudiengang haben wir nur im ersten Jahr zusammen studiert, das zweite Jahr verbringen wir wegen unserer unterschiedlichen Spezialisierungen an verschiedenen Unis. Umso fröhlicher sind wir jetzt über unsere – wenn auch kurze – Wiedervereinigung.
Als wir satt sind, erkunden wir das Gelände der Farm. Viele Familien sind hier und erklären ihrem Nachwuchs die Natur. Das Stadtleben scheint weit weg. Es kommt mir gar nicht so vor, als wäre ich in London – umgeben von Schafen, Schweinen, Eseln und viel Matsch. Ein schöner Kontrast zum sonst so hektischen Alltag.
Bevor wir die Farm verlassen, möchte ich ein Selfie mit einem Ziegenbock schießen. Sein langer Bart hat es mir angetan. Doch mein neuer Freund zeigt sich ganz und gar unbegeistert von meinen Versuchen – er sträubt sich. Egal, denke ich mir, ein Grund mehr, wiederzukommen.