23. Mai 2020
Mit meinem Gastland verbindet man viel Positives. Sonne, Strand, Surfen, Koalas, Kängurus und vieles mehr. Vieles davon beschreibt Australien auch genauso, wie es tatsächlich ist. Doch neben den vielen schönen Assoziationen gibt es auch ein paar Dinge, die leider kritisch betrachtet werden müssen. Eines dieser Themen möchte ich in diesem Beitrag gerne aufgreifen und beleuchten.
Die Energiebilanz Australiens
Obwohl man ökologische Paradiese wie das Great Barrier Reef beherbergt, setzt die australische Regierung weiterhin auf fossile Energieträger zur Stromgewinnung. 2019 wurde ca. 60 Prozent des Energiebedarfs aus fossilen Energiequellen gewonnen. Lediglich 17 Prozent stammte aus erneuerbaren Energien. Betrachtet man die aktuellen Entwicklungen weltweit (z. B. Friday for Future) ist es nur schwer verständlich, wie ein führender Industriestaat sich dermaßen wenig für den Klimawandel interessieren kann. Die Folgen dieser Art der Energiegewinnung sind in Australien schon heute eindeutig sichtbar. Stichwort Buschbrände und Korallenbleiche, um nur einige zu nennen. Ein Rohstoff ist dabei der Dreh- und Angelpunkt, die Kohle.
Handelsgut Kohle
Australien ist mit seinen nur 25 Millionen Einwohnern für fünf Prozent der globalen Emissionen verantwortlich (Quelle: Australian Conservation Foundation (ACF)). Der Übeltäter dafür ist schnell gefunden, die Kohleindustrie. Das Land fördert fast 30 Prozent der Kohle und mehr als 20 Prozent des auf den Weltmärkten gehandelten Erdgases. Der Hauptabnehmer dafür ist China, rund 30 Prozent aller Exporte gehen dorthin. Dies macht China zu Australiens wichtigstem Handelspartner, rund 45 Prozent des australischen BIP wird so erwirtschaftet.
Ein paar nützliche Links zum Thema:
Das doppelte Problem
Das Dilemma lässt sich schnell erkennen. Die australische Wirtschaft ist auf die Kohleindustrie gestützt. Beinahe drei Jahrzehnte lang hat die Kohle Australiens Wirtschaftswachstum angekurbelt. Man ist auch heute noch der weltweit größte Kohle-Exporteur. Die Industrie als wichtiger Arbeitgeber hat großen politischen Einfluss, der Lobbyismus. Selbst wenn der Wunsch, auf erneuerbare Energie umzusteigen, da ist, stehen Lobbyisten und die Angst, das Wirtschaftswachstum zu gefährden und in eine Rezession zu kommen, dem entgegen. Man fürchtet um Arbeitsplätze, um das Wohlergehen der Menschen.
Ein kleiner Exkurs: Kohle und Koralle
Als Marine-Biologie-Student habe ich mich auch in meinen Kursen mit diesem Thema auseinandergesetzt und einen Zusammenhang zur Korallenbleiche hergestellt. Das Fördern und Verbrennen von Kohle sorgt für einen enormen CO2-Ausstoß, was wiederum sowohl die Klimaerwärmung antreibt, als auch die Ozeane versäuert. Beides ist für sämtliche Korallenarten toxisch. Erhöhte Temperaturen sorgen dafür, dass der Korallenpolyp seine symbiotische Alge abstößt, sie ihn mit Nährstoffen versorgt. Die Folge: Der Polyp „verhungert“ und bleicht aus. Steigt der Säuregehalt im Wasser, fällt es der Koralle zunehmend schwerer, ein Skelett aus Kalk zu bilden. Die Koralle wird dadurch fragil.
Die Koralle:
Die Koralle ist eine Symbiose (eine Partnerschaft) zwischen einer Korallenpolypenkolonie und einer Alge, die Zooxanthellen (Grünalge). Die Grünalge ernährt die Korallenpolypen durch Fotosynthese und sorgt für deren farbliches Erscheinen.
Was ist wichtiger?
Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten. Die australische Regierung hat dies getan, und sich für die Wirtschaft entschieden. Ein kleiner Lichtblick ist jedoch zu erkennen. Man versucht, globalen Klimazielen gerecht zu werden und am Energiewandel teilzuhaben. Ein kleiner Trend hin zu erneuerbarer Energie ist immerhin zu erkennen. Man kann nur hoffen, dass ein Weg gefunden wird, die Wirtschaft unabhängiger von der Kohleindustrie zu machen und finanziell effizient nachhaltige Energienutzung zu fördern. Die einmalige Natur Australiens ist es allemal wert.